Bei der Entwicklung des neuen Actros, dessen Serienproduktion in diesem Monat im Mercedes-Benz Werk Wörth angelaufen ist, waren in erster Linie mehr Sicherheit, Effizienz und Vernetzung gefragt. Und hierzu bringt der neue Actros jede Menge Innovationen und neue sowie optimierte Assistenzsysteme mit, die sowohl für die Kunden als auch Fahrer von hohem Nutzen sind. Was das in der Praxis bedeutet, konnte Mercedes-Fans.de bei einer Fahrvorstellung in Barcelona testen.
Eine neue Ära: Das Multimedia-Cockpit des neuen Actros
Beim ersten Blick in die Kabine fallen sofort die beiden Displays und das aufgeräumte Cockpit auf. So sind viele Schalter und Tasten vom Armaturenbrett verschwunden, genauso wie das gewohnte Kombi-Instrument mit Tacho, Drehzahlmesser und Tankanzeige. Stattdessen informiert das hochauflösende Primär-Farbdisplay hinter dem Lenkrad den Fahrer klar und übersichtlich über alle relevanten Fahr- und Betriebszustände sowie über die Aktionen von Active Drive Assist, Predictive Powertrain Control und der anderen Assistenzsysteme des neuen Actros.
Beim zweiten Display handelt es sich um einen 10-Zoll-Touchscreen, über den sich die meisten Funktionen im Lkw komfortabel und intuitiv steuern lassen. Häufig benutzte Funktionen wie Licht, Heizung, Klima oder Telefonie sind im unteren Displaybereich durch Touch-Felder direkt anwählbar. Des Weiteren kann sich der Fahrer den aktuellen Fahrzeugzustand, wie beispielsweise Reifendruck oder Achslast, anzeigen lassen. Außerdem dient dieses Display zur Darstellung des neuen Navigationssystems und es lassen sich ausgewählte Apps des Mercedes-Benz Truck App Portals darüber bedienen. Dank breitgefächerter Vernetzung, innovativer Dienstleistungen und zahlreicher Anschlussmöglichkeiten mobiler Endgeräte bietet das neue Multimedia-Cockpit dem Fahrer zeitgemäße Arbeitsmöglichkeiten und mehr Lebenqualität in seiner Kabine.
55 Bilder Fotostrecke | Fahrvorstellung Actros - sicherer, effizienter und voll vernetzt: Starker Auftritt des neuen Actros bei der JXperience Barcelona Über noch mehr Funktionalität verfügt die optionale Multimedia-Cockpit-Erweiterung „interactive“ mit zwei Zoll größerem Diplay. Hier kann zwischen zwei Screendesigns, „Classic“ oder „Advanced“, gewählt werden, wobei die „Classic“-Darstellung dem standardmäßigen Multimedia-Cockpit gleicht. Im „Advanced“-Modus ist eine individuelle und variable Darstellung der Inhalte in drei Gruppen möglich. Außerdem beinhaltet die Erweiterung „Remote online & Remote Truck App“, worüber viele Fahrzeugfunktionen bequem via Smartphone gesteuert werden können.
Ebenfalls neu an Bord ist eine elektronische Feststellbremse mit Hold-Funktion, die beim Ausschalten des Motors automatisch aktiviert wird. Die integrierte Hold-Funktion wird im Stillstand durch gezielte Betätigung des Bremspedals aktiviert und löst sich wieder, sobald das Fahrpedal erneut betätigt wird. Zudem steht dem Fahrer ein neues Multifunktionslenkrad mit Touch Control Buttons zur Verfügung, über die per Wischen und Drücken die Fahrzeugsysteme bedient und Informationen abgerufen werden. Eine Ansteuerung der beiden Displays hierüber ist ebenfalls möglich.
Konventionelle Spiegel sind out: Der neue Actros fährt mit MirrorCams
Der neue Actros ist der erste serienmäßige Lkw, bei dem statt konventioneller Haupt- und Weitwinkelspiegel ein Kamerasystem eingesetzt wird. Die beiden aerodynamischen und beheizbaren Digitalkameras links und rechts am Dachrahmen, senden ihre Bilder an zwei schmale 15-Zoll-Monitore, die innen hochkant an den A-Säulen montiert sind. Der Sichtbereich lässt sich wie bei der herkömmlichen Spiegelverstellung verändern. Die persönlichen Einstellungen des Fahrers bei der ersten Justierung werden auf der Fahrerkarte gespeichert, und so stellt sich die MirrorCam beim nächsten Mal automatisch auf ihn ein. Die MirrorCam unterstützt den Fahrer auch mit mehreren Hilfsfunktionen. Mehrere eingeblendete Distanzlinien erleichtern ihm, den Abstand des rückwärtigen Verkehrs besser einzuschätzen. Eine zusätzliche, individuell einstellbare Linie kann z. B. dazu verwendet werden, das Trailerende anzuzeigen, wodurch Rangieren deutlich leichter wird. Außerdem liefert die MirrorCam eine spezielle Rangieransicht beim Rückwärtsfahren.
MirrorCam gegen Spiegel: In vielen Situationen liegt das Kamera-System eindeutig vorn
Bei einsetzender Dunkelheit wechselt das System in eine Art Nachtsicht-Modus, um den Fahrer nicht zu blenden und die Strahleneffekte der Scheinwerfer anderer Fahrzeuge zu reduzieren. Zudem liefert nachts eine Restlichtverstärkung ein helles Display-Bild. Aber auch tags bei direkter Sonneneinstrahlung von hinten verhindert das System die Blendung des Fahrers. Und wenn der Fahrer Pause macht oder schläft, kann er komfortabel per Schalter am Bett das System für jeweils zwei Minuten aktivieren und somit bei geschlossenen Vorhängen über die Displays das Fahrzeugumfeld kontrollieren. Weitere Vorteile der MirrorCam sollten sich während der Testfahrt zeigen, bei leichtem Regen ging es in Richtung Autobahn.
Die Kamera-Displays boten eine optimale Rückansicht entlang des Sattelzugs, wobei der untere Teil der Displays eine kleinere Fernübersicht, der obere Teil, der zwei Drittel des Displays einnimmt, den Nahbereich des Actros anzeigt. Bis zur Autobahnauffahrt war gut zu sehen, dass in Kurven oder im Kreisverkehr die kurveninnere MirrorCam mitschwenkte, und damit das Sattelzugende im Display stets voll im Blickfeld war – unter Sicherheitsaspekten ein deutlicher Pluspunkt für das Kamerasystem.
Der neue Active Drive Assist – teilautomatisiertes Fahren in allen Geschwindigkeitsbereichen
Der neue Active Drive Assist (ADA) orientiert sich über eine Kamera an den Fahrbahnmarkierungen und übernimmt unter bestimmten Bedingungen die Längs- und Querführung als auch die Lenkung des Lkw. Damit ermöglicht er dem Fahrer ein teilautomatisiertes Fahren in allen Geschwindigkeitsbereichen – eine Weltpremiere in einem Serien-Lkw.
Sobald wir auf der Autobahn fuhren, setzte der Fahrer, Roman Siwy vom Lkw-Versuch, die Maximalgeschwindigkeit auf 83 km/h und aktivierte den Active Drive Assist. Wenig später wechselten die im Primärdisplay in Grün stilisierten Fahrbahnmarkierungen samt Lenkradsymbol auf Blau. Damit signalisierte das System, dass die Bedingungen für teilautomatisiertes Fahren erfüllt sind und es aktiv arbeitet. Nun ließ Roman das Lenkrad los, und allein der ADA hielt den Actros durch Lenkbewegungen auf Geraden und in Kurven mit beeindruckender Präzision in seiner Spur.
Mehr Sicherheit und Entlastung des Fahrers
Aber auch wenn der Actros auf langsamere, vorausfahrende Fahrzeuge auflief, deren Geschwindigkeit und Abstand auch permanent im Display angezeigt wurden, bremste der Actros selbständig ab und beschleunigte auch wieder auf die eingestellte Maximalgeschwindigkeit, sobald sich der Abstand, den der Fahrer auch variabel einstellen kann, wieder vergrößerte.
Damit sorgt der neue Active Drive Assist für mehr Sicherheit des Fahrers und entlastet ihn zudem bei dichtem Verkehr und auf langen, monotonen Strecken. Dass trotz des perfekt funktionierenden ADA der Fahrer weiterhin die volle Verantwortung für das sichere Führen des Actros trägt, wurde bisweilen auch vom System durch ein Lenkradsymbol mit Händen am Steuer signalisiert – zuerst in Orange, dann in Rot, klare Aufforderung, die Lenkarbeit wieder manuell zu übernehmen.
Inzwischen schüttete es aus allen Wolken und dazu drehte ständig der Wind. Mit konventionellen Spiegeln wäre bei diesem Regen die Sicht nach hinten stark beeinträchtigt gewesen. Durch die Form und Position der MirrorCams blieb die Sicht uneingeschränkt klar. Selbst wenn sich einmal Regentropfen auf der Linse absetzten, waren sie auf dem Kameradisplay nur als kleine Flecken zu sehen, und dank Lotus-Beschichtung der Kameralinse auch schnell wieder verschwunden – ein weiterer Pluspunkt für die MirrorCam.
Bis zu fünf Prozent weniger Kraftstoffverbrauch durch verbesserte Aerodynamik und andere Maßnahmen
Im Vergleich zum Vorgänger verbraucht der neue Actros auf Autobahnen und Schnellstraßen bis zu drei Prozent weniger Kraftstoff, im Überlandverkehr sind es sogar bis zu fünf Prozent. Um dies zu erreichen, war ein ganzes Paket an Maßnahmen notwendig, darunter die verbesserte Aerodynamik durch die kompakte, stromlinienförmige MirrorCam, optimierte Dachspoiler und eine neue Hinterachsübersetzung, welche in Verbindung mit dem OM 471 die Motordrehzahl um knapp 5 Prozent absenkt.
Erweiterte Predictive Powertrain Control auch für Überlandfahrten
Doch die größte Verbrauchsreduzierung im Überlandverkehr wird durch erweiterte Funktionen der intelligenten Tempomat- und Getriebesteuerung Predictive Powertrain Control (PPC) erreicht. Die neue Generation nutzt neben einem satellitengestützten Ortungssystem präzise, digitale Straßenkarten, die Daten über die Topografie, den Kurvenverlauf, die geometrische Beschaffenheit von Kreuzungen und Kreisverkehren sowie Verkehrszeichen enthalten.
Damit optimiert jetzt das System eine kraftstoffsparende Fahrweise nicht nur bei Gefällen oder Steigungen, sondern auch auf kurvigen Überlandstrecken, auf denen der Einsatz des Tempomaten bislang nicht befriedigend war.
Auf den engen und kurvenreichen Strecken im katalanischen Hinterland konnte man auf dem Display die Aktionen der PPC jeder Zeit verfolgen. So wurden Kurven, obwohl noch nicht sichtbar, mit Kurvenrichtung, genauer Entfernung und der optimalen Kurvengeschwindigkeit angekündigt.
Der Actros regelte jedes Mal selbstständig und haargenau die angezeigte Kurvengeschwindigkeit, und Roman konnte sich voll auf das Lenken des Lkw konzentrieren. Damit ist die überarbeitete PPC eine ungemeine Entlastung für den Fahrer, wenn er auf unbekannten Straßen und besonders bei Dunkelheit und widrigen Wetterverhältnissen unterwegs ist.
Besserer Schutz für Fußgänger und Radfahrer: Optimierter Abbiege-Assistent nutzt Displays der MirrorCam
Bereits seit 2016 ist der Abbiege-Assistent erhältlich und er ist derzeit das einzige voll in die Fahrzeugarchitektur integrierte System seiner Art. Der Abbiege-Assistent kann das Risiko gefährlicher Unfälle auf der Beifahrerseite beim Abbiegen oder Spurwechsel nach rechts minimieren. Das Herzstück des Abbiege-Assistenten bilden zwei Nahbereichs-Radarsensoren am Rahmen auf der Beifahrerseite vor der Hinterachse des Lkw. Das System deckt die gesamte Länge des Lastzugs plus zwei Meter nach vorn und bis zu einen Meter nach hinten ab. Befindet sich ein bewegliches oder stehendes Objekt auf der rechten Seite des Fahrzeuges, erfolgt im im Kamera-Display auf der Beifahrerseite durch ein gelbes Dreieck eine optische Warnung. Bei Kollisionsgefahr blinkt das Dreieck rot, dazu ertönt ein Warnton. Mit der Einbindung der MirrorCam wurde das Warnsystem nochmals verbessert. Beim neuen Actros arbeiten MirrorCam und Abbiege-Assistent Hand in Hand und alle relevanten Hinweise werden komplett auf den Kameradisplays angezeigt.
Active Brake Assist 5: Die neue Generation des Notbremsassistenten
Neu an der aktuellen Version des Notbremsassistenten ist die Zusammenarbeit von Radar- und Kamerasystem, wodurch das weiterentwickelte System bis 50 km/h noch besser auf Personen reagiert. Die bewährten Eigenschaften des Vorgängers bleiben: Gleichgültig ob ein stehendes oder vorausfahrendes Fahrzeug oder Mensch, der Active Brake Assist 5 warnt den Fahrer in drei Stufen und unterstützt ihn im Bedarfsfall auch mit einer automatisierten Vollbremsung, wenn ein Auffahrunfall droht. Allerdings ist der Active Brake Assist 5 lediglich ein Assistenzsystem, und der Fahrer trägt weiterhin die volle Verantwortung für das sichere Führen des Lkw. Dies umfasst u. a. auch, dass der Fahrer im Verkehrsgeschehen zu jederzeit die volle Kontrolle über das Fahrzeug ausübt.
Neues Innenlichtkonzept für gesteigertes Wohlbefinden
Bei allen technischen Neuerungen und Verbesserungen, die der neue Actros in Sachen Sicherheit und Entlastung des Fahrers mitbringt, haben sich die Entwickler auch gezielt dem Wohlbefinden des Fahrers in der Kabine gewidmet. Hier bietet der neue Actros ein neues Innenlichtkonzept, das umfangreiche Ergebnisse der Lichtforschung berücksichtigt und praktisch in jeder Situation für eine optimale Beleuchtung des Fahrerhauses sorgt. Das neue Innenlicht ist in drei Ausführungen erhältlich: Die Standardausführung kann das Fahrerhaus komplett ausleuchten und bietet zwei Lesespots in Warm-weiß. Zur besseren Orientierung während der Fahrt gibt es ein dezentes blaues Nachtfahrlicht, das den Fahrer nicht so schnell ermüden lässt. Optional ist eine neue LED-Ambientebeleuchtung erhältlich, die im Innenraum für erhöhte Behaglichkeit sorgt. Auch ein zusätzliches Ambiente-Nachtfahrlicht, das den Fußraum und das Cockpit blau ausleuchtet kann geordert werden. Ein Wohnlicht in Amber sorgt schließlich für eine gemütliche Atmosphäre im Wohnbereich.
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