Fahrbericht G-Klasse G500 2018 (W463b)

Wie stark ist die neue G-Klasse? Wir machen den Check!

Fahrbericht G-Klasse G500 2018 (W463b): Wie stark ist die neue G-Klasse? Wir machen den Check!
Erstellt am 21. September 2018

Wie erneuert man eigentlich eine Legende? Nun, da gibt es in der Autowelt viele Beispiele. Jeep zum Beispiel. Oder der Land Rover. An den Käfer trauten sich die Macher über 30 Jahre nicht ran. Als mit dem 1303 dann die bis dato weitreichendste Modellpflege durchgezogen war, stand mit dem neuen Golf, dir radikale Erneuerung schon in den Startlöchern. Und beim G? Wie war`s beim G?

Es wird oft vergessen, dass der G von gestern mit dem G von vorgestern nur noch die Karosse gemein hat bzw. hatte. Die wahre große Modellpflege war also zu dem Zeitpunkt, als beschlossen wurde, auch vom G ein AMG-Modell zu bauen. Und so ein G55 hatte mit einem der ursprünglichen 230 GE nur noch die äußere Hülle gemein. Wie weit die G-Macher den G vom Ursprung wegentwickelt hatten, konnte man übrigens sehr gut erfahren, wenn man den G63 mal einen Professional zur Seite stellte. Wer das – gewöhnungsbedürftige Fahrverhalten des G63 monierte, dem dürften beim Professional der Schreck aber mal so richtig tief in die Glieder gefahren sein. Der Professional sollte als G fürs Grobe die Erinnerung an das wachhalten, wofür der G ursprünglich gebaut wurde und wofür das G wirklich stand. Nämlich für Gelände.

So gesehen ist die jetzige Erneuerung gar nicht so dramatisch, wendet Sie sich doch an Kunden, die den kommoden G schätzen. Und damit war die Stoßrichtung klar. Optisch möglichst nah ran ans Original, technisch das bestmögliche reinpacken ohne die Kernkompetenzen des Kletterkünstlers zu verspielen. Und dann noch der Tatsache Rechnung tragen, dass die Gesellschaft immer älter wird, also auch der G-Klasse-Fahrer. Der neue G wurde also räumlich etwas großzügiger und obendrein bequemer. Dass Mercedes-Benz ungeachtet der deutlichen Eingriffe die Baureihenbezeichnung beibehält und gelegentlich von der Modellpflege spricht, mag dabei überraschen. Aber auch dafür gibt es gute Gründe.

Warum bleibt der W463 ein W463?

Obwohl beim neuen G zu 99% alles anders ist, als bei seinem Vorgänger bleibt die Baureihenbezeichnung W463 bestehen. Dass die Modellreihen-Bezeichnung beim neuen G beibehalten wurde, bringt für Mercedes-Benz unter anderem die Vorteile, dass das Auto bezüglich der Richtlinien zum Fußgängerschutz wie sein Vorgänger beurteilt wird. Ähnliches gilt auch beim Klimamittel für die Klimaanlage. Ab 2017 müssen für neue Baureihen neue Gase verwendet werden. Das gängige Klimamittel Tetrafluorethan (R134a) wird also nach und nach verschwinden. Beim neuen G darf es aber aufgrund der alten Baureihenbezeichnung weiterhin genutzt werden. Übrigens: Die neue G-Klasse firmiert offiziell als "W463b".

Optisch gesehen hat sich die G-Klasse seit 40 Jahren kaum verändert. Hier und da gab es von Baureihe zu Baureihe ein bisschen Make-Up, aber im Großen und Ganzen ist die G-Klasse immer G-Klasse geblieben. Aber warum funktioniert das bei der G-Klasse eigentlich so gut? Die Käufer scheinen nicht satt zu werden. Gerade erst im Jahr 2016 gab es für den G ein Rekordjahr (20.000 verkaufte Einheiten). Dass die G-Klasse mittlerweile Kultstatus erreicht hat, ist auf die eigentliche Rolle der G-Klasse zurückzuführen: „Form follows Function“, dass heißt das Auto ist vor 40 Jahren gebaut worden, um einer bestimmten Funktion, einer Rolle nachzugehen: Geländegängig, gute Übersicht dank der kantigen Form, einfach zu reparieren und gleichzeitig einen starken Wiedererkennungswert. Jeder Mercedes-Fan wusste und weiß immer sofort: Ah, da kommt eine G-Klasse!

Breiter, länger, leichter!

Die neue G-Klasse ist deutlich gewachsen. Sie ist länger und breiter geworden. Aber nicht nur das: Trotz mehr Größe gibt es weniger Gewicht, denn die Motorhaube ist jetzt aus Aluminium, die vorderen Kotflügel sind aus Kunststoff, es gibt ein kleineres Reserverad als beim Vorgänger und auch einen kleineren Tank.
In der Länge ist der neue G um 6 cm gewachsen, in der Breite um 12 cm. Das macht sich vor allem in der Innenkabine im Fond bemerkbar. Die 6 cm mehr Länge kommen komplett dem Radstand zugute und dabei komplett dem Platz für die hinteren Passagiere. Wer also in der G-Klasse im Fond Platz nimmt darf in Zukunft mit mehr Beinfreiheit rechnen.

Die gewonnene Breite im neuen G merkt man auch wenn man seinen Ellenbogen auf die Fensterkante legt. Im alten G würde der Ellenbogen nun aus dem Auto hängen. Im neuen G liegt er ganz bequem auf der Ablage.
Ein Nachteil im neuen Interieur: Der Drehschalter für das Licht befindet sich jetzt nicht mehr oben auf den Armaturen, sondern auf Kniehöhe. Das sorgte leider dafür, das wir beim Ein- und Aussteigen regelmäßig das Licht mit dem Knie ein und ausschalteten. Hier ist Vorsicht geboten.

Mehr Platz in der Innenkabine, weniger Platz im Kofferraum

Im Interieur macht sich Wohlfühlatmosphäre breit. Die Sitzposition ist optimal. Um Schultern und Kopf ist genug Freiraum. Der Platzgewinn in der Fahrerkabine ist deutlich zu spüren.
Der Kofferraum dagegen ist kleiner geworden. Hier liegt der Fokus der Entwickler ganz klar auf dem Komfort für Fahrer und Mitfahrer. Im Kofferraum der neuen G-Klasse befinden sich in einer Links angesiedelten Tasche eine Soundbox und in einer rechts angesiedelten Tasche der theoretische Tank für das Ad-Blue.

Dazu konnte man die Rücksitze beim alten G umklappen und hatte eine ebene Fläche. Beim neuen G ist dies leider anders. Eine Traverse in der Mitte des Kofferraums verhindert die ebene Fläche. Praktisch dagegen ist die neue Durchreiche beim neuen G in der Rücksitzbank. Das Gesamtvolumen beim neuen G ist aber weniger geworden.

Weniger Lärm dank gewölbter Windschutzscheibe?

Das Volldigitale-Armaturenbrett in unserem G500 ist kein Muss. Wer will, kann sich das Armaturenbrett auch klassisch Analog bestellen. Bekannt aus den Vorgängermodellen sind die drei mittig angesiedelten Differentialsperren und der Haltegriff für den Beifahrer um sich im Gelände festzuhalten. Die Designer wollten das Frontdesign der G-Klasse im Interieur widerspiegeln. Die Luftauslässe rechts und links in der Fahrerkabine symbolisieren die Scheinwerfer und die aufgesetzten Hochtöner symbolisieren die Blinker auf den Kotflügeln. Insgesamt wirkt das Interieur sehr komfortabel und luxuriös – hier fühlen wir uns pudelwohl. Besser und schicker geht es in diesem Fall kaum. Übrigens: Die neue G-Klasse hat eine ganz leicht gewölbte Windschutzscheibe. Das soll für mehr „Aerodynamik“ sorgen und soll Windgeräusche abschwächen. Das klappt aber nicht so wirklich. Deutlich leiser als sein Vorgänger ist der neue G nicht. Dadurch, dass die Windschutzscheibe so dicht am Lenkrad sitzt, ist kein Platz für das aus anderen Modellen bekannte Head-Up Display. Kommt das vielleicht in der nächsten Generation?

Neue Position für die Rückfahrkamera

Die Rückfahrkamera befindet sich beim neuen G nicht mehr oben über dem Reserverad, sondern unten über der Anhängerkupplung. Das bietet den Vorteil dass die Übersicht deutlich besser ist als beim Vorgänger. Die Kamera im vorderen Bereich ist über dem Stern im Grill verbaut. Der Nachteil hier ist, dass im Falle eines montierten „Bullenfängers“ die Sicht durch die Kamera stark eingeschränkt wäre. In Europa sind aber im übrigen keine Bullenfänger zulässig….

Der Motor – Von der Rennstrecke in das Gelände

Im G500 hämmert ein 4,0 Liter V8 mit 422 Pferdestärken. Der M176 ist derselbe Motor wie beim Vorgänger. Der Motor feierte damals Premiere im Mercedes-AMG GT. So schnell geht das heutzutage: Von der Rennstrecke in das Gelände. Wer in den Motorraum des neuen G500 blickt, dem fallen die Domstrebe, die Hochanlegungen der Entlüftung für die Aggregate und die Hochansaugung für den Motor auf.

Die Domstrebe wird aufgrund der neuen vorderen Einzelradaufhängung genutzt um für mehr Stabilität zu sorgen. Die Einzelradaufhängung an der Vorderachse soll den Insassen mehr Komfort bieten. Einbüßen muss die G-Klasse im Gelände dadurch aber nicht. Trotz Einzelradaufhängung ist die neue G-Klasse sicher, stabil und für das Gelände ausgelegt. Deswegen ist die Entlüftung für die Aggregate auch so sehr weit oben im Motorraum angelegt. Die Aggregate für Achsen und Getriebe können so auch bei Wasserdurchquerungen ohne Probleme entlüftet werden. Auch die Hochansaugung für den Motor dient dazu, dass kein Wasser oder eine Wasserwelle beim Fahren in die Ansaugung kommt. Deswegen wird die Luft ziemlich weit oben direkt unter der Haube angesaugt.
Blickt man neben die Motorhaube fallen die G spezifischen Blinker auf, aufgesetzt auf den Kotflügeln. Eins der ikonischen Merkmale der G-klasse. Die neuen Blinker sind mit einem Fußgängerschutz versehen und lassen sich bei einem Aufprall nach unten drücken.

Übrigens: Im G63 finden wir denselben Motor verbaut. Auch mit 4,0 Litern Hubraum. Mit einer anderen Software leistet der M177 im G63 585 PS.

Der Motor und 3 Teile bleiben bestehen

Wir waren mit dem G500 über 500 Kilometer unterwegs. Dabei sind wir ca. 250 Kilometer in der Stadt und 250 Kilometer auf der Autobahn unterwegs gewesen. Am Ende stand ein Durchschnittsverbrauch von 17,8 Litern auf der Anzeige. In den heutigen Zeiten selbst für einen „SUV“ viel, aber beim G500 fahren ist der Spritverbrauch zweitrangig. Da steht der Spaß und das Erlebnis im Vordergrund – egal wie viel Liter Sprit durch den V8 gurgeln.

Neben dem Motor sind übrigens noch 3 weitere Teile aus der Vorgänger-G-Klasse in die aktuelle G-Klasse übernommen worden: Neben den Türgriffen wurde noch die Abdeckung des Reserverads und die Einspritzdüsen für die Scheibenwischeranalge übernommen. Der Rest ist bei der neuen G-Klasse anders als beim Vorgänger.

Egal ob Schnee, Eis, Sand oder Felsen – Der G krabbelt

Das DYNAMIC SELECT bietet die Fahrprogramme Eco, Comfort und Sport – natürlich kann man sich sein Fahrprogramm auch individuell gestalten. Neu ist der Geländemodus. Der Geländemodus wird aktiviert, sobald man in „Low-Range“ geht (Untersetzung) oder wenn man die Differentialsperre aktiviert. Es gibt drei Offroad-Modi. Einen für Eis und Schnee, einen für Felsen und einen für Sand. Damit sollten auch unerfahrene Offroader im Gelände wenig wenn nicht sogar keine Probleme haben.

Um nochmal zu den drei Sperren zu kommen? Wisst ihr wann ihr welche Sperre nutzen müsst? Sobald ihr die asphaltierte Straße verlasst, und es auf einfache Feldwege geht, könnt ihr mit der mittigen Taste die Zentral-Differnetialsperre aktivieren. Sobald diese Sperre aktiviert ist, wird das ABS deaktiviert. Gerade auf Schotter ist das deaktivieren des ABS wichtig um z.B. den Bremsweg zu verkürzen. Einen Großteil der Gelände-Situationen könnt ihr mit der Zentral-Differentialsperre schon lösen.
Sperrt man das hintere Differential ist man schon im schweren Gelände unterwegs. Das kann zum Beispiel nützlich sein, wenn sich mal ein Rad in der Luft befindet.
Die letzte Option ist das Sperren des vorderen Differentials. Aktiviert man das vordere Differential ist zum Beispiel das Fahren von Kurven kaum noch möglich. Das vordere Differential zu sperren ist die letzte Option bei ernsten Situationen und Notfällen.

Wäre der G500 bereit für schweres Gelände?

Wäre der G 500 bereit für schweres Gelände? Die Antwort lautet: Jein. Die Voraussetzungen dazu hat der neue G in jedem Falle. Unser G kommt allerdings mit einer weiß lackierten Frontstoßstange – möchte man damit wirklich in schweres Gelände fahren? Nein, natürlich nicht. Für schweres Gelände müsste der Fahrer auf eine Stoßstange aus Stahl zurückgreifen, um unter anderem auch den Kühler besser zu schützen. Bei Mercedes-Benz selber ist dieses Extra leider (noch) nicht zu bestellen. Dazu gehen wohl zu wenig G-Klassen der Baureihe W463b in schweres Gelände. Wer aber unbedingt eine Stoßstange aus widerstandsfähigem Stahl benötigt, muss im freien Zubehör danach Ausschau halten.

Wäre der Professional die bessere Lösung für´s Gelände?

Wäre der G Professional die bessere Lösung für schweres Gelände? Vielleicht! Der G Professional wird auf Basis des neuen G aber nicht gebaut. Das Militär dagegen bezieht aktuell noch G Professionals aus der „alten“ Baureihe – die auch weiterhin gebaut wird. Das heißt, der alte G Professional wird in Graz weiterhin gebaut und an das Militär verkauft. Viele der noch gebauten alten G Professionals gehen nach Algerien oder Australien.
Auch die nächsten sieben Jahre wird die neue G-Klasse (W463b) bei der Magna Steyr AG & Co KG in Graz gebaut. Somit bleibt Graz vorerst bis 2025 die Produktionsstätte.

Die neue Mercedes-Benz G-Klasse in der Fotostrecke

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1 Kommentar

  • Benzfan1996

    Benzfan1996

    Die einzigen unveränderten Teile sollen Türgriffe, Scheibenwaschdüsen und Reserveradabdeckung sein? Die einzigen von außen sichtbaren vielleicht. Der Gummibelag des Bremspedals zum Beispiel ist mit Sicherheit unverändert geblieben – eingeführt mit Baureihe 123 kommt das Teil nämlich selbst im neuen GLE noch zum Einsatz. Und sicherlich noch viele weitere Kleinteile.

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