Mercedes-Benz Baureihen: „Ponton S-Klasse“ Typ 220 (W180, 1954-'59)

Der große Bruder des eigentlichen Ponton-Mercedes

Mercedes-Benz Baureihen: „Ponton S-Klasse“ Typ 220  (W180, 1954-'59): Der große Bruder des eigentlichen Ponton-Mercedes
Erstellt am 12. November 2012

Die zweite Generation, die als S-Klasse bezeichnet werden darf, bekam im Volksmund erst einmal einen griffigen Rufnamen verpasst: Ponton-Mercedes. Im März 1954 stellt Daimler-Benz den neuen Typ 220 mit einer ausgesprochen modernen Gesamtkonzeption vor. Das Sechszylindermodell, intern Typ 220 a oder W 180 genannt, bietet nun ebenfalls einen selbst tragenden Aufbau in Pontonform, der mit der Rahmenbodenanlage fest verschweißt ist. Auch stilistisch ist die enge Verwandtschaft zum Typ 180 nicht zu übersehen, wobei dem Typ 220 a aufgrund anderer Proportionen eine gewisse Eleganz nicht abzusprechen ist.

Die Vorderradaufhängung und das Fahrschemel-Konzept sind vom Typ 180 übernommen; die Hinterradaufhängung ist dagegen eine völlige Neukonstruktion. Erstmals kommt in einem Mercedes-Benz Serien-Pkw die für den Formel-Rennwagen W 196 entwickelte Eingelenkpendelachse mit tief liegendem Drehpunkt zum Einsatz. Durch die vergrößerten Pendellängen werden kleinere Spur- und Sturzänderungen beim Einfedern und damit verbesserte Fahreigenschaften ermöglicht.

Der Sechszylindermotor des Typ 220 a stammt vom Vorgängermodell der Baureihe W 187, ist aber in einigen Punkten modifiziert: Eine Erhöhung der Verdichtung sowie die Verwendung einer schärferen Nockenwelle und eines größeren Vergasers resultieren in einer Leistungssteigerung auf 85 PS (63 kW).

Deutlich verbessert ist die Bremsanlage: Der Typ 220 a erhält verrippte Bremstrommeln mit „Turbokühlung“ an allen vier Rädern; für ausreichende Kühlluftzufuhr sorgen Lüftungsschlitze in den Felgen und den Radzierblenden. Ab September 1955 wird serienmäßig ein Bremskraftverstärker eingebaut.

Im September 1955 werden die Cabriolet-Varianten A und C vorgestellt, die ein knappes Jahr danach in Produktion gehen. Der Typ 220 a hat allerdings einen um 170 Millimeter größeren Radstand, von dem 70 Millimeter dem Fußraum im Fond zugute kommen. Die verbleibenden 100 Millimeter gehen auf das Konto eines längeren Vorbaus, der aufgrund des Sechszylindermotors erforderlich ist. Die Motorhaube ist auf beiden Seiten der Kühlermaske bis fast zur Stoßstange heruntergezogen, und die Frischluft-Einlassöffnungen befinden sich hinter den serienmäßig montierten Nebelscheinwerfern. Die vorderen Blinker sitzen, anders als beim kleinen Bruder, in lang gezogenen verchromten Gehäusen, die ganz vorn oben auf die Kotflügel montiert sind.

Im März 1956, zwei Jahre nach der Präsentation des Typ 220 a, werden der Öffentlichkeit die Typen 219 und 220 S vorgestellt, die gemeinsam die Nachfolge des ersten Sechszylindermodells mit Pontonkarosserie antreten. Dabei gilt der Typ 220 S als direkter Nachfolger, was auch in der internen Bezeichnung W 180 II zum Ausdruck kommt. Er basiert weitgehend auf seinem Vorgängermodell, die Motorleistung kann jedoch durch Verwendung von zwei Register-Vergasern auf 100 PS (74 kW) erhöht werden.

Auf dem Fahrschemel ist der Motor nicht mehr nur vorn, sondern an zwei zusätzlichen Auflagepunkten auch hinten gelagert. Äußerlich ist der Typ 220 S nur an einer zusätzlichen Zierleiste von seinem Vorgänger zu unterscheiden: Die Sicke an den vorderen Kotflügeln und Türen ist auf beiden Seiten mit einem dünnen Chromstreifen versehen. Die Produktion der Cabriolet-Varianten A und C beginnt im Juli 1956, das Coupé folgt im Oktober 1956.

Fer Typ 220 S gilt als direkter Nachfolger (interne Bezeichnung W 180 II)

Das zweite Sechszylindermodell, das zusammen mit dem 220 S präsentiert wird, trägt die ungewohnte und wenig prestigeträchtige Typenbezeichnung 219. Der intern W 105 genannte Typ ist gewissermaßen durch Kombination der Typen 190 und 220 a entstanden und soll als einfacher ausgestattetes und deutlich preisgünstigeres Sechszylindermodell neue Kunden gewinnen. Der Motor ist unverändert vom Typ 220 a übernommen, das Fahrwerk, die Karosserie ab der A-Säule und die Ausstattung stammen hingegen vom Typ 190. Der Sechszylindermotor bedingt einen längeren Vorderwagen, der wiederum dem Typ 220 a entspricht. Dementsprechend sind Radstand und Gesamtlänge des Typ 219 kleiner als beim Typ 220 S, aber größer als beim Typ 190.

Zahlreiche Verbesserungen

Unter dem Motto „Noch wertvoller, aber nicht teurer“ präsentieren sich im August 1957 fast alle Pkw-Modelle mit mehr oder weniger deutlichen Verbesserungen. Beide Sechszylinder-Pontontypen erhalten leistungsgesteigerte Motoren, deren Leistungszuwachs – 5 PS (3,7 kW) beim 219 und 6 PS (4,4 kW) beim 220 S – durch Anhebung der Verdichtung auf 8,7:1 erzielt worden ist. Modifiziert sind außerdem die Innenausstattung sowie die vorderen Stoßstangen, die nun eine geänderte Kennzeichenblende und zusätzliche seitliche Halterungen haben.

Beim Typ 220 S werden auch die hinteren Stoßstangen mit solchen zusätzlichen Halterungen versehen und die vorderen Hörner durch die von den Coupés und Cabriolets bekannte größere Ausführung ersetzt. Darüber hinaus ist, analog zu den Vierzylindermodellen, die Kennzeichenbeleuchtung in die hinteren Stoßstangenhörner verlegt, so dass einer Montage der seinerzeit eingeführten breiteren Kennzeichenschilder nichts mehr im Wege steht.

Die beachtlichste Neuigkeit ist aber die Einführung der hydraulisch-automatischen Kupplung „Hydrak“, mit der beide Modelle auf Wunsch ausgerüstet werden können. Im „Hydrak“ sind eine hydraulische Kupplung zum Anfahren, eine konventionelle Einscheiben-Trockenkupplung zum Ein- und Ausrücken beim Gangwechsel sowie ein Freilauf zur Überbrückung der hydraulischen Kupplung miteinander kombiniert.

Die intern W 128 genannte Baureihe entspricht weitestgehend dem Typ 220 S

Im September 1958 wird das neue Sechszylindermodell vom Typ 220 SE präsentiert, das ab November zur Auslieferung kommt. Auch hier gibt es die Cabriolet-Varianten A und C sowie ein Coupé, sie debütieren im Oktober 1958. Die intern W 128 genannte Baureihe entspricht weitestgehend dem Typ 220 S, hat aber einen modifizierten Motor mit Benzineinspritzung. Bis auf die Gemischaufbereitung, die wie beim Typ 300 d über intermittierende Saugrohreinspritzung erfolgt, ist das 2,2-Liter-Aggregat mit dem bewährten Motor des Typ 220 S identisch, mobilisiert aber nun 115 PS (85 kW).

Beachtlich ist neben diesem Leistungszuwachs und den verbesserten Fahrleistungen bei niedrigerem Verbrauch allerdings auch der stattliche Mehrpreis von 1900 DM. Auf Wunsch kann außerdem der Kupplungsautomat „Hydrak“ eingebaut werden, der jedoch mit weiteren 450 DM zu Buche schlägt. Der deutliche Mehrpreis und der kurze Produktionszeitraum von nur zehn Monaten machen den Typ 220 SE mit 1974 gebauten Exemplaren zum exklusivsten Typ der Baureihe.

111.035 Sechszylinder-Modelle mit Pontonkarosserie in 5 Jahren

Im August 1959 werden drei völlig neu konstruierte Sechszylindermodelle der Baureihe W 111 vorgestellt, die die Nachfolge der Typen 219, 220 S und 220 SE antreten. In fünfeinhalbjähriger Produktionszeit entstehen insgesamt 111 035 Sechszylinder-Limousinen mit Pontonkarosserie. Rein technisch gesehen haben auch die Nachfolgemodelle, wie alle anderen seither gebauten Mercedes-Benz Limousinen, eine Karosserie in Pontonform. Dennoch bleibt der Begriff „Ponton-Mercedes“ im heutigen Sprachgebrauch ausschließlich der ursprünglichen Modellgeneration vorbehalten.

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