Die deutsche Regierung feiert sich für die Strompreisbremse, die die explodierenden Preise in Grenzen halten soll. Was in der heimischen Wohnung funktioniert, sieht an der Ladesäule ganz anders aus. Das Nachladen wird immer teuer.
Die Bundesregierung ist stolz auf die von ihr beschlossene Preisbremse. Stromkunden, die weniger als 30.000 Kilowattstunden Strom im Jahr verbrauchen, bezahlen für 80 Prozent ihres bisherigen Energiekonsums maximal 40 Cent pro Kilowattstunde. Auch auf die Frage, inwiefern die Fahrer von Elektromobilen von dieser Regelung profitieren, gibt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz eine eindeutige Antwort. „Die Entlastung aufgrund der Strompreisbremse ist für alle Letztverbraucherinnen und Letztverbraucher im Sinne des § 2 Nummer 12 StromPBG anwendbar. Somit haben grundsätzlich auch Betreiber öffentlich zugänglicher Ladesäulen Anspruch auf die Entlastungsbeträge, die die Strompreisbremse generiert.“ Das lässt eine wichtige Einschränkung außen vor, denn die Regelung besagt ebenfalls: Die Weitergabe dieses Entlastungsbetrags an die Kundinnen und Kunden von Ladesäulen liegt im Ermessen der Ladesäulenbetreiber.“ Das macht die Umsetzung komplex. Zum Beispiel müssten die Anträge auf die Strompreisbremse für ein gesamtes Unternehmen gestellt werden, was für einen großen Netzbetreiber wie EnBW offenbar einen immensen Aufwand bedeutet.
Die Strompreisbremse für Unternehmen
Dementsprechend fällt auch die Antwort des baden-württembergischen Unternehmens aus: Die Entscheidung der EnBW, die Strom- und Gaspreisbremsen nicht für sich in Anspruch zu nehmen, ist nach sorgfältiger Abwägung erfolgt. Denn die gesetzlichen Regelungen der Strom- und Gaspreisbremse enthalten für Unternehmen weitrechende Vorgaben und Grenzwerte und sind nicht mit der Strompreisbremse für Privathaushalte vergleichbar. Der administrative Aufwand für eine Inanspruchnahme der Strompreisbremse steht für die EnBW als Konzern in keinem Verhältnis zu einem eventuellen Nutzen.
Was kostet das Laden eigentlich?
So bleibt es dabei: die Kilowattstunde Nachladung kostet bei EnBW 0,61 Euro. Bei Ionity sind es an einer 350-KW-Ladestation für Kunden ohne Vertrag mit einem Mobility Service Provider bereits mehr als stattliche 0,79 Euro pro Kilowattstunde. Die neiden großen Ladensäulenbetreiber stehen mit ihrem Ansatz nicht allein da. Ob allerdings wie bei EnBW der große Aufwand den Ladebonus auffrisst oder eine andere Geschäftsidee der Hintergrund für diese Preispolitik ist, bleibt dahingestellt. Tatsache ist, dass sogenannte ad hoc Lader, also solche ohne Vertragsbindung beziehungsweise Abo-Modell in Deutschland, sehr tief in die Tasche greifen müssen, wenn sie das Akkupaket ihres Elektroautos befüllen wollen. Der Ladesäulencheck von 13 Anbietern der Datenanalysten von Statista im Auftrag des Hamburger Energieversorgungsunternehmens Lichtblick hat ergeben, dass spontane Stromtanker hierzulande im Durchschnitt 0,52 Euro / kWh bezahlen müssen.
Batterie-Autos im Vergleich zu Benzinern
Die Statista-Studie liefert weitere Zahlen. Eine Distanz von 100 Kilometern mit einem Elektroauto zurückgelegt, das einen Stromverbrauch von 20 kWh hat, kostet laut der Untersuchung durchschnittlich 10,42 Euro an einer Normalladesäule, an der Schnellladesäule sogar 12,51 Euro – an den Autobahnen laden viele jedoch an den bis zu 350 kW schnellen Hyperchargern und hier ist es oftmals noch teurer. Die großen Preisunterschiede fallen ins Auge: In Spitze liegen die Kosten für eine Schnellladung bei 15,80 Euro. Damit gehört die Vorstellung vom günstigen Stromern aktuell der Vergangenheit an. Vergleicht man ein Fahrzeug mit konventionellem Benzinmotor und einem Verbrauch von sechs Litern, werden gar nur 10,47 Euro fällig. Allerdings ist dieser Spritdurst angesichts der andauernden SUV-Welle etwas optimistisch, sodass Benziner und Stromer unterm Strich gleichauf liegen dürften.
Profiteure sind die Ladesäulenbetreiber
„Die hohen Strompreise an der Ladesäule bremsen die Verkehrswende. Derzeit profitieren nur die Ladesäulenbetreiber von der Strompreisbremse und dem Klimabonus. Die E-Autofahrer*innen gehen leer aus. Die Bundesregierung hat es versäumt, die Ladesäulenbetreiber zur Weitergabe der Zusatzerlöse zu verpflichten“, schiebt Lichtblick-Sprecher Ralph Kampwirth den schwarzen Peter nach Berlin. Die Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass die Preise an öffentlichen Ladesäulen bei konsequentem Anwenden der Strompreisbremse um rund 4 Cent und durch den Klimabonus noch einmal um bis zu 25 Cent pro Kilowattstunde sinken könnten. „Bei voller Weitergabe dieser Zusatzeinnahmen könnten die Betreiber die Ladestromtarife halbieren“, ist Ralph Kampwirth sicher.
Fehlt etwa der Wettbewerb?
Außerdem wird das Hamburger Energieversorgungsunternehmen nicht müde, den Monopolismus des Ladesäulenmarktes anzuprangern, der für sie ein Haupttreiber der Preisspirale ist. Demnach liegt die Zentrale Ursache für die hohen Ladekosten der Elektroautos am fehlenden Wettbewerb, da die Stromtankstellen einer Region oft mehrheitlich zu einem dominanten Netzbetreiber gehören. Dieses Phänomen lässt sich auch in großen Städten beobachten: In Hannover sind es 89 Prozent der Ladepunkte, in München 85 Prozent, in Hamburg 83 Prozent und in Berlin 70 Prozent. Hier könnten aber die Subventionen der Strompreisbremse helfen, den Status quo zu vertuschen, indem die Preise gegebenenfalls sinken und sich bei den Kunden ein „Alles-nicht-so-schlimm“-Gefühl einstellt.
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1 Kommentar
R129Fan
14. April 2023 19:21 (vor einem Jahr)
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