Ein Traum stirbt nie: Mercedes S-Klasse for ever

Eine Familie bewahrt das Erbe eines 79er Mercedes 280 S W116

Ein Traum stirbt nie: Mercedes S-Klasse for ever: Eine Familie bewahrt das Erbe eines 79er Mercedes 280 S W116
Erstellt am 16. Dezember 2010

Holger Heinrichs Traum vom Mercedes 280 S war intensiv aber kurz. Der Steuerberater fuhr seit 31 Jahren Mercedes Fahrzeuge. Anno 2007 legte er sich den 280 S zu. Knapp zwei Jahre genoss er die Zeit mit der viertürigen Oberklassen-Limousine, deren Originalität und guter Gesamtzustand ihn stolz machte und begeisterte. Doch dann ereilte den 54-Jährigen ein früher Tod. Seine Frau Margarete und seine beiden Söhne halten seitdem das Fahrzeug, das der Ehemann und Vater so sehr liebte, in Ehren.

Familienerbe Mercedes-Benz

Der 79er Mercedes 280 S ist ein Familienerbe und darf - mit Blick auf das Kolorit der Karosserie – als das Familiensilber der Heinrichs' bezeichnet werden. So etwas bewahrt man und gibt es nicht einfach weg. Für Margarete Heinrichs steht denn auch felsenfest, dass der W116 ihres im November 2009 verstorbenen Mannes nicht verkauft werden soll. Ihre beiden Söhne denken genauso. Es mag pathetisch klingen - aber so lange der Mercedes in der Garage steht, so lange scheint es der Familie, als würde Holger Heinrichs noch bei Ihnen sein. Die Gegenwärtigkeit des Wagens ermöglicht den Hinterbliebenen das Gedenkens und spendet zugleich Trost.

Denkmal Mercedes-Benz 280 S

Mit dem Mercedes 280 S sind Erinnerungen verbunden. Es sind durchweg schöne Gedanken von Glück. Harmonie. Zufriedenheit. Die Erinnerungen, wie schön es früher war, machen die Zeit, als die Familie noch ein vierköpfige gewesen ist, noch einmal erlebbar. Das Band der Sympathie, das die gefühlte Verbindung zum verstorbenen Vater und Ehemann aufrecht erhält, ist übrigens nicht nur mit dem W116, sondern noch mit einem zweiten Mercedes verknüpft. Fast 30 Jahre lang war nämlich ein Mercedes 200 D W123 der alltägliche Weggefährte von Holger Heinrichs. Am Ende hatte das treue Automobil knappe 400.000 Kilometer auf dem Tachometer. Auch von diesem Mercedes will sich Margarete Heinrichs nicht trennen.

Als Besitzer eines Mercedes Klassikers im Originalzustand trug Holger Heinrichs zu Lebzeiten eine sehnliches Anliegen in seinem Herzen. Wie schön wäre es doch, wenn ein Fachmagazin einen Bericht über seinen W116 erstellen würde. Nun wird sein Wunsch posthum Wirklichkeit. Die Würdigung für das Fahrzeug mag in gewisser Hinsicht zu spät kommen - aber sie erfolgt nicht zu unrecht. Der 79er Mercedes 280 S gehört zu den Prachtstück seiner Art. 122.848 Exemplare sind zwischen 1972 und 1979 von dieser Oberklassenlimousine mit Mercedes-Stern gebaut worden. Aber nicht viele präsentieren sich in diesem unverbastelten, vorzeigbaren Zustand.

Ist der W116 die schönste Mercedes S-Klasse?

Als bei Mercedes im September 1972 eine völlig neu entwickelte Fahrzeuggeneration der Oberklasse debütierte, wurde auch der Begriff der Mercedes-Benz-S-Klasse aus der Taufe gehoben. Vielen Mercedes-Enthusaisten auf der ganzen Welt gilt die Baureihe mit der internen Bezeichnung W116 als die schönste S-Klasse aller Zeiten. Auch Holger Heinrichs hat so empfunden. Für ihn war die viertürige Limousine mit den charakteristisch wie ästhetisch besonders markant gelungenen doppelten Stoßstangen der Traumwagen schlechthin. So einen wollte er schon immer gerne besitzen.

Der Traum von der Mercedes Oberklasse wird wahr

Ehrlich gesagt, war es Holger Heinrichs egal, ob sein W116 Traum als 280 S, 280 SE und 350 SE oder 450er ins Rollen kam. Das eigentliche Problem, das Haupthindernis seinen Traum wahr werden zu lassen, war die Zeit. Als vielbeschäftigter Steuerberater und Familienvater hatte er zu wenig davon. Und so wurde das Projekt immer wieder vertagt. Doch dann half - wie so oft im Leben - der Zufall nach.

Unbezahlte Rechnungen. Außenstände. Zahlungsrückstand: Gläubiger zu sein, macht keinen froh. Holger Heinrichs auch nicht. Er hatte sich mit einem Mieter zu plagen, der ihm für ein Objekt schon lange die monatlichen Zahlungen schuldig geblieben war. Irgendwann wird's selbst dem Gutmütigsten zu bunt und es war Schluss mit Zahlungsaufschub. Eine Lösung musste her, um das Soll auszugleichen. Geld hatte der säumige Mieter keines. Stattdessen bot er ein anderes Zahlungsmittel an: den Mercedes 280 S Baujahr 1979. Raus aus den Schulden - weg mit dem Mercedes?

Mercedes 280 S als Zahlungsmittel

Holger Heinrichs wusste in dem Moment gar nicht, wie ihm geschah: Kneif mich mal: Hatte das Schicksal hier seine Hände im Spiel? Schütte Fortuna soeben das Füllhorn über ihn aus? Einen W116 - den wollte er doch schon immer haben. Und nun bietet ihm jemand dieses Auto zwecks Schuldentilgung an? Sollte er dieses Angebot akzeptieren? Der Mercedes-Fan musste eigentlich nicht lange überlegen. Ein Benz als Zahlungsmittel? Warum eigentlich nicht, da gibt s wahrlich schlechtere Geldanlagen! Übrigens: Der W116, den sich Holger Heinrichs einhandelte, gehörte - wenn so sagen will - zu den harten und stabilen Währungen. Substantiell betrachtet befand sich die Limousine im Großen und Ganzen nämlich in einem guten Zustand. Und also wechselte der Mercedes 280 S im Dezember 2007 seinen Besitzer.

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Für Holger Heinrichs war der neue Mercedes, der in der Garage neben den bereits erwähnten 200 D Einzug hielt, keine unbekannte Größe. Natürlich wusste er schon alles über diese Baureihe, die bei ihrer Premiere 1972 das Referenzmaß für den Bau von Oberklassen Personenwagen darstellte. Als Familienvater gefielen ihm die sicherheitsrelevanten Konstruktionsdetails der S-Klasse-Limousinen ganz besonders gut.

Mercedes S Klasse: schon immer auf der sicheren Seite

Bei der Baureihe W116 befindet sich der Kraftstofftank nicht mehr im Wagenheck. Er ist kollisionsgeschützt über der Hinterachse eingebaut. Im Innenraum sorgen das stark gepolsterte Armaturenbrett, deformierbare oder versenkt angeordnete Schalter und Hebel sowie ein Vierspeichen-Sicherheitslenkrad mit Pralltopf und breiter Polsterplatte für größtmöglichen Aufprallschutz. Wichtigste Verbesserung im Vergleich zur Vorgänger-Baureihe ist die noch stabilere Sicherheits-Fahrgastzelle mit versteifter Dachrahmen-Struktur, hochfesten Dachpfosten und Türsäulen sowie verstärkten Türen.

Die Energieabsorption der vorderen und hinteren Knautschzone ist bei den MB Fahrzeugen der 116er Baureihe durch die kontrollierte Deformationsfähigkeit von Vorbau und Heckbereich deutlich erhöht worden. Darüber hinaus garantieren spezielle Windleitprofile an den A-Säulen, die bei Regen als Schmutzwasserrinnen dienen und die Seitenscheiben auch bei ungünstiger Witterung sauber halten, für gute Sichtverhältnisse. Weitere sicherheitsrelevante Details sind die weit herumgezogenen, auch seitlich gut sichtbaren Blinker sowie großflächige Heckleuchten, die dank ihres gerippten Oberflächenprofils weitgehend unempfindlich gegen Verschmutzung sind.

Souverän und stattlich: Mercedes 280 S

Technische Innovation hin, Sicherheitsausstattung her - das Erscheinungsbild dieser ersten offiziell so genannten Mercedes S-Klasse fand Holger Heinrichs am allerbesten. Souverän, stattlich und repräsentativ wirkt die 1660 kg schwere Limosuine, deren Styling auf 4,96 m Gesamtlänge jedwede Schwerfälligkeit vermissen lässt. Keine Frage: Der 79er Mercedes 280 S passte zu Holger Heinrichs wie ein guter Anzug - zumal der piekfeine Appeal des silbernen Sterns nichts an Ausstrahlungskraft eingebüßt hatte.

Rost und Gilb? Fehlanzeige. Türgummis die sich einen Durchhänger erlauben? Denkste! Erblindete Scheinwerfer oder verkratzte Gläser? Weder noch. Lediglich an einer einzigen Stelle erlaubte sich der Mercedes einen schwachen Moment. Der Gepäckdeckel war frad und bedurfte einer grundsätzlichen Erneuerung durch ein Austauschteil. Neu im 280 S ist ferner eine nachgerüstete Zentralverriegelung. Sie ergänzte bereits im Jahr 2008 das Setup. Beim Einbau dieses Teil wie auch der Kofferraumklappe half Holgers Freund Günther Laschka. Des Weiteren plante Holger Heinrichs nachträglich die Original Klimaanlage zu installieren. Sie lag bereits zum Einbau im Keller bereit - doch die Gelegenheit dazu sollte ihm nicht mehr vergönnt sein.

Der Mercedes-Motor läuft

Manchen Fahrern von Autoklassikern ist die Motorisierung und ein bestimmtes Aggregat für ihren favorisierten Wagentyp wichtig. Für Holger Heinrichs war die Frage nach dem Triebwerk eher von zweitrangiger Bedeutung. Indes hatte er bei seinem "Zufallsfund" ja auch nicht die große Wahl. Der Mercedes, dem man ihm antrug, hatte den 2746-ccm-Reihensechser halt drin – und damit war's gut. Mit seinen 156 PS ist der 280 S, welcher, nachdem er 1979 das Werk verlassen hatte, nur etwas mehr als 120.000 Kilometer gelaufen ist, gewiss nicht übermotorisiert. Aber besonders eilig hatte es Holger Heinrichs sowieso nicht. Sohn Thomas, der heute von Zeit zu Zeit die Bewegungsfahrten mit dem Mercedes unternimmt, reichen die Fahrleistungen dieses Motors auch: "Der 280 S geht bis 190 km/h gut. Mehr Tempo muss für mich nicht sein!"

Wie bereits gesagt: Viel Handlungsbedarf steckte nicht in dem Mercedes 280 S nicht drin. Der Vorbesitzer hatte das Auto aufmerksam gepflegt und die Wartungsintervalle beim Mercedes-Benz Servicepartner penibel eingehalten. In den Händen von Holger Heinrichs sollte der gute Allgemeinzustand des Mercedes bewahrt bleiben. Wenn der W116 in Ehren gehalten werden wollte, dann war er bei dem Mercedes-Enthusiasten an der richtigen Adresse angekommen. Sichtbares Zeichen von Holger Heinrichs' Hingabe zum Mercedes ist das H-Kennzeichen: ME (Mercedes) - BZ (Benz)) 116 (Baureihe). Auf einem Nummernschild kann man in Deutschland seine Liebe zum Mercedes kaum trefflicher zum Ausdruck bringen!

Aus Liebe zum W116

Für seinen Mercedes 280 S hätte Holger Heinrichs - so berichten Familie und Bekannte - wohl alles getan. Freilich war es gar nicht nötig, bei dieser Limousine bis zum Äußeren zu gehen und etwa eine umfassende Restaurierung zu veranlassen. Gleichwohl widmete sich Holger Heinrichs mit Akribie der Brauchtums- und Bestandspflege. Zusammen mit seinem Freund André Free, dessen [http://www.mercedes-fans.de/autoderwoche/autoderwoche_artikel/id=1175/start=0]eigener W123 [/inturl] bereits als Auto der Woche in Mercedes-Fans.de

vorgestellt worden ist, besuchte er MB Oldtimer Treffen und wartete seinen Wagen. Es versteht sich fast von selbst, dass der 280 S nur mit Handwäsche gereinigt wurde. Wenn eine der wenigen Ausfahrten mit W116 mal feucht endete, dann war dem Mercedes nach der Heimkehr eine sofortige, gründliche Abreibung - auch am Unterboden - mit dem flauschigen Lappen sicher.

Steuerparadies Mercedes 280

Wenn sich Holger Heinrichs hinter das Lenkrad seines Mercedes 280 S begab, dann wähnte er sich in einem Steuerparadies. So gesehen konnte der Steuerberater kaum zufriedener sein. Sein Autotraum ist wirklich wahr geworden. Er war im Glück angekommen – aber der Aufenthalt war nur von kurzer Dauer. Man vergleicht manchmal die Lebensspanne, die uns Menschen vergönnt ist, mit einer Reise. Die von Holger Heinrichs würde bald enden – so lautete die grausame Nachricht, die er völlig unerwartet vernehmen musste. Sein Schicksal war unausweichlich.



Holger Heinrichs hat gerne gelebt und ist mit Hingabe für seine Familie, für Freunde und - das darf man mit aller gebotenen Ernsthaftigkeit sagen - für sein Hobby da gewesen. Der W116 ist nun Teil seiner Hinterlassenschaft, welche die Söhne Thomas und Martin nach Möglichkeit für immer und ewig in Ehren halten wollen. Denn, wie Margarete Heinrichs sagt: "Der Mercedes 280 S war der große Lebenstraum meines Mannes. Für uns alle ist es tröstlich zu wissen, dass sein Traum weiterleben wird."

Mercedes-Fans Facts:

Modell:

280S (W116)

Baujahr:

1979

Motor:

Reihensechszylinder, 2746 ccm, zwei obenliegende Nockenwellen, Doppelregistervergaser Solex 4A1

Leistung:

156 PS bei 5500 U/min

Getriebe:

Automatik

Lenkung:

Kugelumlauf, Servo unterstützt

Bremse:

hydraul., 4 Scheiben
2-Kreis-System, Bremskraftverstärker

Karosserie:

Viertürige Limousine

Abmessungen
L x B x H:

4960 x 1870 x 1425 mm

Radstand; Spur v/h:

2865 mm, 1521/1505 mm

Reifen:

195/70

Leergewicht in kg:

1660

Tankinhalt:

96 Liter

Höchstgeschwindigkeit:

190 km/h

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1 Kommentar

  • Gentleman67

    Gentleman67

    Eine tolle Geschichte. Diesen Wagen sollte man ehren und lieben. Bitte nie verkaufen!

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