Ausblick: Was ist der Schlüssel für eine klimaneutrale Mobilität?

Darum geht es: bezahlbare und möglichst emissionsfreie Mobilität

Ausblick: Was ist der  Schlüssel für eine klimaneutrale Mobilität?: Darum geht es: bezahlbare und möglichst emissionsfreie Mobilität
Erstellt am 12. Juni 2020

Wie kommen wir morgen von A nach B? Gehört allein dem E-Auto die Zukunft? Welche Potentiale stecken in dem Verbrenner, um umweltfreundlicher in die Gänge zu kommen? Mehr als man meint. Denn saubere Luft und Verbrennungsmotor müssen, wie jüngst auch auf dem Ende April stattgefundenem 41. Wiener Motorensymposium deutlich geworden ist, gar kein Gegensatz (mehr) sein.

Elektrische Lösungen im Zeichen des Klimaschutzes werden aus Sicht zum Beispiel aus Sicht von Bosch die bisher dominierende Verbrennertechnik im Auto zunächst nur ergänzen können. Deshalb treibt das Technologie- und Dienstleistungsunternehmen die Weiterentwicklung der Antriebstechnik technologieoffen voran. Das Unternehmen investiert somit auch weiterhin in hocheffiziente Verbrennungsmotoren. Bosch setzt sich zudem für erneuerbare Kraftstoffe ein, da auch der bereits vorhandene Fahrzeugbestand einen Beitrag zur CO2-Reduzierung leisten muss. Sogenannte eFuels, also synthetische Kraftstoffe, die ausschließlich mit erneuerbaren Energien erzeugt werden, können den Verbrenner CO2-neutral machen.
„Der Schlüssel zukünftiger Antriebslösungen liegt in der Bereitstellung der richtigen Antriebseinheit für die richtige Anwendung am richtigen Ort und unter Nutzung des richtigen nachhaltigen Energieträgers“, lautet auch die Strategie von Honda auf dem Weg zur klimaneutralen Mobilität bis 2050.

Mobilität muss auch bezahlbar bleiben

Wichtig dabei sei, so heißt es bei Honda, dass die Fahrzeuge für Kunden leistbar bleiben. Die Kraftstoffkosten werden dabei eine wesentliche Rolle spielen. Honda rechnet 2050 für synthetische Kraftstoffe auf erneuerbarer Basis mit einem Netto-Preis von zwei Euro pro Liter, für „grünen“ Strom mit 17 Eurocent pro Kilowattstunde. Bei einer mittleren Nutzungsdauer von rund 120.000 Kilometer wäre unter diesen Bedingungen ein Vollhybridauto, das synthetischen Kraftstoff tankt, das preisgünstigste CO2-Sparpaket für Kunden. In diesem Fall sind zwar die Spritkosten hoch, jedoch fallen keine hohen Batteriepreise wie für reine Elektroautos an.

Um eine möglichst gute Vergleichbarkeit zwischen einzelnen Antrieben zu erlauben, fordern Experten jedoch seit Langem zusätzlich, dass die Umweltbilanz, die aktuell nur den Weg des Kraftstoffs vom Tank bis zum Auspuff abdeckt, auf den gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs samt der dafür nötigen Energieproduktion ausgedehnt wird. Der britische Zulieferer Ricardo berichtete auf dem Motorensymposium, dass vor Ende 2026 ein Vorschlag für so eine Lebenszyklus-Bilanz dem EU-Parlament vorgelegt werden soll. Dies wird „signifikante Auswirkungen auf Materialbeschaffung, -herkunft und -recycling haben und die Auswahl von Antriebssystemen sowie die Treibstoffe und Energiegewinnung für den Straßenverkehr der Zukunft beeinflussen.“ So manches Null-Emissions-Fahrzeug wird sich dann unter Berücksichtigung des europäischen Strommixes als kaum besser als ein modernes Dieselfahrzeug entpuppen. Anderseits können Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren unter Verwendung von CO2-neutralem synthetischen Kraftstoff das Zertifikat „Umweltneutral“ erhalten. Ricardo wurde von der Europäischen Kommission beauftragt, an einem Regelwerk für eine Lebenszyklusanalyse mitzuarbeiten.

Der Verbrenner hat noch viel Zukunftspotential

Viel wurde in den vergangenen Jahren jedoch auch bei den konventionellen Verbrennungsmotoren erreicht.Beispiel:Mercedes-Motor OM 654.  Vorbildliche Effizienz- und Emissionswerte machen den Vierzylinder-Diesel OM 654 zukunftssicher. Mercedes-Benz Fahrzeuge erreichen mit diesen Motoren durchschnittliche Stickoxid-Emissionen (NOx-Emissionen) zwischen 40 und 60 Milligramm pro Kilometer über viele Tausende Kilometer Laufleistung auf der Straße unter Bedingungen des Messverfahrens Real Driving Emissions (RDE). Diese Werte liegen deutlich unter dem derzeitigen RDE-Grenzwert von 168 Milligramm pro Kilometer. Das Premium-Dieselaggregat unterstreicht die zentrale Rolle, die der Dieselantrieb beim Erreichen der anspruchsvollen weltweiten Klimaziele spielt.

„Die gesetzlichen Partikelbelastungen werden inzwischen in ganz Europa und Nordamerika eingehalten“, erklärte Dr. Stefan Hartung, Geschäftsführer und Vorsitzender des Unternehmensbereichs Mobility Solutions bei Bosch, in seinem Schlussbeitrag beim Symposium. Auch bei Stickoxiden seien große Verbesserungen erreicht worden. Das Beispiel Deutschland zeige dies deutlich: „Während 2018 nach offiziellen Quellen noch 56 Städte über dem Grenzwert für Stickoxide lagen, sind es 2019 weniger als 30 Städte mit weiter fallender Tendenz.“ Dennoch bleibt, so Hartung, enorm viel zu tun, um das Ziel zu erreichen, den Transportsektor bis 2050 klimaneutral zu machen. Umso mehr, als im Personenverkehr weltweit bis dahin mit einer Verdoppelung der Personenkilometer gegenüber 2015 gerechnet wird, im Güterverkehr sogar mit einer mehr als Verdreifachung auf 351.500 Milliarden Tonnenkilometer.

Bosch arbeitet sowohl an der Optimierung von Verbrennungsmotoren wie an der Elektrifizierung mit Batterien und Brennstoffzellen. Bereits konventionelle Verbrennungsmotoren ohne Elektrifizierung können die zukünftigen Schadstoffvorgaben deutlich unterschreiten. Weiteres Potenzial bietet eine Hybridisierung. Schon mit einem 48-V-Mikrohybrid lässt sich ein CO2-Vorteil von bis zu 15 Prozent einfahren. Batterieelektrische Antriebe sieht Hartung als Schlüsseltechnologie im innerstädtischen Bereich. Der Brennstoffzellenantrieb dagegen werde vor allem für Nutzfahrzeuge immer interessanter. Bei einem Wasserstoffpreis von fünf Euro pro Kilogramm, mit einer Kaufpreissubvention und einer Mautbefreiung könnten Brennstoffzellen-Lkw bereits 2025 wettbewerbsfähig gegenüber anderen Antrieben sein.

Um die Industrialisierung der Brennstoffzelle zu beschleunigen, arbeitet Bosch mit der schwedischen Firma PowerCell zusammen. Bosch ist jedoch auch an Projekten beteiligt, die Wasserstoff im Verbrennungsmotor für Lkw untersuchen. Man könne dabei vergleichbare Wirkungsgrade („tank to wheel“) erzielen wie mit Brennstoffzellensystemen.

Künstlicher Kraftstoff für den Klimaschutz: eFuels sind Baustein für weniger CO₂

Beachtlich schätzt Hartung das Potenzial synthetischer Kraftstoffe ein, um Emissionen zu senken. Als Erstes werden sie beigemengt werden. Bis zu 33 Prozent sind hier bei entsprechender Kraftstoffqualität ohne Änderungen am Motor möglich, wie auch eine Flotte von VW-TDI zeigt, die damit eine CO2-Minderung von 20 Prozent erreicht. Insgesamt ist laut Hartung „das CO2-Senkungspotenzial erneuerbarer Kraftstoffe vergleichbar zum kompletten Effekt aus Digitalisierung und starker Verkehrsverlagerung sowohl im Personen- wie auch im Güterverkehr.“
Entscheidend ist der Energiemix, nicht der Antriebsstrang, so die Kernaussage von Hartung.

Ausblick

„Es zeigt sich, dass noch immer viel Potenzial in bewährten Lösungen existiert. Gerade auch dann, wenn das Anforderungsdreieck Funktionalität/Anwendernutzen – Schnelle Umsetzbarkeit – Leistbarkeit betrachtet wird. Neue Werkstoffe, Technologien und die Entwicklungsmethodik können auch für komplizierteste Anforderungen Lösungen in kurzer Zeit bereitstellen“, fasst Univ.-Prof. Dr. Bernhard Geringer, Vorsitzender des ÖVK, des Österreichischen Vereins für Kraftfahrzeugtechnik, der das Motorensymposium organisiert, zusammen. (Newsquelle: OTS und Bosch; Bilder: Bosch (3), Daimler (1))

1 Kommentar

  • Benzfan1996

    Benzfan1996

    Wird eine spannende Zukunft – vorausgesetzt, dass Entscheidungsträger ihren Tunnelblick auf rein batterieelektrische Fahrzeuge aufgeben.

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