Vom Nutzfahrzeug zum Luxusmobil

Die Mercedes-Benz G-Klasse im Wandel der Zeit

Vom Nutzfahrzeug zum Luxusmobil: Die Mercedes-Benz G-Klasse im Wandel der Zeit
Erstellt am 11. August 2025

Einst als Nutzfahrzeug für Armee und Jäger erdacht, wurde die Mercedes G-Klasse in den vergangenen fünf Jahrzehnten zum Luxusmobil der Schönen und Reichen in aller Welt. Mittlerweile wurden in Graz 600.000 Edel-Kraxler produziert.

Die Legende lebt und Mercedes hat zusammen mit Produzent Magna Steyr in Graz alles unternommen, die G-Klasse zu eben einer solchen werden zu lassen. 600.000 Fahrzeuge sind über die 46 Produktionsjahre eine deutlich größere Zahl, als man dies zunächst vermuten würde. Als echter Geländewagen für die Armeen der Welt, Jäger und Förster in den frühen 1970er Jahren ersonnen, wurde das rustikale Kantholz spätestens Anfang der 1990er Jahre zu einem Edelgefährt. 

Der Schah von Persien war der erste Kunde

Für viele begann im Jahre 2018 ein neues Zeitalter, als Mercedes seine G-Klasse für Privatkunden nach der Premiere auf der Detroit Motorshow zum ersten Mal neu auflegte. Das Design blieb weitgehend unverändert, doch der neue 463er wuchs in Länge, Breite und legte insbesondere bei der Technik deutlich zu. Ikonen mit dem Stern gibt es einige, Klassiker viele, doch ein Modell wie kantig-kernige Mercedes-Benz G-Klasse ist in der Automobilindustrie ebenso einzigartig wie in der Stuttgarter Firmengeschichte. Die Nutzfahrzeug-Abteilung von Mercedes-Benz entwickelte den Geländewagen Mitte der 70er Jahre gemeinsam mit Steyr-Daimler-Puch für den Einsatz in Armee- und Forst. 1975 wurde die Serienproduktion beschlossen und der erste Großkunde stand auch schon fest: Der Schah von Persien, damals Groß-Aktionär von Daimler-Benz, ordert aus dem Stand gleich einmal 20.000 Fahrzeuge. Die Revolution im Iran macht dem jedoch einen schmerzhaften Strich durch die Rechnung, doch Daimler-Benz bekommt neue Aufträge von Polizei und Bundesgrenzschutz sowie den Armeen aus Argentinien und der Schweiz. 

Die Quelle ist Magna Steyr im österreichischen Graz

Noch immer steht die Mercedes-Benz G-Klasse da wie ein unüberwindliches Bergmassiv. Aerodynamikfeinheiten oder größere Modellpflegen hat es nie gegeben – wieso auch? Gerade im Gebirge zeigt der Kletterkünstler seine wahren Qualitäten. Er kommt problemlos über Stück sowie Stein üppigster Größe und begeistert so selbst im härtesten Geländeeinsatz mit jedem Meter mehr. Ein notwendiger Tribut an den Fahrkomfort: Der Wagen hat statt Blattfedern eine entsprechende Schraubenkonstruktion sowie Längs- und Querlenker an seinen Starrachsen. Grundpreis anno 1979: 32.600 D-Mark, gerade einmal 5.000 D-Mark weniger als das Basismodell der damaligen Mercedes-Benz S-Klasse vom Typ W116. Der über 2,5 Tonnen schwere Mercedes wird seit je her bei Magna Steyr im österreichischen Graz produziert. Einst gingen bis zu einem Drittel der Fahrzeuge in den Behörden- und Militäreinsatz – nicht wenige in lebensrettenden Panzerungen. 

G-Modell als Papamobil

Erst 22 Jahre nach seinem Produktionsstart, im Jahre 2001, kam die Allradikone in den USA auf den damals wichtigsten Automarkt der Welt. Mit mächtigem Erfolg, denn die Jahre 2002 und 2003 waren sofort die erfolgreichsten in der G-Geschichte. Besonders bei Promis wurde der Dinosaurier zumeist in den Farben Schwarz, Weiß oder Silber zum Kultobjekt, auf das sie allzu lange warten mussten. Einer der ersten renommierten G-Klasse-Fans war damals Papst Johannes Paul II., der seit 1980 ein strahlend weißes G-Modell als Papamobil im Fuhrpark bewegte. Auch sein Nachfolger Papst Benedikt war besonders gern mit dem weißen Geländewagen unterwegs und Weltenbummler Gunther Holtorf hat mit der Mercedes G-Klasse seine ganz eigenen Erfahrungen gemacht. Von 1988 bis 2014 war der stolze Besitzer eines im Laufe der Jahre verblichen blauen GD 300 mit seiner Frau Christine auf Weltreise. Immer dabei: sein unverwüstlicher Mercedes-Benz GD 300 mit dem Spitznamen „Otto“. Erst nach über 800.000 Kilometern war Schluss; mittlerweile steht der Dauer-G im Mercedes Museum. 

Die G-Klasse als AMG und als Batterie-Auto

Begonnen hatte die Geschichte der Mercedes-Benz G-Klasse mit einer kargen Ausstattung und einem vergleichsweise bescheidenen Motorenangebot. Die Diesel- und Benzinvarianten leisteten einst zwischen 72 und 150 PS. Über die Jahre entwickelte sich die Palette in völlig andere Dimensionen. Drehmomentstarke Commonrail-Diesel hielten unter der aufgesetzten Motorhaube ebenso Einzug wie potente V12- oder AMG-Triebwerke, die die G-Klasse zu einem einzigartigen Kraftpaket werden ließen. Ein Blick in die Verkaufsstatistik zeigt: kein Modell von Mercedes hat einen höheren Anteil an AMG-Versionen, der bisweilen deutlich über 50 Prozent liegt. Mittlerweile gibt es sogar eine Elektroversion. 

So entstand der AMG G 6x6 

Die deutsche Bundeswehr ist nicht die einzige Armee, die die Mercedes-Benz G-Klasse seit Jahrzehnten mit dem geradezu niedlichen Namen Wolf im Bestand hat. Zudem ist er mit Schwerpanzerung in zahlreichen Krisenregionen dieser Welt im Einsatz. Sogar die US-Armee hatte sich einst ein paar schwer gepanzerte G-Modelle angeschafft, um mit ihnen Spezialkräfte in undurchdringliche Regionen dieser Welt zu bringen. Stationiert war die G-Eingreiftruppe für Sondereinsätze auf zwei Flugzeugträgern. Der Leibgarde des russischen Präsidenten Putin fuhr viele Jahre ebenso schwer gepanzerte Mercedes-Benz G 500 wie Sicherheitspersonal von Regierungen auf der ganzen Welt. Im Herbst seiner Produktionszeit wurde für die australische Armee eine dreiachsige Version des Mercedes-Benz G entwickelt und bei dem Armeeeinsatz blieb es nicht. Von diesen Modellen ableitet wurde der spektakuläre Mercedes-Benz AMG G 6x6 entwickelt, der über Nacht zum Lieblingsspielmobil von Scheichs wurde. Kaum weniger spektakulär sind Modelle wie der Mercedes G 500 4x42. Dank 45 Zentimeter Bodenfreiheit, einem Meter Wattiefe, Portalachsen und dem bekannten Sperrenkonglomerat sind lange Wasserdurchfahrten und Trips durch den Urwald nie wieder ein Problem. 

Noch spektakulärer ist der Maybach G 650 Landaulet

Nicht spektakulär genug? So gab es in einer Sonderauflage von 99 Fahrzeugen noch die ultimative G-Klasse. Der Mercedes-Maybach G 650 Landaulet scheint mit seiner Technik, dem grenzenlosen Komfort und dem einzigartigen Design nicht von dieser Welt zu stammen. Der Radstand der normalen G-Klasse wurde um 60 Zentimeter verlängert, die Bodenfreiheit mit Portalachsen auf nahezu einen halben erhöht und die Spur um mächtige 25 Zentimeter verbreitert. Über elektrisch ausfahrbare Trittbretter in den Open-Air-Salon hinaufgeklettert, fehlen einem mit dem kompletten Maybach-Interieur die Superlativen. Klimatisierte Luxussessel mit Massagefunktion werden auf Knopfdruck zu Liegenflächen, wenn es durch die Wüste oder auf Fotosafari durch die Steppe geht. Unter der Motorhaube geht der Zauber weiter: Das AMG-Triebwerk realisiert aus sechs Litern Hubraum 630 PS und ein gewaltiges Drehmoment von 1.000 Nm.

Differenzialsperren per Knopfdruck

Im Laufe seiner Produktionsjahre hat der G viel erlebt; gewann unzählige Titel und Meisterschaften, 1985 sogar die Rallye Paris-Dakar. Ein Jahr zuvor belegte er Platz zwei – als Begleitfahrzeug des siegreichen Porsche-Teams. Unter der Motorhaube arbeitete ein Hochleistungstriebwerk aus dem Porsche 928. Bei den ersten Modellen wurden die Differenzialsperren noch mit Zughebeln im Cockpit betätigt, seit vielen Jahren geschieht das alles per Knopfdruck. Wird das Gelände schwierig, aktiviert man zuerst die zentrale Sperre. Wenn man richtig in die Bredouille gerät, kann man auch die beiden Räder von Vorder- und Hinterachse starr miteinander verbinden.  

Der Elektro-G entpuppt sich als Verkaufs-Flop

Die Nachfrage nach der 2024 aufgelegten Elektro-G-Klasse ist bisher überschaubar. Das wird kaum an dem Übergewicht von 3,1 Tonnen liegen oder daran, dass der Mercedes G 580 EQ im Unterschied zu den anderen Modellen nicht mit einer Anhängerkupplung zu bekommen ist. Auch bei der Geländegängigkeit setzt der Elektro-G wahre Maßstäbe, doch die meisten Kunden schütteln bei dem Elektroantrieb bisher vehement den Kopf. Immerhin und sicher nicht ganz zufällig war die 600.000 G-Klasse ein obsidianschwarz lackiertes Elektromodell. Die G-Klasse ist vom einfachen Nutzfahrzeug in einer Handvoll Farben längst zu einem Nobel-Offroader geworden, der sich maximal individualisieren lässt. Mit Exklusiv-Leder oder der Auswahl zwischen 20.000 Lackfarben. 

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