Technik: Tankstelle der Zukunft – der Mobilitätshub

Der Saft soll fließen

Technik: Tankstelle der Zukunft – der Mobilitätshub: Der Saft soll fließen
Erstellt am 21. Januar 2022

Die Zahl der Tankstellen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten mehr als halbiert. Und auch wenn die Zahl 2021 mit mehr als 21.000 Stationen wieder nach oben kletterte, geht es mit dem größer werdenden Elektrotrend eher in die andere Richtung. Dabei steht fest, dass die Tankstelle der Zukunft mit etwas anderem Geld verdienen muss als nur mit Benzin oder Diesel.

Das haben längst auch die Tankstellenbetreiber für sich erkannt und stellen ihr Geschäft sukzessive um. Ohnehin haben sich die Tankstellen in vielen Bundesländern zu wahren Supermärkten entwickelt, bei denen nicht nur nach Ladenschluss Bier, Tiefkühlpizza, Taschentücher und Chips eingekauft werden. Bestes Beispiel ist Bayern, denn während andere Bundesländer zumindest an sechs Tagen der Woche ihre Ladenschlusszeiten längst deutlich aufgeweicht haben und den Kunden so Flexibilität geben, ist in München, Nürnberg und Augsburg ab 20 Uhr allerorts Schluss mit dem Shoppingvergnügen. Somit können selbst Lebensmittel nur noch an Bahnhöfen, Flughäfen oder eben an Tankstellen eingekauft werden. Da die Margen bei den flüssigen Kraftstoffen geringer denn je sind, sehen die Tankstellenbetreiber den unzeitgemäßen Ladenschluss alles andere als ungern, denn so wird bei ihnen zumindest außerhalb dieser Zeiten das Nötigste eingekauft.

Zunehmend werden dabei auch die Ladesäulen ein Thema, denn die großen Tankstellenbetreiber wissen, dass die Zukunft der Neufahrzeuge elektrisch sein wird. Doch die Zahl der Bestandsfahrzeuge wird erst einmal anwachsen und so sichern die Gebrauchtwagen den Zapfsäulen ihre Zukunft auf Jahrzehnte. Nichtsdestotrotz werden Benzin und Diesel in den nächsten Jahren deutlich weniger gefragt sein – weil neben immer mehr Elektroautos auf dem Markt auch die Realverbräuche der Verbrenner sinken. Damit an den normalen Tankstellen das zukünftige Geschäft nicht mehr denn je vorbeigeht, richten immer mehr Betreiber in Innenstädten, sowie an Schnellstraßen und Autobahnen Ladepunkte für elektrifizierte Autos ein. Rund 90 Prozent dieser Rastplätze bewirtet in Deutschland zum Beispiel das ehemalige Staatsunternehmen Tank & Rast, das 1998 privatisiert wurde und die Konzessionen für rund 360 Tankstellen sowie rund 400 Raststätten einschließlich etwa 50 Hotels hält.

Nach einer Analyse der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt werden viele Tankstellen ihre überschüssige Solarenergie aus eigenen Photovoltaikanlagen schon bald für die Produktion eigener Energie nutzen. Neben Strom und Wasserstoff für Elektrofahrzeuge könnten so auch synthetische Diesel- und Benzinkraftstoffe hergestellt werden. Laut einer gemeinsamen Studie, die der Tankstellenbetreiber Aral und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Auftrag gegeben haben, werden die Tankstellen von morgen zu Verkehrsknotenpunkten und Orten einer neuen Mobilität. Denkbar wäre dabei nicht allein das Nachtanken von Verbrennern und das schnelle Aufladen von Elektromobilen, sondern auch mögliche Batteriewechsel wie ihn Autohersteller Nio bereits anbietet und einige andere als Ergänzung zum langwierigen Nachladen anbieten wollen. Nach der Aral-Studie wären die Tankstellen der Zukunft auch als Stationen für Personendrohnen denkbar, von denen auf Elektroscooter oder autonome Taxis oder E-Bikes umgestiegen werden kann.

Kaum einer der großen Tankstellenbetreiber ist derzeit nicht dabei, die bestehenden Zapfsäulen für Benzin, Diesel und Erdgas nicht durch weitere Elektroladepunkte zu ergänzen. Aral will mit seiner Submarke Pulse derzeit 500 Ladepunkte an 120 Tankstellen aufbauen. Mit den 350-Kilowatt-Chargern wird das Nachladen dabei fast so schnell wie der normale Tankvorgang mit dem Verbrenner. Aral Vorstand Patrick Wendeler: „Angesichts der steigenden Nachfrage nach Elektrofahrzeugen ist die Zeit reif, auch den Ausbau der Ladeinfrastruktur zu beschleunigen.“ Die Ladestationen liefern 100 Prozent Ökostrom und verfügen je nach Standort über eine Ladeleistung von bis zu 350 Kilowatt.

Konkurrent Shell verfährt aktuell zweigleisig. Zum einen bieten die Hamburger synthetische Kraftstoffe an und offerieren so eine flüssige Alternative zu den normalen Kraftstoffen. Darüber hinaus finden sich am immer mehr großen Shell-Tankstellen auch Schnellladesäulen. 2018 begann Tamoil damit, das eigene Tankstellennetz mit Schnellladesäulen fit für Elektrokunden zu machen. „Wir setzen verstärkt auch auf den Ausbau in ländlichen Gebieten in Deutschland, um somit großflächig die Möglichkeiten und das Angebot für die Endverbraucher gewährleisten zu können. Wir bei HEM sind Dienstleister für die Mobilität von Menschen und möchten dies auch in Zukunft für die Kunden sein, die sich für die E-Mobilität entscheiden“, erklärt Yvonne Moldenhauer, Bezirksleiterin der Deutsche Tamoil GmbH. Stärker und insbesondere offener als andere Tankstellenbetreiber setzt sich Tankstellenbetreiber Westfalen für die Ladesäulen ein. Die Westfalen mit Hauptsitz in Münster machen keinen Hehl daraus, dass sie die Elektromobilität an ihren Zapfsäulen als echte Alternative zu den Flüssigkraftstoffen sehen.

 

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Login via Facebook

Community