Mercedes G Farewell-Trip Südafrika/Namibia

Weit und breit: Mit dem AMG 63 durch die Wüste

Mercedes G Farewell-Trip Südafrika/Namibia: Weit und breit: Mit dem AMG 63 durch die Wüste
Erstellt am 2. Juli 2019

5500 Kilometer durch Südafrika und Namibia, teilweise über staubige Pisten mit mörderischem Wellblech, durch tiefen, roten Sand und bei Temperaturen zwischen 14 und 40 Grad Celsius. Durch zwei tankstellenarme Wüsten, die Namib und die Kalahari. Dieter Losskarn verabschiedet sich artgerecht von seinem Lieblingsauto, dem legendären G. Und weil das alles im G 350 D zu einfach gewesen wäre, wählt er den G 63 AMG für die abenteuerliche Tour.

 

Objektiv über die G-Klasse zu schreiben, ist definitiv unmöglich. Sie gibt es schon so lange, dass wohl jeder einigermaβen Auto-Interessierte in den letzten 38 Jahren irgendwann einmal Kontakt mit ihr hatte. Vom Schah über den Papst, bis zum Russen-Mafia-Boss. Nicht zu vergessen Arnold und Bruce.
Ich erinnere mich noch ganz genau an meinen Erstkontakt. Es war das Jahr 1986. Ich hatte gerade das Glück gehabt einen der raren und äuβerst beliebten Redakteurs-Ausbildungsplätze bei der Motor-Presse in Stuttgart zu ergattern. Volontärsvater Ferdinand Simoneit war genauso gefürchtet wie respektiert. Kommentare wie ‚das einzig Brauchbare an ihrem Artikel war die Büroklammer, die das Manuskript zusammengehalten hat‘, zwangen selbst gestandene Manns- und Weibsbilder in die Knie und machten ihn ebenso zur Legende wie seine Zitate. Mir für immer unvergeβlich geblieben, ist seine Antwort auf die Frage einer vornehmen Verlagskauffrau während einer Veranstaltung: ‚Herr Simoneit, was ist denn eigentlich Journalismus?‘ Simoneit guckte als hätte er nur auf diese Frage gewartet, lehnte sich langsam im Sessel zurück, strich sich mit beiden Händen von oben nach unten über seine Brust und prägte mit seinen Worten mein weiteres Leben: ‚Whisky... Weiber....Sonnenschein‘.

Sehenswert: über 150 Fotos vom G63-Namibia-Trip!

147 Bilder Fotostrecke | Die schönsten Fotos vom G-Klasse-Namibia-Trip: Weit und breit: Mit dem AMG 63 durch die Wüste #01 #02 Aber ich greife voraus. 1986 war ich armer Volontär und mein Telefon klingelte. Im Hörer seine Stimme:‘Dieter, kommen sie‘. Jedes Wort, das ich in den letzten Wochen zu Papier gebracht hatte, ging mir in diesem Moment durch den Kopf. Ich machte mich auf den Weg vom Redaktions- ins Verlagshaus, wo er sein (repräsentatives) Büro hatte. Seine Sekretärin nickte mir aufmunternd zu und ich drückte beherzt die Klinke zu seiner Türe nach unten.
Er schaute kurz auf und legte dann einen Zündschlüssel sowie ein paar Papiere vor sich auf den Schreibtisch. ‚Dieter, bringen sie das Auto zurück. Ich mag das nicht‘. Gehört hatten wir Volontäre alle davon: Presseautos. Bekannte Journalisten bekamen Autos von den Herstellern für eine oder zwei Wochen zur Verfügung gestellt, um sich dann hoffentlich schriftlich darüber zu äuβern. Simoneits persönlichen Verlagsparkplatz zierten immer atemberaubende Chromjuwelen. Das musste eine von ihnen sein.

Die Reiseführer über Namibia und Südafrika aus der "grünen Dumont"-Reihe stammen von Dieter Losskarn selbst


Beim Runterfahren im Aufzug sah ich zunächst den Stern, guckte dann in die Papiere. Mein Gott im Himmel, ein nagelneuer Mercedes 280 GE Geländewagen. Und ich durfte ihn ein paar Kilometer fahren, zurück nach Untertürkheim. Ein paar Kilometer? Ich checkte nochmal die Papiere und sah, dass Simoneit das Auto noch weitere zwei Wochen fahren konnte. Ich weiss nicht wie, aber kurz darauf stand ich wieder in seinem Zimmer. ‚Herr Simoneit, sie haben den Mercedes noch zwei Wochen. Ich mag ihn‘. Ich bildete mir in diesem Moment ein, den Ansatz einer Regung in seinem Gesicht wahrzunehmen. ‚Dann bringen sie ihn in zwei Wochen zurück. Und geben sie die Benzinquittungen meiner Sekretärin, damit sie ihnen das Geld für den Sprit zurückgibt‘.


Zwei Wochen G, statt rostigem Fiat Panda. Ja, so begann sie, meine Liebe zum G. Und jetzt, 32 Jahre später, sitze ich an einem Pool am Rande des zweitgröβten Canyons der Welt, Whisky in der Hand, unter der Sonne Afrikas. Und vor der Lodge parkt ein nagelneuer, iridiumsilberner Mercedes G 63 AMG. Sie haben es bemerkt, ich bin tatsächlich Motor- und Reise-Journalist geworden.
Und nachdem nun 2018 ein neuer G auf der Bühne erschienen ist, hielt ich es für angebracht den ‚Alten‘ adequat zu verabschieden, mit einem 5500 Kilometer langen Fahrwell-Trip durch Südafrika (wo ich seit 1994 bei Kapstadt lebe) und Namibia. Und ja, natürlich wäre es sinnvoller gewesen diese abenteuerliche Reise in einem G 350 D zu bewältigen. Aber erheblich unspektakulärer. Und offensichtlich steckt auch im AMG ein G. Wo immer der wie ein leicht gereizter Löwe grollende V8 auftaucht, selbst im kleinsten, staubigen Wüstenkaff, erregt er Aufsehen. Die Menschen sind sichtlich verblüfft einen Nichtdiesel so weit im Abseits zu erblicken. Und jeder Tankwart greift zunächst automatische zur schwarzen Zapfpistole. Zögert dann, ‚No diesel, V8‘. Und die Gesichter hellen sich auf.

 

Nicht wirklich optimal: Niederquerschnitt-Reifen und Leichtmetallsportfelgen auf der Schotterpiste

 
Für die lange Anfahrt auf prima Teerstraβen von Kapstadt nach Norden waren die für bis zu 220km/h konzipierten Straβenreifen die optimale Wahl. Der älteste Wagen in der Mercedes-Modellreihe, der übrigens bereits seit 1998 nicht mehr offiziell Geländewagen genannt wird, tut das was er schon immer gerne tat. Er läuft nicht geradeaus und fühlt sich an wie ein Lkw. Aber so muss es sein. Im ballistischen G 63 AMG liegt die Reisegeschwindigkeit trotzdem bei 150 bis 160km/h, während die herrliche weite und breite Wüstenlandschaft unter den Rädern wegrollt. Eine fast meditative Erfahrung.

 


Ich liebe kleine Grenzübergänge. Ganz besonders den von Sendelingsdrif im Richtersveld. Durchgeschüttelt vom ersten heftigen Wellblech auf dem Trip erreichen wir die Grenzstation. Die Polizei-Chefin ist hin- und hergerissen vom G. Bittet darum einmal für ein Selfie hinter dem Lenkrad Platz nehmen zu können. Ihr Kollege sagt AMG bedeutet ‚All Money Gone‘ und wir haben alle viel Spass, bevor es auf die Mini-Fähre über den Orange River geht. Am anderen Ufer befahren wir namibischen Boden. Neben grandiosen Berg- und Wüstenlandschaften hat die ehemalige deutsche Kolonie Namibia einen weiteren groβen Vorteil.

Aufgrund der Vergangenheit gibt es fast überall nach dem deutschen Reinheitsgebot gebrautes Bier vom Fass. Eine Wohltat in der Wüste. Die besten sind Hansa, Tafel und Windhoek. Der andere Vorteil: Namibia ist doppelt so groβ wie Deutschland, hat aber nur knapp über 2 Millionen Einwohner, wovon sich 80% im tropischen Norden konzentrieren. Der Süden mit seinen zwei Wüsten, der Namib und der Kalahari, ist praktisch menschenleer.
Nach dem beeindruckenden Fish River Canyon geht es auf üblen Waschbrettpisten, die uns mal wieder, aufgrund der falschen Bereifung (siehe Kasten), zu Schrittgeschwindigkeiten zwingen (peinlich mit 585 PS), zu den riesigen, roten Sanddünen von Sossusvlei. Dort darf sich der AM-G dann mal wieder so richtig austoben. Im Sand und auf der Straβe sind die breiten Schlappen grandios.


Und als wir schon denken, dass es definitiv nicht mehr schlimmer werden kann, fahren wir nach einem Stopp an der einsamen Winztanke in Solitaire auf der C 14 weiter Richtung Swakopmund. Nicht ahnend, dass es unser längster Tag werden sollte. Selbst normalerweise relaxte Einheimische sind über den katastrophalen Zustand der Piste entsetzt. Zerfetzte Reifen und diverse abgefallene Anbauteile am Pistenrand verheiβen nichts Gutes. Mir kommt es fast so vor als würde der G kurz erschauern ob dieser gruseligen Aussichten. Am Ende brauchen wir 9 Stunden für 330 Kilometer. Und nur der Gedanke an ein frisch gezapftes Bier und eine Schweinshaxe im Strand-Hotel von Swakopmund hält uns aufrecht. Zwischen der Namibwüste, deren Sanddünen bis an den Stadtrand des ehemaligen deutschen Städtchens reichen, liegen oft 20 Grad Temperaturunterschied. Bei 18 bis 20 Grad Celsius passt die Haxe dann. In der Wüste wäre sie zu schwerkostig.


Nach Tagen der Ruhe und Weite schockt uns die erste Ampel in Swakopmund in die Zivisation zurück. Und es bleibt urban. Nach der nächsten Tagesetappe ist bereits Windhoek erreicht, die kleinste und beschaulichste Hauptstadt Afrikas.
Wir treffen die G-Besitzer des Old Wheelers Clubs, essen Riesenbratwürste bei Joe’s Beerhouse und übernachten in einer historischen, deutschen Burg auf dem Berg. Und dann geht es leider schon wieder zurück. Aber wie G-Fan Schwarzenegger einst so treffend bemerkte: ‚I‘ll be back‘. Beim nächsten Mal im neuen G - und mit den richtigen Reifen. 

 

Statistik
3 Wochen
5427 Kilometer
18,7 Liter Durchschnittsverbrauch
1 Liter Öl
1 Reifenpanne


Reifen-Tipps
Die Original Continental-Straβenbereifung auf den 21-Zoll-Rädern des G ist die denkbar ungünstigstes Vorraussetzung für die mörderischen Wellblechpisten Namibias. Eine sehr vorsichtige (nicht einfach bei 585 PS) Fahrweise führte zu nur einem Platten auf der gesamten Strecke. Da es keine Offroad-Bereifung für die 21 -Zoll-Räder gibt, müβte der G 63 AMG mit 20-Zoll-Rädern ausgestattet werden. Kleiner geht nicht, da der AMG-Bremssattel zu groβ ist. Für die 20-Zoll-Räder gibt es zwei hervorragende Allterrain-Reifen (275/55R20). Zum einen den Yokohama Geolander, zum anderen den Pirelli Scorpion ATR. Folgende Reifendrücke sind optimal für beide Pneus: 2,4 auf Teer, 1,5 auf Sand und 1,8 auf Wellblech. So ausgerüstet, hätte ich statt mit 20km/h zu zuckeln mit 80-100km/h übers Wellblech brettern können.

Das Auto
G 63 AMG (2017)
5,5-l.-V8 Biturbo, gepaart mit einem AMG 9-G tronic Speedshift Plus-Getriebe
Leistung: 430 kW/585 PS
Drehmoment: 850 Nm
Top Speed: 220 km/h
0-100km/h: 4.5 Sekunden
Preis: ab 148 434.65 Euro

 

Reisetipps Südafrika/Namibia

Schlafen

Naries Namaqua Retreat
Springbok – www.naries.co.za
Herrliche alte Farm in ruhiger Lage, etwas auβerhalb von Springbok. Tipp: die reetgedeckten Mountain Suites.

Fish River Lodge
Fish River Canyon – www.fishriverlodge-namibia.com
Unglaubliche Position, mit Swimming-Pool direkt am Rand des Fish River Canyons.

Canon Lodge
www.gondwana-collection.com
Die riesigen, natürlichen Felsen der Umgebung bilden zum Teil die Wände der reetgedeckten Übernachtungshäuschen. Schönster Swimming Pool auf dem Trip.

Canon Roadhouse
www.gondwana-collection.com
Ein absolutes Mekka für Petroliana-Fans nach dem Motto ‚In rust we trust‘. Eine coole Sammlung von alten Emaille-Schildern, Zapfsäulen, Öldosen, Gerätschaften und Oldtimern, drinnen und drauβen, mit mehr oder weniger Patina. Der ehemalige Wasserspeicher der Farm ist jetzt willkommener Pool.

Wolwedans Collection
www.wolwedans.com
Übernachten inmitten der herrlichen, roten Sanddünen der Namib in diesem Vorreiter aller namibischen Ökolodges.

Namib Dune Star Camp
www.gondwana-collection.com
Ganz oben auf einer Sanddüne, weit ab vom Schuss, befindet sich diese Übernachtungsmöglichkeit.

Little Kulala
www.wilderness-safaris.com
Einer der schönsten Lodges Namibias, ein echter Wüstentraum. Hier paart sich afro-schickes Design mit hervorragendem Service und groβartiger Location bei Sossusvlei.

Kulala Desert Lodge
www.wilderness-safaris.com
Die Schwester-Lodge zu Little Kulala und die etwas rustikalere Übernachtung mit mehr Gästen. Traumhafte Position, noch näher an Sossusvlei und mit privatem Eingang zum Park.


The Delight

Swakopmund - www.gondwana-collection.com
Das Lieblingshotel des Autors in Swakomund. So richtig locker, luftig und cool. Fantastisches Frühstück, u.a. mit frischen Austern und Sekt. Barmann Jerome kreiert liebevoll und passioniert diverse Cocktails.

Hotel Heinitzburg
Windhoek – www.heinitzburg.com
Gast im Schloss in Afrika. Übernachten in einer deutschen Burg und Essen im Leo’s, Namibias bestem Restaurant. Als wir ankamen, nahm gerade der namibianische Präsident sein Mittagessen ein. Seine Bodyguards fanden den G besser als die vor dem Hotel parkende S-Klasse-Flotte.

Kalahari Anib Lodge
Kalahari - www.gondwana-collection.com
Eine sehr groβe Lodge, die vielen Gästen Platz bietet. Nichts für Ruhesuchende, aber Sundowner-Fahrten und Essensqualität sind Spitze.

Tutwa Desert Lodge
Augrabies – www.tutwalodge.co.za
Eine der schönsten Lodges im Südlichen Afrika. Hier stimmt einfach alles. Die abenteuerliche Anfahrt, Architektur und atemberaubende Lage am Orange River. Tutwa Desert Lodge hat 28 km Uferanteil. Service und Essensqualität sind perfekt. Ein absolutes Highlight ist die Sundowner-Fahrt im offenen Land Rover und Schlauchbooten auf dem Dach durch einen beeindruckenden Canyon zum Fluss. Sundowner auf Felsen im Fluss nach kurzem Paddeln.

De Bergkant Lodge
Prince Albert – www.debergkant.com
Die schönste Übernachtung in Prince Albert. Nettes Schweizer Besitzerpärchen.   


Buchtipps
Vom Autor dieser Geschichte, Dieter Losskarn, stammen zwei ausführliche Reiseführer zu den Zielgebieten.

www.dumontreise.de/magazin/autoren/dieter-losskarn.html

https://shop.dumontreise.de/dumont-reise-handbuch-reisefuehrer-namibia-9783770178247

https://shop.dumontreise.de/dumont-reise-handbuch-reisefuehrer-suedafrika-9783770178063

1 Kommentar

  • Calvin

    Calvin

    Da würde Herr Simoneit sicher nicht schnunzeln... Sie sollten schon wissen, mit was für einem Auto Sie da 5tsd Kilometer gefahren sind... Die von Ihnen aufgeführten technischen Daten sind vom "neuen" 2018 G63 AMG und nicht vom "alten", von Ihnen im Bericht gefahrenen 2017 G63 AMG. Dieser hat 571 PS und ein 7 Gang Getriebe etc... 21 Zoll ist nicht Serie sondern Zusatzausstattung beim Edition... Beim "normalen" wären 20 Zoll Serie - hier auch sicher die bessere Wahl. Sonst ist der Bericht ja nett...

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