Die Frage nach der Zukunft der Mobilität ist ein vieldiskutiertes Thema, das in den letzten Monaten an niemanden vorrübergegangen sein dürfte. Sah es bis vor kurzem so aus, als sei das Ende des Verbrennungsmotors und die rein elektrische Zukunft ausgemachte Sache, keimt inzwischen wieder vorsichtige Hoffnung, nach 2035 und dann sogar in neu zugelassenen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor synthetische Kraftstoffe nutzen dürfen: Gestern verkündete die Politik, dass sog. efuels und synthetische Dieselkraftstoffe in die 10. Bundesimmissionsschutzverordnung aufgenommen werden, womit analog Europäischen Rechts ihr Verkauf auch an Endkunden legal ist.
Für synthetisches Benzin, das per Elektrolyse hergestellt wird (efuels) lag die Freigabe bereits vor, jedoch ist hier noch der Preis das größte Hindernis. Derzeit werden sie nur in Kleinmengen hergestellt, sodass der Literpreis bei ca. €5,-- liegt. Man darf davon ausgehen, dass durch eine Öffnung wichtiger Märkte wie z.B. Deutschland die Produktion steigt und die Preise fallen werden.
Anders sah es bisher mit synthetischem, biobasierten Diesel der Norm EN15940 aus. Da diese Kraftstoffe nicht der gängigen Diesel-Norm EN590 entsprachen, hat das Bundesumweltministerium ihren Verkauf aus teilweise abenteuerlichen Gründen nicht erlaubt, obwohl viele EU-Länder mit ihnen bisher hervorragende Erfahrungen gemacht und ihre CO2-Bilanzen drastisch reduziert haben. Klimaschutz scheint hier nicht die Triebfeder der Blockadehaltung in Deutschland zu sein. Nun scheint sich aber die Vernunft und der Wille der Autofahrer durchzusetzen.
Auch wenn Mitte Februar die EU-Kommission das Verbot der Neuzulassung von Verbrennungsmotoren ab 2035 beschlossen hat, fiel das Ergebnis mit 61 mehr Pro-Stimmen gegenüber den Gegnern des Verbotes denkbar knapp aus. Zudem müssen die einzelnen Mitgliedsländer dem Beschluss zustimmen, wozu die Repräsentanten von 65% der EU-Bürger mit “Ja“ zum Verbot stimmen müssen.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing hatte in seinen Bemühungen um Technologieoffenheit im Vorfeld mit einem „Nein“ zum Verbot gedroht. Die Befürchtung, dass Deutschland hier als Preis für die Aufnahme der Kraftstoffe in die 10.BImSchV nun für ein Verbot stimmen wird scheint sich zudem auch nicht zu bewahrheiten – es wird nach aktuellem Stand der Dinge auf eine Enthaltung Deutschlands hinauslaufen.
Italien hatte vor einigen Wochen zudem angekündigt, dem Verbot nicht zuzustimmen. Da aber „Ja“ Stimmen für das Verbot ausschlaggebend sind, könnten es bereits reichen, eine Sperrminorität zusammen mit Deutschlands Enthaltung zu bilden. Stimmen weitere Mitgliedsländer wie u.a. Polen ebenfalls mit „Nein“, oder enthalten sich, könnte das bisher als sicher geltende Verbot vom Tisch sein. Es bleibt spannend - aber uns bleibt der Verbrennungsmotor mit nun etwas größerer Wahrscheinlichkeit auch nach 2035 sogar in Neuwagen erhalten.
Hoffen wir, dass sich durch diese neue Situation nun auch unser Lieblingshersteller aus Stuttgart zu einer technologieoffenen Strategie bekennt, die bisher ausschließlich auf Elektrofahrzeuge setzt. Vielleicht kommt ihm das auch nach den neusten, desaströse Meldungen zum Absatz seiner EQ-Modelle in China ganz recht, deren überschaubaren Käufer im Reich der Mitte man selbst in Untertürkheim inzwischen namentlich kennen dürfte.
Apropos Stuttgart: Der Sprecher für individuelle Mobilität der FDP/DVP-Fraktion im Baden-Württembergischen Landtag und klarer Fürsprecher für alternative Kraftstoffe, Friedrich Haag, sagte heute zur bevorstehenden Verkaufsfreigabe und den Zukunftsaussichten synthetischer Kraftstoffe:
[…] „Es ist sehr gut, dass endlich Reinkraftstoffe aus Rest- und Abfallstoffen der Weg zum Tanken an öffentlichen Tankstellen geebnet wird. Wer Klimaschutz im Verkehrsbereich ernst nimmt, kommt auch an dieser Form synthetischer Kraftstoffe nicht vorbei. Wie sonst soll der PKW-Bestand klimaneutral werden? Und es geht auch darum, sinnvolle Perspektiven für die Zukunft zu erhalten. Deshalb braucht es den ergänzenden Einstieg in die E-Fuels-Produktion in industriellem Maßstab. Durch Energiepartnerschaften mit den Ländern, in denen der Wind braust und die Sonne brennt, können diese Kraftstoffe konkurrenzfähig und klimaneutral produziert werden.
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