Mercedes 450 SEL W116 Pick-Up-Umbau

Der 76er Boss-Benz ist teilweise obdachlos

Mercedes 450 SEL W116 Pick-Up-Umbau: Der 76er Boss-Benz ist teilweise obdachlos
Erstellt am 11. November 2022

Die Mercedes Oberklasse-Limousinen der Baureihe W116 waren seinerzeit Chefsache. Wer in diesem Boss-Benz hinten in der zweiten Reihe Platz nehmen durfte, gehörte meist zur ersten Garde der Gesellschaft. Für diese Klientel, die von einer Reise- bzw. Chauffeurlimousine hochklassigen Komfort und eine luxuriöse Ausstattung erwartete, war alles an und in dieser S-Klasse wohl-bedacht. Doch in diesem 76er Mercedes 450 SEL sitzt man nur vorne bestens und wäre hinten obdachlos, weil der zum Pick-up umgebaute W116 in Richtung Heck eine luftige Freifläche anstelle einer komfortablen Sitzgelegenheit zu bieten hat.

Meisterstück: Mercedes-Benz 450 SEL Pick-Up-Umbau

Kai Uwe Kessler, von Beruf Kfz-Meister, ist ein begeisterter Autoenthusiast. In seinem arbeitsreichen Leben hat er schon viele Fahrzeuge wieder flott gemacht. Auch im Privatleben lässt ihn das Auto nicht los. Es ist das Thema seines Lebens, das in Gestalt des Mercedes 450 SEL Pick-Ups geradezu lasterhafte Züge angenommen hat.

Wie kam der Kfz-Meister eigentlich dazu, eine W116-Limousine zum Pick-up umzubauen? Der Man in Benz erzählt: „Ich habe einen ähnlichen Umbau Anfang der 80er Jahre gesehen. Die Idee fand ich toll, doch schien mir die Linienführung nicht ganz stimmig zu sein. Aber die Inspiration war da. Und das Kopfkino ging los. Wie würde ich das machen? Schon bald hielt ich Ausschau nach einem Mercedes der Baureihe W116, um mich selbst an einem Pick-up-Umbau zu versuchen.“ Nur einige Zeit später, im Jahr 1984, schlug dann schon die Geburtsstunde seines eigenen W116-Pick-Up-Projekts. Damals konnte der Kfz-Meister einen Mercedes-Benz 450 SEL mit Motorschaden günstig erstehen.

Zuerst ging der Autoreparatur-Fachmann die Instandsetzung des 217 PS starken 4,5-Liter-V8-Aggregats an. In den Folgejahren fanden immer mal wieder diverse Arbeiten im Motorraum statt. So wurde beispielsweise die Kraftübertragung von 3-Stufen-Automatik auf manuelle Viergang-Schaltung umgerüstet. Ferner präsentierten sich der Motorblock und einige andere Teile bald blau lackiert. Um den Motorraum ein bisschen glanzvoller aussehen zu lassen, wurden darüber hinaus etliche Parts verchromt. Zu den besonderen Blickfängen an diesem Ort zählt der aus Plexiglas bestehende, transparente Luftfilterkasten. Nachdem der V8-Motor des Mercedes 450 SEL wieder achtbar lief, machte sich der heute 57-Jährige an der Substanz des Sterns zu schaffen. Zunächst wurde der Rahmen des Wagens restauriert.

In den letzten Jahren hat man ja schön häufiger private Pick-up-Umbauten aller möglichen Fabrikate gesehen. Die Ergebnisse sind mal mehr, mal weniger gelungen. Denn unter den radikalen Einschnitten ins Blech leidet häufig die Harmonie der Linienführung. Ein weiterer heikler Punkt bei einem Pick-up-Projekt ist die strukturelle Solidität des umgebauten Wagens. Mangels ausreichender Verwindungssteifheit können bei einem zum Pick-up umgebauten Wagen hängende Türen und in Kurvenfahrten zu vernehmende kranke Knarzgeräusche nerven. Irgendwann zeigen sich dann auch unschöne Risse im Lack.

Kai Uwe wollte mögliche Kollateralschäden infolge der halbseitigen Amputation des Daches mittels Verstärkung des Chassis vermeiden. Auch sollte es später, wenn sein Werk vollendet war, kein Mecker oder gar die rote Karte vom TÜV bei der Abnahme geben. Darum ging er alle eisernen Arbeiten gründlich und generalstabsmäßig an – so kam etwa der Eigenbau-Tank selbstverständlich nur nach zertifizierter Druckprüfung zum Einbau. Zudem band der MIB den örtlichen TÜV in alle Phasen des Umbauprojekts mit ein und ging die geplanten Modifikationen am Mercedes 450 SEL Punkt für Punkt mit den „amtlichen“ Sachverständigen durch.

Wo vor dem heftigen Einschnitt im Dasein des Mercedes-Benz 450 SEL ein Aufenthaltsort für Vorstände und Geschäftsführer war, erstreckt sich jetzt eine luftige, von roten Holzplanken flankierte Ladefläche, bereit zum Transport für alle möglichen Dinge – nur nicht mehr für Menschen. Zu Demonstrationszwecken der Lasterhaftigkeit des W116 hat Kai Uwe Heuballen geladen. Keine Frage: Bei diesem Anblick kommt vor allem bei Mercedes liebenden Landwirten Freude auf.

Der Pick-up an sich hat bei Mercedes-Benz zuletzt keine Begeisterung entfachen können. Der jüngste Ausflug des Erfinders des Automobils ins Pick-up-Gefilde mit der X-Klasse war keiner, an den man in Stuttgart gerne zurückdenkt. Die Verkaufszahlen der X-Klasse waren so deprimierend niedrig, dass bei den Gedanken an die Pick-up-Form im Vertrieb von Mercedes-Benz vornehmlich Traurigkeit aufkommt.

Für die Masse ist ein Mercedes Pick-up offensichtlich nicht gemacht, aber in der Nische lässt sich damit prima existieren, weiß Kfz-Meister Kessler aus eigener Erfahrung zu berichten. „Wo mein 450 SEL Pick-up auftaucht, ist das Interesse bei allen Umstehenden, die Autos mögen, sofort geweckt.!“ Der hohe Aufmerksamkeitswert erklärt sich in der Tat fast von selbst, da diese S-Klasse alles außer gewöhnlich ist.

Zu den weiteren Dingen, die diesen Stern verändert haben, gehörten noch eine Tieferlegung um 30 mm vo /hi und dreiteilige BBS-Felgen in 7,5 x 16, die mit 225/50er Pneus gummiert sind.

Im Innenraum lassen sich ein Silberpfeil-Lenkrad, ein Schaltknauf aus Zebrano-Holz und eine Mittelkonsolenholzvertäfelung ohne Aussparungen blicken.

Bildergalerie: 76er Mercedes-Benz 450 SEL W116 Pick-up-Umbau 25 Bilder Fotostrecke | 1979er Mercedes-Benz 450 SEL Pick-Up: #01 #02


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