Rastlos – aber nicht rostfrei: Mercedes 190E (W201)

1990er Benz im ranzigen Ratten-Look

Rastlos – aber nicht rostfrei: Mercedes 190E (W201): 1990er Benz im ranzigen Ratten-Look
Erstellt am 5. Oktober 2018

Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Die wohl überwiegende Mehrzahl der Auto-Fans steht auf makellos glänzende Lackoberflächen und blitzblanken Chrom – und dann gibt es Schrauber wie Stefan Rüddel, denen das Fahrzeuge nicht gammelig genug wirken kann. Wo der Zahn der Zeit sich noch nicht in gewünscht heftiger Weise ins Blech des Mercedes 190E der Baureihe W201 verbissen hatte, forcierte er mit gezielten Maßnahmen und Modifikationen das Bild der Verwahrlosung. Schrott or not? Darüber darf man sicherlich diskutieren! Aber ein Eyecatcher ist Stefans Mercedes ohne jeden Zweifel.

Je oller – je toller

Keine Frage: Dieser Mercedes 190E hat gewiss schon bessere Tage gesehen. Und während die meisten Mercedes-Fans nun bemüht sein würden, den W201 des Baujahres 1990 wieder in alter Schönheit erblühen zu lassen, strebt Stefan lieber nach dem exakten Gegenteil. Je mehr Ähnlichkeit sein Benz mit einer sprichwörtlichen Schrottmühle hat, umso besser!

Ratten-Look: Schlimmer geht immer!

Rost und Verfallserscheinungen finden sich bei diesem Benz nämlich an allen bröselnden Ecken und Enden. Und dies keineswegs etwa wegen nachlässiger Pflege, sondern aus wohlüberlegtem Kalkül - und nach Plan! Denn Stefan favorisiert in puncto Styling einen verlotterten Ratten-Look. Sein Ziel ist es, den verdienstvollen Youngtimer so marode wie nur möglich aussehen zu lassen.

Die Baureihe W201 beweist Konditionsstärke

Für diesen Effekt musste der Kfz-Mechatroniker allerdings tüchtig nachhelfen. Denn von allein kann ein ab Werk bestens verarbeiteter und deshalb grundsolider Mercedes W201 kaum so abgerockt daherkommen.

Im Jahr 2014 erwarb Stefan den Mercedes 190E. Der angehende Klassiker steht bei dem Mercedes-Fan eigentlich hoch im Kurs. „Seitdem ich meinen Führerschein habe, fahre ich ausschließlich Modelle dieser Baureihe“, informiert der Nordrhein-Westfale und ergänzt. „Qualität und Nutzwert sprechen für einen W201 als Gebrauchtfahrzeug. Denn obwohl in die Jahre gekommen, ist ein Mercedes 190 ein absolut verlässlicher Wegbegleiter.“

Der Lack ist ab!

Trotz der geschilderten Vorzüge zögerte Mercedes-Fan Stefan aber nicht, den soeben gekauften 190er zur Rostlaube umzumodeln. „Hierfür schliff ich die Motorhaube komplett blank, um sie hernach korridieren zu lassen. Und weil ich Two-Tone-Optik mag, wurden die übrigen Bleche mit Rostschutz in Schwarz und Rot gerollt.“ Natürlich bewusst nachlässig und schlampig in der Ausführung, möchte man hinzufügen.

Alles außer gewöhnlich

Zugegeben“, führt Stefan weiter aus, „für gewöhnlich haftet dem Mercedes der Baureihe W201 eher ein gediegen-konservativer Ruf an, und man erwartet von diesem Fahrzeug ein entsprechend gepflegtes Aussehen.

Das ist für mich völlig okay. Doch wollte ich mit dem Ratten-Look mal ganz bewusst mit den Sehgewohnheiten brechen und auf diese Weise das Image des 190ers gehörig gegen den Strich bürsten.“

Erlaubt ist, was (Stefan) gefällt

Dass dieses Unterfangen mit einem schelmischen Augenzwinkern ausgeführt wurde, offenbaren witzige Details wie die gekreuzten Schraubenschlüssel am Grill, die grimmige Gummi-Ente, welche als Kühler-Figur dient, oder die mächtigen LKW-Außenspiegel, deren Größe und Formgebung dem Mercedes eine gewollt absurde Ausstrahlung verleihen.

An Stefans Mercedes gibt es also Vieles zu entdecken. "Für Gesprächsstoff wäre damit gesorgt", sagt der 31jährige, der gerne Mercedes-Treffen besucht, auf denen sein 190E dann als vieldiskutiertes "Ansichtsexemplar" dient.

Exotischer Teile-Mix

In die gleiche Richtung zielen auch die wuchtigen Wohnmobil-Radkappen, welche die 16-zölligen Stahlfelgen, die ein Mercedes der Baureihe W211 beisteuerte, zieren.

Des weiteren prägen ein Golf-3-Frontspoiler, breitere Kotflügel (AMG), Mattig-Scheinwerferblenden und Klarglas-Rückleuchten nebst dem markant-exponierten Dachgepäckträger das auffällige Erscheinungsbild.

Mit dem Benz geht’s auch fahrwerktechnisch abwärts

Als schiene der Mercedes ohnehin nicht schon ziemlich runtergekommen, erreicht Stefans 190E mithilfe der TA-Technix-Federn den absoluten Tiefpunkt (minus 60/40 mm). In Verbindung mit den rundum aufgesteckten Distanzscheiben (2 x 8 mm vorne und 2 x 20 mm hinten) wirkt der auf 195/55-R16 Continental-Pneus rollende Benz betont stämmig.

Im W201 darf jeder ans Steuer

Die arg gefledderte Kabine weckt Erinnerungen an die Vehilkel eines Kinder-Karussels. Denn hier darf auch der Beifahrer fleißig an einem Lenkrad (Bobby-Car) kurbeln. Richtungsweisend ist freilich allein das Raid-Volant des wahren Piloten...

Spätestens beim Blick auf das Lenkrad-Double dürfte klar geworden sein, dass Stefan die Metarmorphose seines Benz zur mutmaßlichen Abwrackkarre vornehmlich als Spaß-Projekt versteht.

In Zukunft gilt: Optik pfui – Leistung uih!

Entsprechend dient die neue Innenverkleidung aus etlichen miteinander vernieteten Kfz-Kennzeichen weniger der wohnlichen Behaglichkeit, denn vielmehr als weiterer visueller Gag. Zudem fällt der Eigenbau-Schalthebel mitsamt des freigelegten Gestänges ins Auge.

Angetrieben wird der Mercedes von einem 118 PS leistenden 2,0-Liter-Vierzylinder. „Für die nahe Zukunft plane ich dessen Ersetzung durch ein Sechszylinder-Aggregat (M104)“, blickt Stefan nach vorn. „Dann wäre die Überraschung perfekt, wenn ein dermaßen desolat wirkender W201 in puncto Leistung und Fahrdynamik gehörig auftrumpft.“

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Mercedes-Fans Technische Daten

Fahrzeugtyp: Mercedes-Benz 190E (W201)

Baujahr: 1990

Motor: Originaler Vierzylinder-Reihenmotor, Hubraum: 1.997 ccm, Leistung 118 PS, Eigenbau-Endrohr (70 mm)

Getriebe: Fünfgang-Austausch-Getriebe (Mercedes 190D)

Bremsen: Original Mercedes 190E

Räder: W211-Stahlfelgen, Wohnmobil-Radkappen

Reifen: Continental, 195/55-R16 vo/hi

Fahrwerk: Federn von TA-Technix (minus 60/40 mm) Distanzscheiben rundum: 2 x 8 mm vorne und 2 x 20 mm hinten

Karosserie: Rat-Style, “Rubber-Duck“-Kühlerfigur, Golf-3-Frontspoiler, Mattig-Scheinwerferblenden, LKW-Außenspiegel, verbreiterte Kotflügel (AMG), Klarglas-Rückleuchten

Innenraum: Verkleidungen und Dämmung entfernt, Raid-Lenkrad, Eigenbau-Schaltknauf, Eigenbau-Türtafeln aus Kfz-Kennzeichen, Mitteltunnel mit Kfz-Kennzeichen verkleidet

 

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