Wer diesen Mercedes-Benz 450 SE Baujahr 1978 zum ersten Mal erblickt, reibt sich ungläubig die Augen: Ein citrusgrün-metallic farbenes Ungetüm, dessen Front von grob angeschweißten Leitplanken geformt wird. Nicht elegant, nicht repräsentativ, sondern kompromisslos crash- und kampfbereit. Dieser Benz sieht nicht nur auf den ersten Blick außergewöhnlich aus, sondern auf jeden weiteren auch. Und das hat einen besonderen Grund.
Ein S-Klasse-Leben als Versuchskaninschen 
           
        
Sein Leben begann diese S-Klasse Limousine in Diensten der Daimler AG. Als Aggregatträger diente sie ur Erprobung der Motorengeneration M117, die später die S-Klasse W126 antreiben sollte. Normalerweise bedeutet dieses Schicksal für ein Versuchsmuster den sicheren Weg in die Schrottpresse, sobald die Versuchsfahrtenreihen abgeschlossen worden waren. Doch bei diesem Exemplar kam es anders Anstatt geschreddert zu werden, gelangte es nach Außerdienststellung bei der Daimler AG zur Verkehrswacht nach Vaihingen an der Enz.
Dort ließ sich die stattliche noble S-Klasse bald als martialisches Ungetüm blicken - mit Stahlprofilen verstärkten Stoßflächen, aufgeschweißten Leitplanken und einer grün lackierte „Rammfront“ (der spezielle Umbau mit Unterkonstruktion und lackierter Leitplanke wurde seinerzeit übrigens im Daimler-Werk vorgenommen). Wozu diente die Metamorphose zur ungelenk ausschauenden Monsterbacke? Der 450 SE diente fortan als einzigartiges Schulungsfahrzeug, um Chauffeure von Politikern, Wirtschaftsbossen oder der US-Army auf Extremsituationen vorzubereiten – darunter auch Durchbruchfahrten durch Straßensperren.
Sicherheit tut not
           
        
Die Verkehrswacht in Vaihingen an der Enz erhielt den Wagen in den späten 70er Jahren. Dort verwandelte er sich zum Trainingsgerät für Fahrer, die in der ersten Reihe standen, wenn es um Sicherheit ging: Chauffeure von Politikern, Wirtschaftsführern und hochrangigen Militärs der US-Armee. Mit dem „Rammbock“ lernten sie, wie man Straßensperren durchbricht, wie man in Extremsituationen reagiert.
Eine Zeit der Angst
           
        
Der Bedarf war real. Die Bundesrepublik befand sich im Ausnahmezustand: Die Rote Armee Fraktion verübte Anschläge, entführte Spitzenpolitiker und bedrohte die Republik. Wer in den Chefetagen von Wirtschaft und Politik Verantwortung trug, lebte in ständiger Sorge, selbst zum Ziel zu werden. Sicherheit wurde zum obersten Gut – nicht nur hinter hohen Zäunen und Personenschutz, sondern auch auf der Straße.
Im Schutz des Sterns – seit über 90 Jahren
           
        
Mercedes-Benz hatte zu diesem Zeitpunkt längst eine führende Rolle im Bereich Sonderschutzfahrzeuge inne. Schon 1928 präsentierte Daimler-Benz den ersten werksseitig gepanzerten Typ Nürburg 460. Es folgten repräsentative Modelle wie der legendäre „Große Mercedes“ 770, auf den auch Kaiser Hirohito vertraute. Ab den 1960er-Jahren etablierte sich Mercedes-Benz endgültig als weltweit führender Hersteller von Sonderschutzlimousinen: Der 600 Pullman, die V8-Modelle der S-Klasse oder später auch die G-Klasse bildeten eine unerschütterliche Bastion auf vier Rädern.
Das Besondere: Trotz Panzerung blieben Raum, Komfort und Luxus praktisch uneingeschränkt erhalten – ein Alleinstellungsmerkmal, das bis heute gilt. Unter Namen wie E-Guard, G-Guard und S-Guard bis hin zum S 600 Pullman Guard bietet Mercedes-Benz auch heute ein Portfolio an Schutzfahrzeugen für höchste Ansprüche.
500 Rammfahrten und ein neues Leben
           
        
Zurück zum „Rammbock“: Der „Rammbock“ war streng genommen nie ein offizielles Sonderschutzfahrzeug. Aber er zeigt, wie ernst Daimler-Benz das Thema Sicherheit nahm – bis hin zu solch ungewöhnlichen Experimenten.
Rund 500 harte Trainingseinsätze soll er überstanden haben. Jeder davon ein Aufprall, jede Fahrt ein Schlagtest für Fahrer und Material. Dass dieses Einzelstück nicht auf dem Schrottplatz endete, ist ein kleines Wunder. Heute befindet sich der außergewöhnliche Stern mit der harten Schale als Dauerleihgabe in der Obhut des Mercedes-Benz S-Klasse Clubs e.V., dem das Verdienst zukommt, den ungewöhnlichen S-Klasse-Fund Mitte der 2000er Jahre aus den Hallen der Verkehrswacht geborgen zu haben. (Übrigens: Die Bezeichnung „Rammbock“ für diese ganz spezielle S-Klasse geht auch auf den Club zurück.)
Bildergalerie: 78er Mercedes-Benz 450 SE "Rammbock" 18 Bilder Fotostrecke | Skurille S-Klasse: 78er Mercedes-Benz 450 SE W116:
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