Nicht immer verlaufen Karrieren wie geplant. Am Anfang des Universal-Motor-Geräts stand die eigentlich eher provinzielle Idee, nach dem Zweiten Weltkrieg ein vielseitig einsetzbares Gefährt für die deutsche Landwirtschaft zu entwickeln. Einen weltweiten Erfolg dieser einmaligen Konstruktion für den ländlichen Raum konnte sich vor 75 Jahren beim besten Willen niemand vorstellen. Aus dem eher sperrigen Namen wurde schnell der Unimog, der sich für seine Nutzer bald zu einem unverzichtbaren Begleiter und im Laufe der Zeit zu einer Art Familienmitglied entwickelte.
Die Geschichte des Alleskönners begann vor 75 Jahren, als der erste noch in Handarbeit gefertigte Serien-Unimog die Fertigung der Boehringer Werkzeugmaschinen GmbH in Göppingen verließ. Da lagen bereits 150 Bestellungen vor, die ein halbes Jahr zuvor beim ersten Auftritt des Fahrzeugs auf einer Landwirtschaftsmesse in Frankfurt eingesammelt worden waren
Hinter dem Unimog stand der ehemalige Chefkonstrukteur und technische Direktor bei Daimler-Benz, Albert Friedrich, der nach dem Zweiten Weltkrieg auf Anweisung der Alliierten seinen Arbeitsplatz räumen musste. Bereits 1945 überzeugte er die US-Militärverwaltung, ihm die Entwicklung eines Fahrzeugs für den landwirtschaftlichen Einsatz zu gestatten. Allerdings stellten die Amerikaner damals die Bedingung, dass der Unimog nicht für militärische Zwecke eingesetzt werden durfte. Der Mann wußte genau, was die Landwirte benötigten, hatte er doch seine Jungend auf dem Hof seiner Familie verbracht.
Diese Erfahrungen ließ er in das Konzept des Unimog einfließen und entwickelte am Ende ein mobiles Gerät, das in seiner Vielseitigkeit das berühmte Schweizer Offiziersmesser bei weitem übertrifft. Im Unimog-Prospekt sind allein 60 verschiedene Anwendungsgebiete genannt, und wahrscheinlich gibt es noch einige mehr. Dabei reichen die Einsatzgebiete vom Flächenmulchgerät über Feldspritze und Triomäher bis zum Pflanzlochbohrer
Für Arbeiten im Gleis lässt sich der Unimog zum Schienenfahrzeug umrüsten, und die optionale Wechsellenkung Vario Pilot ermöglicht den Wechsel vom Links- zum Rechtslenker. Die Spurweite von 1270 Millimetern orientierte sich anfangs an zwei Kartoffelreihen, und gleichzeitig besaß Friedrichs Entwicklung Allradantrieb mit Differenzialsperren, schraubengefederte Portalachsen für eine unerreicht hohe Bodenfreiheit und geschützte Antriebswellen in Schubrohren als Schutz gegen Beschädigungen im Einsatz sowie eine Ladefläche für eine Tonne Fracht. Dem universellen Charakter entsprachen außerdem eine Schleppvorrichtung am Heck, so dass der Unimog auch einen Pflug ziehen konnte und die Möglichkeit, mehrere landwirtschaftliche Geräte antreiben zu können. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei 50 km/h
Seit dem Produktionsstart vor 75 Jahren hat sich am Unimog-Prinzip nichts geändert, und übrigens entdeckte das Militär dann doch ziemlich schnell die universellen Einsatzmöglichkeiten des Alleskönners. Als Erste griffen bereits im September 1950 die Schweizer Militärs zu und sicherten sich eine kleine Unimog-Flotte. Denn dank des speziellen Fahrwerks mutiert der sperrige Unimog bei Bedarf zu einem Kletterkünstler, der kein Gelände fürchtet. Und das ganz ohne elektronische Unterstützung im Gelände. „Elektronischen Schnickschnack benötigen wir nicht im Gelände. Wir brauchen nur vier Dinge: Differenzialsperren, Allrad, Gas und Kupplung“, erklärt ein Unimog-Sprecher. Natürlich hilft auch die Kraftübertragung, bei der sechs der aktuellen acht Gänge vorwärts und rückwärts eingesetzt werden können. So kann sich der Unimog wie einst Baron Münchhausen mit eigener Kraft aus jeder kniffligen Situation befreien
„Wir haben die ursprünglichen Gene bis heute nicht verändert. Das brauchen wir auch nicht“, erklärt der Unimog-Sprecher im Jahr 2019. Seit Oktober 1950 gehört der Unimog zum Stern und wird inzwischen im Lkw-Werk Wörth produziert. Ein Ende ist nicht abzusehen – nur eins ist sicher. Einen elektrifizierten Unimog wird es in absehbarer Zeit nicht geben. (ampnet/ww)
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