„In Deutschland hat der Mercedes-Stern das Hakenkreuz ersetzt.“ What? Das ist ein inhaltsschwerer Satz, mit dem der bekannte Philosoph Richard David Precht jetzt einen riesigen Wirbel ausgelöst hat. Mercedes sei fassungslos ob der Formulierung, berichten die Medien. Dabei ist die Aussage keine neue. Weil sie aber weitgehend unerläutert im Rahmen eines mit Top-Speakern und wichtigen Entscheidungsträgern veranstalteten Kongresses getätigt wurde, ist der Eklat da und die Aufregung allerorten groß.

Worum ging es in dem Talk in Hamburg mit Precht und Martin Lanz vor Publikum im Gastwerk Hamburg im Rahmen des 22. PAWLIK Congress (13-14. November)? Laut Bericht des Hamburger Abendblattes wäre es in dem Gespräch um die Frage gegangen, was angesichts der Herausforderungen der Zeit im Deutschen Reich und in Deutschland identitätsstiftend gewirkt habe bzw. wirke. Der Philosoph Precht macht als Antwort hierfür ein „Wohlstandsversprechen“ aus und sagte dann wortwörtlich: „In Deutschland hat der Mercedes-Stern das Hakenkreuz ersetzt.“ Bam! Hat er das wirklich gesagt? Er hat! Im Auditorium soll man ob dieser Äußerung von Richard David Precht überrascht und teilweise irritiert geschaut haben.

Bevor der Leser nun Schnappatmung bekommt:
1. Es stimmt schon: Der von David Precht vor wenigen Tagen im Talk mit Markus Lanz beim PAWLIK Congress (13.-14.11.23) im Gastwerk Altona in Hamburg gesagt hat, lautet tatsächlich: „In Deutschland hat der Mercedes-Stern das Hakenkreuz ersetzt.“
2. Isoliert von einem erläuterungsbedürftigen Zusammenhang ist diese Formulierung eine Aussage, die in der Tat irritiert oder auch fassungslos macht. Und so soll ja auch die Reaktion von Mercedes-Benz auf Nachfrage vom Hamburger Abendblatt aussehen. Von Seiten des Sterns wollte man sich aber nicht mehr näher zu dieser Prechtschen Wortmeldung äußern.
3. Die Hammer-Hakenkreuz-Aussage von Hamburg, hätte Precht wohl besser etwas näher erläutert, so wie er es in einem Interview mit der Augsburger Allgemeine im Jahr 2019 nämlich getan hat. Damals sagte er, ohne dass diese Äußerung übrigens eine Empörungswelle ausgelöst hätte: „Der Klimawandel bedeutet, dass wir nicht mehr so weiterwirtschaften können wie bisher. Und das rüttelt gerade in einem so erfolgreichen Land wie Deutschland an den Grundfesten. Wir haben irgendwann das christliche Kreuz durch das Hakenkreuz ersetzt und das Hakenkreuz durch den Mercedes-Stern. Und das, wofür der Mercedes-Stern jetzt steht, also sowohl die Automobil-Industrie wie die Vorstellung von mehr Konsum, mehr Mobilität, mehr Wohlstand und mehr Luxus, das prägt unser Selbstverständnis. Unser ideologisches Glaubensbekenntnis ist die Marktwirtschaft.“
Aha, so ist das also gemeint: Jede Zeit hat ihre Symbole, welche die Menschen mit Wohlergehen gleichsetzen. Der Mercedes-Stern steht als Symbol für wirtschaftliches Wohlergehen der deutschen Konsumnation seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Eine inhaltliche Übereinstimmung oder Parallelen mit den verbrecherischen Zielen des Nationalsozialismus und der barbarischen Hilter-Diktatur wollte Precht mit seinem Hakenkreuz-Mercedes-Stern-Satz in keiner Weise auch nur andeuten.

Und trotzdem: „Es gilt das gesprochene Wort“, lautet eine oft benutzte Routineformel auf den Manuskripten öffentlich vorgetragener Reden. Doch manchmal ist etwas gesagt, dass man bei genauem Bedenken genauer formuliert bzw. ausführlicher erläutert hätte. Und so verhält es sich wohl auch mit dem Hakenkreuz-Satz von dem bekannten, streitbaren, aber nicht unumstrittenen Philosophen Richard David Precht.

Übrigens: Der Veranstalter die Unternehmensberatung PAWLIK Group zeigte sich ob der Aussage Prechts überrascht: Gastgeber Joachim Pawlik wird im Hamburger Abendblatt wie folgt zitiert: „Ich habe als Veranstalter keinen Einfluss darauf, was auf der Bühne gesagt wird, es ist ein Live-Event.“
Dass Mercedes-Benz ob des Hakenkreuz-Mercedes-Stern-Satzes nicht nur fassungslos, sondern auch sonst „not amused“ sein dürfte, könnte daran liegen, dass der PAWLIK Congress der laut Selbstdarstellung „zu den bedeutendsten Vortragsveranstaltungen für Führungskräfte“ gehört, eine Veranstaltung ist, die - so berichtet es das Hamburger Abendblatt - von Mercedes-Benz unterstützt wird. Auutsch, das tut weh.

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