Der Mercedes SL ist eine der wenigen wirklichen automobilen Legenden. Seit sieben Jahrzehnten begeistert der Sportwagen mit Stern die Autofans in aller Welt – in seinen unterschiedlichen Generationen auf ganz eigene Weise. Dabei ist der 190 SL als kleiner Bruder des übermächtigen 300ers ein echter Insidertipp.
Der Wert des 190 SL präsentiert von Classic Analytics
Der Mercedes 190 SL hatte es seit seiner Enthüllung Mitte der 1950er Jahre nicht leicht. Das liegt weniger an seinem eleganten Design oder der Tatsache, dass er mit einem vergleichsweise kleinen 1,9-Liter-Vierzylinder auskommen muss, was ihm das Leben in den Schaugaragen zugegeben nicht einfacher macht. Es ist der große Bruder 300 SL, das den kleinen 190er für viele Klassikfans im Schatten parken lässt. Zu groß sind die Erfolge des Flügeltürers, zu grandios dessen Design und imposant die technischen Innovationen, die mit ihm eingeführt worden.
Der Mercedes-Benz 190 SL entsteht
Ungewöhnlich, dass der Mercedes 190 SL der Baureihe W 121 zusammen mit seinem großen Vorbild auf der New York Autoshow des Jahres 1954 enthüllt wurde. Das filigrane Design des 190ers ist an das des 215 PS starken Gullwing angelehnt. Im Unterschied zu ihm gibt es den kleinen SL nur als doppelsitzigen Roadster, der auf Wunsch nicht nur mit einem Hardtop ganzjahrestauglich gemacht werden kann, sondern mit einer dritten Sitzgelegenheit quer zur Fahrbahn zu einem Dreisitzer werden kann. Auch wenn die Motorisierung mit dem 1,9 Liter großen Vierzylindertriebwerk unter der langen Haube vergleichbar überschaubare 77 kW / 105 PS leistet, ist er nach der damaligen Aussage von Konstrukteur Josef Müller „aufgrund seines hohen Komforts einer Käuferschicht zugedacht, die mit diesem äußerlich sehr sportlich wirkenden Fahrzeug selbst große Reisen bei hohen Reisegeschwindigkeiten zurücklegen will.“ Von 1955 bis 1963 und bis zum Baubeginn des Pagoden-Nachfolgers W 113, der ausschließlich als Sechszylinder (230 SL, 250 SL und 280 SL) wahlweise mit Handschaltung oder Getriebeautomatik angeboten wurde, lief der 190er knapp 26.000 Male vom Sindelfinger Produktionsband.
Der 190 SL ist ein lässiger, entspannter Cruiser
Auch wenn sich der Mercedes 190 SL die Designlinien mit dem größeren und damaligen Supersportler 300er SL teilt, so ist er technisch mit dem 1956 vorgestellten Ponton-Mercedes der Baureihen W 120 / 121 verwandt. Denn von der viertürigen Limousine stammen unter anderem verkürzte Bodengruppe, Vorderradaufhängung und Fahrschemelkonzept. Der offene 190er war damals wie heute ein lässiger, entspannter Cruiser ohne große sportliche Ambitionen. Doch kompakte Abmessungen und ein überschaubares Gewicht sorgen für 170 km/h Spitzentempo und ein Beschleunigungspotenzial 0 auf Tempo 100 in 14,5 Sekunden. Da verspricht der Tacho mit einer Skala bis Tempo 270 – entliehen aus dem 300 SL – einiges mehr. Mit einem Preis von über 17.000 D-Mark war der Mercedes 190 SL in der Ausstattung mit Hardtop (zunächst aus Aluminium und ab 1956 aus Stahl) und Stoffdach im Jahre 1955 deutlich teurer als ein vergleichbarer Porsche 356, der knapp 13.000 D-Mark kostete. Der 190 SL lag damit beim Doppelten der technisch vergleichbaren Ponton-Limousine des Mercedes 180.
Kleine aber feine Upgrades
Über die Produktionsjahre wurde der Mercedes 190 SL gemäß den anderen Modellen im Sternenportfolio immer wieder leicht überarbeitet. So bekam der Roadster Details wie eine aufziehbare Uhr, ein Hardtop aus Stahl und später mit Panoramascheibe, größere Rückleuchten, Sicherheitsgurte, eine Scheibenwaschlange oder ab 1961 die neue Motorengeneration. Ausstattungsdetails wie Scheibenbremsen, mehr Motorleistung oder ein Automatikgetriebe wurden jedoch allesamt in den auch optisch deutlich selbstbewussteren Nachfolger der Pagode verschoben. Von einer leichteren Sportversion, speziell für den Einsatz bei Rallyes oder Bergrennen gedacht, wurden bis 1956 kaum mehr als eine Handvoll von Fahrzeugen gebaut. Es gibt von diesen jedoch gerade in den USA zahlreiche Nachbauten – auch mit geänderten Vergasern und Motorleistungen von 130 PS.
Gute 190 SL-Modelle gibt es für unter 100.000 Euro
Solide Modelle mit nachvollziehbarer Historie starten heute bei rund 65.000 Euro und Fahrzeuge im exzellenten Pflegezustand mit Teil- der Vollrestauration kosten zwischen 100.000 und 120.000 Euro. Damit liegt der elegante W 121 auf ähnlichem Niveau des Pagodennachfolgers W 113 und sehr deutlich unter allem, was als 300 SL unterwegs ist, der längst die Millionengrenze geknackt hat.
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