Fahrzeugfensterbau historisch

Cleff hat den Durchblick

Fahrzeugfensterbau historisch: Cleff hat den Durchblick
Erstellt am 24. April 2020

Er ist wieder da ... was den „gelben Riesen“ mit dem Unternehmen C.W. Cleff verbindet …

Es ist das Jahr 1962: Die Kuba Krise hält die Welt in Atem, die Rolling Stones treten zum ersten Mal auf und Conny Froboess singt das Lied „Zwei kleine Italiener“. In Deutschland erreicht die Arbeitslosenzahl mit 0,4 Prozent einen historischen Tiefstand … es war schon ein besonderes Lebensgefühl in dieser Zeit.

Besonders ist auch ein Fahrzeug, das 1962 von den Staufen-Fahrzeugwerken in Eislingen gebaut wird: Der „gelbe Riese“ vom ADAC Südbayern. Der Sattelauflieger mit dem Zugfahrzeug Mercedes-Benz LPS 328/36 diente als mobile ADAC-Geschäftsstelle und bot Raum für einen Konferenz- und Sitzungsraum, einen Büroraum mit Küche und den Kundenbereich mit Theke. Telefonanlage und ein Lautsprechersystem mit Tonbandgerät, Plattenspieler und Mikrofon rundeten die individuelle Ausstattung ab. Daneben fallen die unverwechselbaren, gebogenen Fenster direkt ins Auge: Sie waren auch bei den „Panorama“-Bussen jener Zeit ein typisches Stilelement und brachten Licht, Luft und Landschaft in spürbare Nähe zu den Fahrgästen. Als einer der Vorreiter dieses Fenstertyps kann sicher auch der Mercedes-Benz O 3500 betrachtet werden.

Die Innovation im Fahrzeug-Fensterbau

Aber wer sorgte damals für die stilgebenden Panoramafenster, die Oldtimerfans auch heute noch in Verzückung versetzen?

Einer der führenden Zulieferer für Fahrzeugfenster war und ist das 1935 gegründete Unternehmen C.W. Cleff in Wuppertal. Carl Wilhelm Cleff war Experte für das Bearbeiten, Polieren und Eloxieren von Aluminiumleisten für die Karosserien von Großfahrzeugen und PKW. Die vom seinerzeit sogenannten „Leisten-Cleff“ produzierten Leisten hatten sowohl dekorativen als auch funktionellen Charakter, denn sie deckten z.B. Schweißnähte ab. Aufgrund seiner Erfahrung mit Aluminiumprofilen kam er auf die Idee, erstmals Rahmen für Fahrzeugfenster aus stranggezogenen Aluprofilen zu fertigen: Die Herstellung war günstiger und das Biegen einfacher. Bis dahin wurden gerahmte Fenster, speziell die damals üblichen, ausstellbaren Windschutzscheiben für LKW, aus gefrästen Messingprofilen hergestellt. Deshalb kann Carl Wilhelm Cleff heute noch als der „Vater” des aluminiumgerahmten Fahrzeugfensters betrachtet werden.

85 Jahre Fenster für Nutzfahrzeuge „Made in Germany“

Das Unternehmen Cleff stattete in den Wirtschaftswunderjahren Nutzfahrzeuge mit allen Arten von Fenstern aus. In den 70er Jahren wurden in Wuppertal zunehmend auch Busse und andere Nutzfahrzeuge von Mercedes Benz mit unterschiedlichsten „Funktionsfenstern“ ausgestattet. Diese Fenster hatten z.B. Schiebe- oder Klappfunktionen. So verfügte auch der Unimog über ein Schiebeheckfenster in der Kabine „Made in Wuppertal“.

Überhaupt waren diese Jahre von einer Vielzahl von Sonderfahrzeugherstellern geprägt: Unternehmen wie Rosenbauer, Metz, Baumgärtner, Berger, Steib und Thiele standen für eine Vielzahl individueller Fahrzeugaufbauten … und alle Fahrzeuge mit Doppelkabinen, Feuerwehrfahrzeuge und Sparkassenmobile – um nur einige Fahrzeugtypen zu nennen – brauchten spezielle Fenster, die das Unternehmen Cleff in Klein- und Großserie lieferte. Von Kunststofffenstern bis zu Panzerverglasungen mit 40 mm Stärke entwickelte und produzierte Cleff individuelle Fenster.

Genauso wie damals ist auch heute kaum eine Fensterform und -ausführung für die Fensterprofis aus Wuppertal undenkbar. Inzwischen runden Fenster und Türen für Sonder- und Schienenfahrzeuge aller Art, für Schiffe, Baufahrzeuge und Reisemobile das Produktprogramm ab. Zudem erreichen die Wuppertaler Fensterbauer immer wieder auch Nachfragen aus der Oldtimer-Nutzfahrzeugszene und von Nostalgiezug-Betreibern.

Brandneue Fenstergriffe für den „Gelben Riesen” – aus Wuppertaler Regalen …

Und was geschah mit dem „gelben Riesen“? Er wurde irgendwann nicht mehr benötigt, 1971 verkauft und nach weiteren 30 Jahren stillgelegt.  Als zu seinem Jubiläum 2010 bis 2012 die aufwändige Komplettrestaurierung des inzwischen zum Note-5-Wrack „gereiften” Sattelzugs erfolgte, suchte man ein Unternehmen, das die hochindividuellen Fenster wiederherrichten oder passgenaue Nachbauten fertigen konnte. Schnell erinnerte man sich an den Zulieferer aus dem Jahr 1962 und im Unternehmen Cleff war man erfreut darüber, die Restaurierung begleiten zu können.

Hoch auf dem gelben Wagen – der ADAC Betreuungswagen „Informations- und Betreuungswagen“ auf Mercedes-Benz Basis Auf der Retro Classics 2012 präsentierte der ADAC zum ersten Mal seinen frisch restaurierten Betreuungswagen. Der Sattelauflieger mit Mercedes-Benz Zugmaschine Alle Fenster (Kunststoffverglasungen und Echtglasfenster) wurden ausgetauscht, bzw. wiederaufbereitet, die Rahmen eloxiert und mit neuen Dichtungen versehen. Die abgerundete Formgebung war dabei eine spannende und anspruchsvolle Aufgabe. „Wir waren angenehm überrascht, als wir in unseren Regalen auf Original-Fenstergriffe des „gelbe Riesen“ stießen und so mit neuen, originalverpackten Griffen aus unserem Bestand die Fenster komplettieren konnten”, sagt Andreas Klostermeier, Mitgeschäftsführer der C.W. Cleff GmbH & Co..

Nach der erneuten Indienststellung des „gelben Riesen“ 2012 durch den ADAC Südbayern ist er jetzt auf vielen Veranstaltungen des ADAC und bei von ihm unterstützten Veranstaltungen zu bewundern.

Wenn historische Fahrzeuge im Rahmen einer Restaurierung neu befenstert werden sollen, ist das Unternehmen Cleff gerne Ansprechpartner. Und - wie der „gelbe Riese“ gezeigt hat - ist es sogar möglich, dass es auch für andere Mercedes-Benz Fahrzeuge wieder individuelle Fensterprofile, Dichtungen oder Griffe aus dem Lager „hervorzaubern“ kann!

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