Steht der Datenschutz vor Beweissicherung

Dashcams – erlaubt oder verboten?

Steht der Datenschutz vor Beweissicherung: Dashcams – erlaubt oder verboten?
Erstellt am 7. März 2016

Die spektakulärsten Crash-Bilder von Verkehrsunfällen bei Youtube werden von Autofahrern mit Dashcams in Russland gemacht. Aus Spaß, aus Sicherheitsgründen, zur Klärung der Schuldfrage bei Unfällen – die Motive sind vielfältig. Wie sieht es bei uns aus? Was ist erlaubt, was verboten? Viel Geld jedenfalls kosten sie nicht, Einigermaßen funktionsfähige Autokameras gibt es schon ab rund 30 Euro.

Klar ist: Die kleinen Dinger werden immer populärer. Laut einer aktuellen Umfrage halten 61 Prozent der Bundesbürger ein solches Aufzeichnungsgerät für hilfreich, weil sie erwarten, damit bei einem Schaden oder Unfall ihre Sicht der Dinge besser belegen zu können. 68 Prozent der Befragten sehen in der Dashcam grundsätzlich ein geeignetes Mittel zur Rekonstruktion und Aufklärung von Unfallvorgängen.

Bislang fehlt allerdings ein eindeutiger rechtlicher Rahmen für die Nutzung von Armaturenbrett-Kameras bzw. ihrer Aufnahmen. Zwar sind Dashcams im Auto hierzulande nicht grundsätzlich verboten. Doch nach dem Datenschutzrecht dürften sie im Prinzip nur bei einem konkreten Schadenfall oder Unfall eingeschaltet werden oder zum Aufzeichnen langweiliger Landschaftsfilmchen. Bei Gerichtsverfahren lässt sich bislang keine eindeutige Linie zu Dashcams erkennen: Einige Richter erkannten die Filme als Beweismittel an, andere lehnten sie ab.

Datenschutz

Grundsätzlich, so das Bundesdatenschutzgesetz, kann der Einsatz der Rekorder gegen die Bestimmungen des Datenschutzes verstoßen. Ziel der Montage am Armaturenbrett eines Fahrzeuges ist es meist, andere Verkehrsteilnehmer mit amtlichem Kennzeichen zu filmen und zu speichern, ohne dass der Betroffene dies mitbekommt und weiß, was mit seinen persönlichen Daten geschehen soll. Wer diese Aufzeichnung ins Internet stellt und so der Öffentlichkeit zugänglich macht, ohne Personen und Autokennzeichen unkenntlich gemacht zu haben, hat ohne Zustimmung der Beteiligten eindeutig gegen deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstoßen.

Noch deutlicher wird der Landesdatenschutzbeauftragte von Baden-Württemberg: "Das unbemerkte Filmen von Autofahrern und Fußgängern auf öffentlichen Straßen ist ein erheblicher Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht und grundsätzlich nicht mit dem deutschen Datenschutzrecht zu vereinbaren", so seine Auffassung.

Private Zwecke

Auch bei der privaten Aufzeichnung ist eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen. Wer ausschließlich für private Zwecke eine Fahrt in landschaftlich schöner Umgebung filmt, verstößt in der Regel auch dann nicht gegen den Datenschutz, wenn dabei zufällig andere Personen oder Auto-Kennzeichen abgelichtet werden. Andernfalls drohen Sanktionen. Das Bayerische Landesamt für Datenaufsicht hat in einer besonders konservativen Sicht der Dinge angekündigt, dass es in Zukunft bei Kenntnis der Weitergabe der mit einer Dashcam aufgenommenen Videofilme an Polizei, Versicherung oder Internet prüfen werde, ob im konkreten Fall der Erlass eines Bußgeldbescheides angezeigt ist. Der gesetzlich festgelegte Bußgeldrahmen für derartige Verstöße beläuft sich laut ADAC auf bis zu 300.000 Euro.

Beweissicherung

Aber auch hier gibt es die ersten gegenläufigen Tendenzen. Das Amtsgericht (AG) Nienburg hat sich als eines der ersten Gerichte in einer Entscheidung vom 20. Januar 2015 mit der Verwertung von Dashcam-Aufnahmen im Strafverfahren befasst und gestattet eine Verwertbarkeit der Aufnahmen in sehr engen Grenzen. Im verhandelten Fall wurde die nach hinten gerichtete Kamera bei einem Auffahrunfall erst nach dem sehr dichten Auffahren des Angeklagten eingeschaltet und nach dem Unfall abgeschaltet. Datenschutzrechtliche Bedenken hatte das Gericht nicht. Die Interessenabwägung fiel zu Gunsten des Geschädigten aus, zumal die Aufzeichnung sehr kurz und rein anlassbezogen war. Ähnlich entschied das Landgericht (LG) Landshut am 1. Dezember 2015.

Tendenz: Pro Dashcam-Einsatz

Für die Schaffung einer gesetzlichen Regelung empfehlen Experten anstelle eines generellen Verbotes oder einer generellen Zulassung derartiger Aufzeichnungen einen sachgerechten Ausgleich zwischen Beweisinteresse und Persönlichkeitsrecht. Bewertet man Meinungsäußerungen prominenter Juristen und Urteile aus jüngster Zeit, gelangt man zu der Auffassung, dass sich eine Tendenz zur Anerkennung der Aufzeichnung von Armaturen-Kameras bei der Aufklärung strittiger Unfälle abzeichnet.

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