Wer an automobile Luxusmarken denkt, der träumt von Rolls-Royce oder Bentley. Vielleicht flackern noch Gedanken an Ferrari, Aston Martin oder Lamborghini auf, doch gerade in Europa fährt Maybach allenfalls in der zweiten Reihe. Dabei spielen Historie und Produkt ohne Frage in der Königsklasse.
Es ist die Produktionsunterbrechung von mehr als einem halben Jahrhundert und das unglückliche hin und her vor rund zehn Jahren, der Maybach nach wie vor zu schaffen macht. Doch nachdem sich Rolls-Royce für eine rein elektrische Zukunft entschieden hat und auch Bentley taktische Fehler beging, dürfte sich für Maybach eine neue Chance ergeben. Die will der edle Mercedes-Ableger mit neuen Produkten nutzen. Nachdem Maybach von den frühen 1940er Jahren bis 2002 nicht existent war, gab es viel aufzuholen. Der Neustart der Marke, dem strahlenden Diamanten auf der Daimler-Krone, war Anfang der 2000er generalstabsmäßig geplant. Erst im geheimen – dann ganz offiziell mit seinen beiden Luxusvehikeln Maybach 57 und 62 – angelehnt an deren Fahrzeuglänge. Luxus im Überfluss auf technischer Basis von Mercedes S-Klasse W140 / W 220 war mit einem betont aerodynamischen Design kein Selbstläufer und so konnte 2002 auch der imposante Markenstart mit dem Kreuzfahrtschiff Queen Elisabeth II inklusiv Hubschraubertransfer Richtung Financial District von New York keine Wunder bewirken.
1.500 bis 2.000, besser 3.000 der exklusiven Fahrzeuge sollten von der neu erschaffenen Welt-AG unter dem Luxuslabel verkauft werden – pro Jahr. Zeitgleich wagten Bentley und Rolls-Royce nach unterhaltsamen Marken- und Namensstreitigkeiten ebenfalls Neustarts unter dem Dach von Volkswagen sowie BMW. Der Luxus der Vorkriegsjahre war plötzlich wieder da und Maybach mittendrin. Trotzdem sprang der Zwölfzylinder in 57 / 62 sowie den nachgelegten Sport- und Zeppelinversionen nicht an. Das Zwei-Euro-Stück, auf der Schmalseite mitten auf dem laufenden V12-Triebwerk thronend, fiel zwar nicht um, doch nur allzu wenige ließen sich in einen Maybach locken. Das Problem waren weniger Technik, Design oder astronomische Preise, sondern die mangelnde Markenbekanntheit und die Tatsache, dass für die Kunden mit dem Stern im Herz die S-Klasse das Maß aller automobilen deutschen Dinge war. Darüber gab es eine Welt – mit Namen Rolls-Royce oder eben Bentley.
So wurde die Marke kurzerhand eingestellt, nur um vor rund zehn Jahren wieder als Submarke des Mercedes-Portfolios zum Leben erweckt zu werden. Der Fokus war klar: insbesondere auf dem chinesischen Markt wollte man die Maybach S-Klasse von den normalen Versionen abkoppeln und nach oben positionieren – zugegeben zu deutlich günstigeren Preisen als in Europa oder den USA. Der Plan ging auf und seither ist die Maybach S-Klasse in ihren verschiedenen Versionen eine China-Star. Dass viele XXL-Versionen nur von einem wenig imageträchtigen Sechszylinder angetrieben werden, interessiert nahezu niemanden.
Doch der Erfolg in China und solide Maybach-Verkäufe in den USA waren den Mercedes-verantwortlichen rund um Ola Källenius und Britta Seeger zu wenig. Lange Jahre wurde an verschiedenen Szenarien herumgewerkelt und mittlerweile dürfte der Rahmen stehen. So wurde eine Maybach-Version des nur mäßig erfolgreichen Mercedes SL kreiert, die auf Komfort setzt und die Entwicklungsgene des von AMG kreierten Cabrios in eine kommodere Richtung lenkt. Mittlerweile gibt es die Maybach S-Klasse auch als Plug-in-Hybridversion sowie die Groß-SUV Maybach GLS und Maybach EQS mit Elektroantrieb. Klar sind die verschiedenen Maybäche mit Einstiegspreisen zwischen 170.500 (S-Klasse) und 243.000 Euro (SL 680) teuer; aber nicht mehr in einer derart astronomischen Liga wie die einstigen Maybach 57 / 62. Das gilt auch für den Unterschied zum Wettbewerb. Bentley Bentayga Speed / Flying Spur Speed kostet als edle Mulliner-Version ab 300.000 Euro. Immer noch Luft nach oben, während ein Rolls-Royce Cullinan mindestens 330.000 Euro kostet und der elektrische Spectre ist nochmals mindestens 50.000 Euro teurer ist.
Unter vielen Luxuskunden gibt es weltweit nur wenig Verständnis für den Umstieg in die Elektromobilität, denn im hauseigenen Fuhrpark gibt es ohnehin zumeist mehrere Elektromodelle. Doch bei den Nobelversionen von SUV, Prachtlimousinen oder Sportwagen soll es bestenfalls ein Zwölfzylinder sein, der für standesgemäßen Vortrieb sorgt. Dass Bentley mittlerweile komplett auf leistungsstarke V8-Hybriden umstieg, wird von Händlern wie Kunden bisweilen ebenso wenig beklatscht wie die Entscheidung von Rolls-Royce komplett elektrisch zu werden. Maybach will sich diesen neuen Rahmenbedingungen anpassen und will erst einmal nicht komplett elektrisch werden. Dabei geht es nicht allein um die kommende S-Klasse, die auch als elektrisierter Verbrenner eine Zukunft haben wird, sondern auch um den kommenden Mercedes VLS, der Anfang 2026 seine Premiere feiern soll. Nachdem zahlreiche Firmen in China und einige in Europa aus der aktuellen Mercedes V-Klasse edle Maybach-Versionen kreieren, um sich gegen Toyota Alphard, Zeekr 09, Voyah Dreamer oder Denza D9 durchzusetzen, wird Mercedes das Geschäft ab 2027 selbst machen.
Wohin die Reise für Maybach im Van-Segment geht, zeigt das 5,48 Meter lange Konzeptmodell des Mercedes Vision V, der bei seiner Premiere auf der Auto China einen Ausblick auf eine Maybach-Version des neuen Mercedes VLS gab. „Der Vision V ist der Beginn einer neuen Ära für Mercedes-Benz Vans“, Thomas Klein, Leiter Mercedes-Benz Vans, „damit setzen wir Maßstäbe in Design, Komfort und immersiver User Experience – und werden den höchsten Ansprüchen unserer Kunden gerecht.“ Die Luxusversion des kleineren VLE / VLS ist eine elektrische Lounge auf Rädern, die mit einem Radstand von 3,53 Metern zwei Liegesesseln, einer imposanten Ambiente-Beleuchtung und einem 65 Zoll großen Bildschirm das eigene Büro nahezu überflüssig werden lässt. Doch bei der Maybach-V-Klasse der Zukunft wird es nicht bleiben, denn die Maybach-Version der Mercedes G-Klasse dürfte ebenfalls nur eine Frage der Zeit sein, um die langsam zögerlicher werdende Nachfrage und den Flop der Elektro-G-Klasse abzufedern.
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