Wie war ich? Ola Källenius' erstes Jahr als Daimler-Chef

K wie Krise und Källenius: Mercedes befindet sich seit 12 Monaten im "Notlaufprogramm"

Wie war ich? Ola Källenius' erstes Jahr als Daimler-Chef: K wie Krise und Källenius: Mercedes befindet sich seit 12 Monaten im "Notlaufprogramm"
Erstellt am 22. Mai 2020

Seit dem 22. Mai 2019 amtiert Ola Källenius als Vorstandsvorsitzender der Daimler AG. Wollte man seine Bilanz als Konzern-Chef kurz und knapp charakterisieren, dann geht man wohl nicht völlig fehl, es so zu formulieren: Erst hatte er kein Glück, dann kam auch noch Pech dazu. Erst Dieselskandal, dann Corona. Unter Källenius‘ Führung wurde die Krise, für die er als aktuell Hauptverantwortlicher nichts kann, die er aber als Zetsche-Nachfolger im Jahr 1 seiner Amtszeit tagtäglich managen muss, zum Dauerzustand. Ein taumelnder Riese ist seine Erbschaft. Källenius muss den Konzern neu auf- und ausrichten. Das Rezept wie er den Konzern wieder stark und gesund machen will, besteht aus bitterer Medizin und einer Portion Zuversicht.

Es war einmal zu Zetsche-Zeiten, da war der Stuhl des Vorsitzenden der Daimler AG ein  begehrenswerter Platz an der Sonne. Er galt als womöglich schönster Chef-Posten, den ein Dax-Unternehmen zu bieten hat. Denn Zetsche hatte in seiner 13jährigen Amtszeit, nachdem auch er einen schwer angeschlagenen Konzern übernommen, dann verjüngt, modernisiert, zurück in die Erfolgsspur und zur global führenden Premiumautomobilmarke der Welt gemachte hatte, überwiegend nur noch good news, Absatzerfolge und ein Rekordergebnis nach dem anderen zu verkünden. In der Öffentlichkeit trat Zetsche mit einer unverkrampft wirkenden lockeren, freundlichen Art auf. Auch das brachte ihm viele Sympathien ein. Der Mann mit dem markanten Schnorres avancierte zum beliebten und hoch geschätzten Popstar seiner Kaste. Klar, dem Unternehmen ging es gut. Der Marke Mercedes-Benz ging es gut. Den Mitarbeitern ging es gut. Alles eitel Freude und Sonnenschein. Gegen Ende der Ära Zetsche  glänzte und strahlte der Stern wie nie zuvor. Indes zeigten sich zuletzt schon die Zeichen einer drohenden Götterdämmerung.

Zetsche geht. Die Krise kommt.

Mit Zetzsches Abgang fand der ewige Frühling für den Daimler quasi über Nacht ein jähes Ende. Düstere Gewitterwolken brauten sich über der Stuttgarter Konzernzentrale zusammen, Sein letzter Tag: Abschied von Dr. Zetsche Interview mit Dr. Z. "Ich bin mit mir völlig im Reinen.“ Die heutige Hauptversammlung der Daimler AG in Berlin ist eine ganz besondere: Nach 43 Jahren in Daimler Diensten wird Dr. Dieter Zetsche seine Ämter als Daiml denn der Dieselskandal holte auf einmal auch den Daimler ein. Zetsche betonte sein reines Gewissen in dieser Sache ("Ich bin mit mir völlig im Reinen") und übergab den Staffelstab an Källenius, der in den Augen der Öffentlichkeit einen wohlbestallen Hof übernahm. Denkste.
Abschreibungen für die Einstellung der X-Klasse, immens teurer Rückruf beim Takata-Airbag-Debakel, elendige Miese beim Carsharing-Abenteuer sowie Kosten für vermeintliche Dieselschummeleien bescherten dem Daimler einen deutlichen Gewinnrückgang. Zudem musste Källenius aufholen, was Zetsche offenbar verschlafen zu habern schien: Der Schwede machte Dampf bei Elektomobilität und der Verschlankung von Unternehmensstrukturen. „Dieses Unternehmen wird sich radikal ändern“, lautete die Ansage von Källenius, der als eine Maßnahme für mehr Effizienz auch einen Jobabbau von 10.000 Stellen nannte. Dann kam Corona.

Erst Dieselskandal. Dann Corona: Die Krise ist beim Daimler zum Dauerzustand geworden

Noch vor Beginn der Covid-19-Krise musste Daimler bereits verkünden, dass sich der Gewinn für 2019 halbiert hatte. Der Virus verschlimmerte noch die Lage. Produktionsstopp. Absatzeinbruch. Die Corona-Krise hat einen Großteil der deutschen Wirtschaft schwer erwischt. Viele Produktionszweige leiden. Auch die Autoindustrie. Auch der Daimler. Wie geht es weiter? Was wird werden? Was ist der Plan? Daimler-Chef Källenius schwört die Seinen auf eine sehr herausfordernde Zukunft ein. Bittere Tage warten. Milch und Honig werden vorerst nicht mehr fließen. Wie karg wird der Belag fürs tägliche Brot sein? Süße Versprechungen kann der Chef keine machen. Källenius kommt seit Wochen und Monaten lediglich die Rolle zu, der Überbringer bitterer Botschaften und harter Wahrheiten zu sein zu.

Wege aus der Krise: Ein „weiter so“ gibt es mit Källenius nicht

Hoffnung und Zuversicht verbreitet er wo und wann immer es geht. Aber die Krise ist seine Gegenwart von Anfang an. Sie zu meistern ist sein Job, sein Auftrag. Aber er heißt Ola und nicht Herkules. Und so kann er nicht versprechen, die Anstrengungen seien im Handumdrehen zu stemmen. Blut. Schweiß und Tränen stellt er für die Mitarbeiter in Aussicht - und zwar für eine längere Zeit.  Covid 19 zeige, so sagte Källenius, dass das Geschäftsmodell von Daimler für die derzeitige Lage und die noch lang nachwirkenden Folgen zu anfällig sei. Wann immer er das sagt, betont er zugleich, dass es für den Daimler darum gehe, die Profitabilität des Unternehmens zu steigern. Hört sich weniger nach Licht am Ende des Tunnels als mehr nach noch viele dunkle Tage an. Källenius Worte klingen nach Kosteneinsparung und noch intensiveren Maßnahmen zu Effizienzsteigerung - und womöglich nach noch mehr Jobabbau.
Allein wird Källenius die Krise nicht meistern können. Er muss die Mitarbeiterschaft mitnehmen. Wenn es darum geht, die Krise zu bewältigen, lobt Källenius ausdrücklich die hohe Motivation der Mitarbeiter und er beschriebt einen ausgezeichneten Teamgeist. Doch die praktizierten Sparmaßnahmen bei Jobabau & Co. haben offenbar den Haussegen im Daimlerkonzern schon in eine Schieflage gebracht. Besteht die Gefahr, dass Belegschaft und der Vorstandvorsitzende auf Distanz gehen? Das darf nicht passieren, meint etwa der bekannte Auto-Professor Dudenhöffer. Der lobt zwar die Maßnahmen zur Effizienzsteigerung beim Daimler, moniert aber das Källenius‘ Krisenmangement, welches Sparen nicht zum Selbstzweck erheben darf: „Gearbeitet werden muss noch an der Vision, dem langfristigen Bild vom Daimler.“ Hat Källenius denn keine Vision? Doch, die hat er: Sie heißt: „nachhaltiger moderner Luxus“. Sie bedeutet mehr Premium, mehr Oberklasse, mehr Elektromobilität, mehr Marge. Also Vorfahrt für mehr teurere Modelle. Das Produktportfolio vom Daimler dürfte sich demnach erheblich verändern. Ob der Plan von Ola Källenius aufgehen kann? Darüber und über Källenius Zukunft wird nicht zuletzt der Kunde entscheiden, der die neuen umweltfreundlichen Autos mit Stern am Ende kaufen soll.

Autor: Mathias Ebeling

 

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