Technik Steer by Wire kurz vor der Serienreife

Erfahrungsvorsprung

Technik Steer by Wire kurz vor der Serienreife: Erfahrungsvorsprung
Erstellt am 20. Juli 2022

Der Zulieferer ZF entwickelt sich zunehmend zum ganzheitlichen Systemlieferanten, der nicht nur Mechanik, sondern zunehmend die digitalen Elemente liefert. Trotzdem sind die Erfahrungen aus der analogen Welt nach wie vor wichtig, wie man beim Steer-by-Wire-System erkennt. Mercedes-Fans.de Mitarbeiter Wolfgang Gomoll ist das System bereits gefahren.

Preisfrage. Welcher Hersteller bringt nächstes Jahr ein softwaredefiniertes Auto auf den Markt? Nun? Niemand? Gut, dann ein weiterer Hinweis. Es ist kein deutscher Autobauer. Wenn man dann noch ins Kalkül miteinbezieht, dass es sich um das erste Großserienautomobil mit Steer by Wire handelt, also eine Lenkung ohne Lenksäule, die die Befehle zur Richtungsänderung per elektrische Signale überträgt, wird der Kreis schon kleiner. Wir vermuten einen US-amerikanischen oder chinesischen Hersteller. Die sind technikgetrieben genug, um die Zukunft des Autofahrens schon jetzt zu einzusetzen. Denn so viel ist klar. Ohne Steer by Wire wird es kein autonomes Fahren geben. Im Zusammenhang mit dem Cadillac Lyriq fällt der Begriff softwaredefiniert relativ oft. Das E-SUV steht auf GMs neuer Ultium Plattform. Könnte also gut sein, dass das des Rätsels Lösung ist.

Auf den Autobauer angesprochen, der das System in die Serie hievt, schweigen die Schwaben wie das berühmte Grab. Das ist die Krux eines Zulieferers. Tue Gutes und rede möglichst wenig darüber. Denn der OEM soll das Heft des Handelns und das Erzählen der Technikstory in der Hand behalten. Also bleiben uns nur Mutmaßungen. Was wir aber bereits sagen können, dass die neue ZF-Lenkung schon ziemlich gut funktioniert. Das ist schon eine ganze Menge, wenn man bedenkt, wie schwierig es ist, ein natürliches Lenkgefühl ohne echte Verbindung zwischen Vorderachse und Volant herzustellen. „Das ist die Königsdisziplin. Wir haben schon mehrere große Kunden“, sagt ZF-Chef Wolf-Henning Scheider. Also wird bald nach dem geheimnisvollen ausländischen Auftraggeber auch ein deutscher Autobauer stolz das System präsentieren.

Bei unseren Testfahrten in einem VW ID.3 spürten wir deutlich den Unterschied zwischen glatten Asphalt und Pflastersteinen, wir merkten, wenn die Vorderräder zu scharren begannen und das Auto anfing zu untersteuern. Kurz: Das Lenkgefühl war schon ziemlich natürlich. Kleine Schwächen wie das Ruckeln im Stillstand bei Volleinschlag sollten die Entwickler bis zum nächsten Jahr behoben haben. Unterm Strich hat ZF damit im Vergleich zu Schaeffler-Paravan die Nase vorne. Auch wenn das System der wackeren Männer von der schwäbischen Alb ebenfalls schon sehr weit entwickelt ist.

„Wir haben bereits Großserienerfahrung bei Sicherheitssystemen“, erklärt Manfred Meyer, Leiter aktive Sicherheit, Lenkung und Bremssysteme bei ZF. Der Friedrichshafener Zulieferer verfügt über eine jahrelange Expertise beim Integrieren von Bremsen, der Hinterachslenkung, des Brake by Wire und eben auch der elektromechanischen Lenkung. Diese Prozesssicherheit ist das Zünglein an der Waage. Den Rest erledigen Simulationen und das berühmte Popometer der Testingenieure. Auch beim Thema Redundanz hilft der Background Zulieferers. Da spielt die Software eine große Rolle. „Wir erkennen Fehler im Grunde schon, bevor er auftritt, sagt Manfred Meyer und führt weiter aus, dass man das System nicht sofort komplett offline schaltet, sobald sich eine Fehlfunktion ankündigt, sondern es verschiedene Stufen durchläuft. Zudem kommt die ZF-Lenkung mit zwei Elektromotoren aus. Die Mindestanzahl, wenn es um Redundanz geht.

Das Steer-by-Wire-System ist ein weiterer Schritt in der Transformation des Zulieferers. „Wir gehen weg von den Zahnrädern, hin zu den Halbleitern“, fasst Scheider den Wandel des Unternehmens in plastische Worte und ergänzt: „Das Software-definierte Fahrzeug bringt mehr Veränderungen als die Elektromobilität.“ Und da will ZF vorangehen und kein Fast-Follower sein. Denn in den digitalen Geschäftsmodellen gilt mehr denn je, dass der zweite schon der erste Verlierer ist. Produkte wie die Software-Plattform cubiX gemeinsam mit dem Chassis 2.0-Konzept, und Vehicle Motion Domain Controller waren vor einigen Jahren noch undenkbar. Die neue Ausrichtung der Firmenphilosophie manifestiert sich auch in dem vollautonomen Shuttlefahrzeug, das ZF bereits testet. Hier bieten die Deutschen eine Rundumlösung inklusive Bezahlsystem und Wartung. „Wenn gewünscht, übernehmen wir auch noch die Reinigung.“ Eben ein All-Inklusive-Unternehmen.

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