Kommentar: Mercedes-Benz SLK - Wie objektiv bewerten die AUTO-BILD „Designexperten“?!

Design-Blogger Kim-Christopher Granz über den "Expertenstreit" über das SLK-Design

Kommentar: Mercedes-Benz SLK - Wie objektiv bewerten die AUTO-BILD „Designexperten“?!: Design-Blogger Kim-Christopher Granz über den "Expertenstreit" über das SLK-Design
Erstellt am 20. März 2012

Auto & Design! In der aktuellen Ausgabe der AUTO-BILD kommt es innerhalb des sogenannten „Designgipfel“ bei der „objektiven“ Bewertung des aktuellen Autojahrganges durch vier Topdesigner zu einem Design-Eklat der viele Fragen nach sich zieht. Angefangen bei der Aussage, dass Design keine Frage des Geschmacks, sondern objektiv bewertet werden kann, bis hin zu der Aussage die vier „Topdesigner“ hätten nichts gegen Mercedes-Benz.



Die Argumentationen, sowie die herauskristallisierten Aussagen der AUTO-BILD sind von Anfang an eher schwammig formuliert und erwecken Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit. Grund hierfür ist nicht nur der total überflüssige Einstieg - „Nein, diese vier Herren haben nichts gegen Mercedes.“ -, sondern auch die Schlussfolgerung von Herrn Voswinkel, der versucht, auf Grund einer Bewertungstabelle, Kernaussagen bezüglich eines guten Designs zu formulieren. Leider ohne Erfolg!



Zu allererst: Wie sehen die Bewertungskriterien aus und kann man so überhaupt bewerten?! Macht man nicht! Fragen wie „Ist die Gesamterscheinung schlüssig?“, „Wie erfolgreich repräsentiert die Gesamterscheinung des Autos die Fahrzeugkategorie?“ und „Ist das Modell einzigartig?“ sind ja ganz nett formuliert, doch bilden diese keine fundierte Grundlage zur Diskussion darüber, was gutes Design ausmacht.



Allein die Betrachtung des Kriteriums: „Wie erfolgreich repräsentiert die Gesamterscheinung des Autos die Fahrzeugkategorie?“, lässt erahnen, dass die vier „Topdesigner“ eher persönlich und nicht unbedingt „objektiv“ beurteilt haben. Der Grund zu dieser Annahme ist nicht gerade abwegig, weil man insbesondere in Anbetracht der Fahrzeugkategorie keinen Mercedes SLK mit einem Peugeot 208 verglichen kann! Oder wie lautet der Name der gemeinsamen Fahrzeugkategorie?! Doch zurück zum Design und einer vielleicht anderen Betrachtungsweise...

Letzten Endes haben alle vier „Topdesigner“, egal ob sie etwas gegen Mercedes-Benz haben oder nicht, auf „objektiv“-persönlicher Basis geurteilt. Niemand ist frei von seiner eigenen Meinung, gerade das macht das Thema „Design“ ja auch so spannend. Ein guter Designer versteht sich nicht als solcher, sondern ist bestrebt in seiner Haltung die Dinge mit visuellen Mitteln nachhaltig zu verändern sowie zu vereinfachen und das permanent. Ein guter Designer ist stets unzufrieden und ständig auf der Suche, ständig am Anfang. Das wiederum zeigt auch, warum es den Mercedes SLK, angelehnt an die Ursprünge des 230 SL von 1963, in seiner dritten Generation gibt. Hieran ist klar zu erkennen, dass allein aus dem Designphilosophischen Aspekt heraus der Mercedes SLK einen besonders hohen Stellenwert genießt: Er lebt davon, beständig zu scheitern aber gibt niemals auf. Mit Betracht auf die anderen Modelle, kann man beim Mercedes SLK am ehesten von einem schöpferischen Prozess sprechen, der sich immer wieder neu definiert und auch noch nach rund fünfzig Jahren immer den Zeitgeist der Autoliebhaber trifft.

"Nur wenn Design aneckt, ist es lebendig!"

bezogen auf die „Gesamterscheinung des Autos in der Fahrzeugkategorie“ so bewegt sich der Mercedes-Benz SLK zweifelsfrei im sportlichen Segment und nicht nur, weil das Kürzel „SLK“ für „Sport Leicht Kompakt“ steht. Viel spannender ist doch die Frage: „Was drückt ein Automobil bzw. das Design des Automobils aus, wenn ich es zum ersten Mal sehe?“. Sollte der Mercedes SLK verdeckt vor Dir stehen, und die nette Messehostess das Tuch elegant von der Karosserie ziehen, so signalisiert Dir Dein Gehirn augenblicklich „Sportwagen“. Doch warum? Über Generationen ist die unverwechselbare Identität eines Sportwagens - klare Linien, der aggressive Kühler und vor allem die Proportionen - erhalten geblieben und das ganz ohne Retro-Design.

Losgelöst von der zerklüfteten Front, die laut Paolo Tumminelli nicht zur Seitenansicht des Roadsters passt, gibt es noch ganz andere Augenblicke, die entscheidend sind: Design sieht gut aus oder nicht, funktioniert oder nicht, ist spannend oder nicht. Braucht das Design eine Erklärung - und bei einem Mercedes SLK bedarf es mit Sicherheit keiner Erklärung - hat der Designer versagt. Design, das nicht von selbst wirkt, ist zwar ein hübscher Versuch, aber letzten Endes kein richtiges Ergebnis.



Neben vielen weiteren Dingen, die darüber entscheiden, ob ein Design ein wirklich gutes Design ist, möchte ich noch auf ein wichtiges Thema eingehen: Zeiteinheiten.

Gutes Design bringt immer zwei Zeiteinheiten mit sich: Die seiner Entstehung und die seiner Wirkung. Die erste ist kein Maßstab, die zweite nicht messbar. Auf kurz oder lang schafft gutes Design die Zeit ab und wirkt auf Dauer neu - egal, wie schnell und wann es entstand. Betrachtet man alle drei Generationen, so wirkt das Design des Mercedes SLK nicht nur heute, sondern über Generationen. Es kommt mit Ecken, Kanten, Unfertigem, Unbequemen, und Sollbruchstellen daher und trifft somit auf Widerstand bei Designern und Nutzern. Doch gerade das ist ein gutes Zeichen, denn Design, das allen gut gefällt, ist wirkungslos und langweilig. Nur wenn Design aneckt, ist es lebendig!

Dass der Mercedes-Benz SLK aneckt und lebt, zeigen die vergangenen Jahre und aber auch die ebenso harte wie abstrus-„objektive“ Kritik der vier „Topdesigner“, die versuchen anhand oberflächlicher Bewertungskritiken gutes „Autodesign“ herauszukristallisieren.



Letzten Endes sollte ein echter Design-Enthusiast nicht sonderlich viel Wert auf diesen doch eher dünnen Artikel der AUTO-BILD legen. Gutes Design kann Dir niemand erklären, da Dir Dein Verstand im Weg steht. Bewertungskategorien hin oder her: Gutes Design gelangt durch das Herz in den Kopf und somit hinterfragen wir es nicht. Es verändert unterbewusst unsere Wahrnehmung und lässt uns Dinge, die wir lieben, mit anderen Augen sehen - egal wie teuer. Und das ist der Punkt, mit dem man als Design-Enthusiast mit Herrn Voswinkel übereinstimmen kann, aber nur solange man diese Aussage „objektiv“ und ohne Hintergedanken betrachtet: „Gutes Design ist keine Frage des Geldes.“

Über den Autor:

Design-Blogger Kim-Christopher Granz



Jung, dynamisch & frech: Das ist er, Kim-Christopher Granz - kurz: Kim. Seine Leidenschaft für Formen, Farben und total verrückte Ideen spiegelt sich in seinen kreativen Layouts, Fotografien und Kampagnen wieder. Seit 2000 lebt Kim seine kreative Ader hauptsächlich in den Bereichen Design, Fotografie und Werbung aus. Weiterhin ist er ein totaler Fashiongeek und besucht nun seit rund 5 Jahren die Mercedes-Benz Fashion Week in Berlin. Derzeit besteht seine Welt voller verrückten Ideen, komisch abgedrehten Werbern und dem alltäglichen Pixelschubsen. Ach, und von sich selbst sagt Kim, dass er anstatt Drogen zu nehmen, viel lieber auf DESIGNLOVR.NET bloggt! Weitere Informationen findest Du hier (http://www.designlovr.net/der-autor/)

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