Technik: Kommt der Range Extender zu neuen Ehren?

In die Verlängerung

Technik: Kommt der Range Extender zu neuen Ehren?: In die Verlängerung
Erstellt am 2. Oktober 2025

Die Range-Extender-Fahrzeuge verwenden einen Elektromotor als Antrieb genau wie herkömmliche E-Autos, verfügen jedoch zusätzlich über einen kompakten Verbrennungsmotor, um die Batterie zwischendurch zu laden und damit die Reichweite zusätzlich um einige hundert Kilometer deutlich zu erhöhen. Das nimmt dem Verbraucher die Reichweitenangst und macht die Fahrzeuge auch in Regionen mit wenig Ladeinfrastruktur nutzbar. Doch diese guten Argumente verfangen nicht bei jedem Autobauer. Bei Mercedes-Benz hat diese Technik keine Chance. Bei einem Rundgang über die IAA in München wurde eines aber deutlich: die hierzulande ungeliebten Range Extender könnten auch bei uns bald ein Thema werden. Zulieferer wie Mahle oder ZF arbeiten mit Hochdruck an der Antriebstechnik – nicht allein für Kunden in China.

Es gab auf dem europäischen Markt nicht allzu viele Modelle mit Range Extender, die es letztlich auf nennenswerte Volumina brachten. Da war der alles andere als erfolgreiche Opel Ampera und der kaum weniger gewinnbringende BMW i3, die beide mit einem Range Extender auf längere Reichweiten kamen, als ihnen das die entsprechenden Akkugrößen im Fahrzeug ermöglicht hätten. Doch nachdem der Ampera schnell wieder aus dem Opel-Modellprogramm gestrichen wurde, ließ auch BMW die Antriebsalternative des BMW i3 einschlafen, als eine Version mit immerhin 42 kWh großem Akkupaket vorgestellt wurde. Prototypen wie der Mazda 2 oder ein Audi A1 – jeweils mit einem Range Extender in Form eines besonders kompakten Wankelmotors - schafften es gar nicht erst in die Serie. Einen Wankelmotor als Range Extender für einen Hybridantrieb zu nutzen, ist keine ganz neue Idee. Vor 13 Jahren hat Audi in Zusammenarbeit mit dem Entwicklungsdienstleister AVL einen Kreiskolbenmotor in die Reserveradmulde eines Audi A1 gepackt und mit einem Elektromotor kombiniert. Bei Mazda schaffte es der Wankelmotor als Range Extender in den MX-30 EV, der sehr unter seiner minimalen elektrischen Reichweite litt. Gerade die deutschen Hersteller wollen an sich reine Elektroantriebe und arrangieren sich seit Jahren mit der teuren Plug-in-Technik und setzen daher bei vielen Modellen auf günstigere 48-Volt-Bordnetze mit Startergenerator, die die Realverbräuche senken sollen.

„Die deutschen Hersteller zwingen ihre Kunden, sich zwischen Verbrenner und E-Auto zu entscheiden. Immer mehr chinesische Anbieter weisen ihren Kunden einen Ausweg aus diesem Dilemma: Range Extender“, meint Thorsten Rixmann als CMO von der Obrist Group, „der Antrieb arbeitet mit einem Elektromotor, aber die Stromversorgung erfolgt durch einen sparsamen Minibenziner statt großer und schwerer Batterieblöcke. Elektrisch fahren und Sprit tanken mit Reichweiten von über 1.000 Kilometern trifft den Kundenbedarf heute und in den nächsten Jahren.“ Die Obrist-Gruppe bietet als Zulieferer Energiekonzepte wie Range Extender an. Der sogenannte Zero Vibration Generator dient mit einem Verbrauch von 1,5 Litern pro 100 km Benzin oder 3,3 Liter Ethanol allein der Stromerzeugung. Trotz kompakter Abmessungen sollen mit dem Hyper-Hybrid rein elektrische Reichweiten von 80 Kilometern drin sein; zusammen mit dem Verbrenner sind das rund 1.000 Kilometer, ohne laden oder tanken zu müssen.

Doch was ist ein Range Extender überhaupt? Streng genommen ist ein Range Extender bei einem Elektroauto ein zweiter Verbrennerantrieb, der von einem kleinen Tank mit Kraftstoff gespeist wird. Neigt sich das entsprechend verbaute Batteriepaket zuneige, springt der Verbrenner an und versorgt das Akkupaket mit frischer Energie. Einige Range Extender hatten zudem einen Autobahnmodus, bei dem der Verbrenner in höheren Geschwindigkeiten auch einen direkten Durchtrieb zur Achse hatte. Doch es haperte mit der Kundenakzeptanz und auch die Hersteller hatten an sich keine Lust auf die Range Extender, denn er brachte Aufwand und Komplexität ins Auto – für den Fall der Fälle, wenn der Akku einmal leer sein sollte.

In China ist das Straßenbild zunehmend elektrisch. Jedes zehnte Auto ist jedoch ein Modell mit Range Extender. Der Anteil am Gesamtmarkt liegt aktuell bei rund fünf Prozent – bis zum Jahrzehntewechsel soll sich dieser verdoppeln. Kein Wunder, dass sich zahlreiche Zulieferer und auch europäische Hersteller den tot geglaubten Bereich der Range Extender besonders aufmerksam an. Was für viele noch wichtiger ist als die hohe Akzeptanz bei den Kunden sind die Deckungsbeiträge. Während gerade die batterieelektrischen Modelle der unteren Klassen kaum etwas abwerfen, sieht das nach Angaben der Analysten von Alix Partners ganz anders aus. Solide Margen sind ein Beweis für die wirtschaftliche Tragfähigkeit. Imageträchtiges Beispiel ist der mächtige Geländewagen Yangwang U8, der seine vier Elektromotoren mit insgesamt 800 kW / 1.197 PS aus einem Batteriepaket versorgt, das von einem zwei Liter großen Vierzylinderbenziner aufgeladen wird.

Kein Wunder, dass sich die Modellvielfalt entsprechend entwickelt hat. Gab es 2020 von drei OEMs gerade einmal jeweils ein Range-Extender-Modell, werden aktuell von 20 Marken über 50 Modelle angeboten – mit steigender Tendenz. Auch in den USA kommen zunehmend einige Marken auf den Geschmack des Range Extenders – auch weil es mit dem Ladenetz hakt. Bestes Beispiel ist der Ramcharger von Dodge, denn nachdem der elektrische Ram weiter nach hinten geschoben wurde, weil es mit der Elektromobilität in den USA abseits der Küstenregionen sehr zögerlich nach vorne geht, hat der Stellantis Konzern mit dem Ramcharger 1500 einen offroadtauglichen Fullsize-Pick-Up mit Range Extender auf den Markt gebracht. Der Ram 1500 Ramcharger, produziert im Stammwerk Sterling Hights / Michigan, wird von einem 3,6 Liter großen V6-Benziner angetrieben, der allein als 130 Kilowatt starker Generator genutzt wird. „Mit seiner unbegrenzten batterieelektrischen Reichweite ist der Ram 1500 Ramcharger die Spitze des Segments der leichten Pickups und der ultimative Elektro-Lkw“, sagt Ram-CEO Tim Kuniskis, „der neue Ramcharger ist ein Biest unter den leichten Nutzfahrzeugen - 663 PS, 900 Nm Drehmoment und keine Notwendigkeit für ein öffentliches Ladegerät.“

Ganz ähnlich sieht es in Japan aus, wo Nissan unter der Bezeichnung „e-Power“ seit Jahren auf eine Kombination von Verbrennungsmotor und Elektroantrieb setzt. Hierbei wird ein Verbrennungsmotor mit einer E-Maschine und einer kleinen Batterie gekoppelt und dient quasi als Range Extender. Der Benzinmotor gibt niemals Kraft an die Antriebsräder ab, denn dafür ist ausschließlich der Elektromotor zuständig. Bei Nissan läuft das Antriebspaket in Modellen wie dem Qashqai erfolgreich, denn bisher sind in 68 Ländern mehr als 1,6 Millionen Autos mit dem e-Power-Antrieb verkauft worden. Herzstück der dritten Generation ist ein 1,5-Liter-Turbodreizylinderbenziner, der sein Verdichtungsverhältnis während des Betriebs stufenlos anpassen kann. Durch die kontinuierliche Anpassung operiert der Verbrennungsmotor stets im optimalen Wirkungsgrad, was zu einem niedrigen Verbrauch führt. Da das neue e-Power-Antriebsmodul auch in Nordamerika und Europa zum Einsatz kommen wird, ist es auch höhere Geschwindigkeiten auf Autobahnen optimiert. Bei schneller Fahrt soll der Verbrauch um 15 Prozent sinken.

Auch Volkswagen experimentiert seit längeren mit der Range-Extender-Technik. Zunächst nur mit Fokus auf den chinesischen Markt, kommt der Reichweitenverlängerer ab 2027 auch in die USA. Die neu kreierte Offroad-Marke Scout wird nach der überschaubaren Nachfrage nach Elektro-Geländewagen und Pick-Ups nicht nur reine Elektromodelle von Scout Traveler und Terra mit Reichweiten von über 500 Kilometern, sondern auch Versionen mit Range Extender geben, der den Aktionsradius bis zum nächsten Ladestopp auf mehr als 900 Kilometer ausdehnen kann.

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