Hintergrund: Digitales Erlebnis verdrängt die Marke

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Hintergrund: Digitales Erlebnis verdrängt die Marke: 0 und 1 statt Stern
Erstellt am 13. Mai 2021

Bisher ging es vielen Interessenten beim Autokauf in erster Linie um die Marke, das Design und den Preis. Doch die digitale Welt wird immer wichtiger.

Bevor man sich eine Studie anschaut, empfiehlt sich immer ein Blick, wer diese in Auftrag gegeben hat. Wenn das Bundesumweltministerium eine Umfrage zum Tempolimit in Auftrag gibt, würde diese kaum veröffentlicht werden, wenn das Ergebnis nicht im Sinne des Auftraggebers wäre. So überrascht es nicht, dass bei einer Studie im Auftrag des Digitalverbandes Bitkom herauskommt, dass das digitale Erlebnis die Marke selbst beim Autokauf verdrängt. So wurden repräsentativ mehr als 1.000 Personen über 16 Jahren befragt, was ihnen bei der Auswahl eines Neuwagens besonders wichtig sei. Demnach sind für viele der Befragten insbesondere die digitalen Dienste ausschlaggebend beim Autokauf.

Nach der Befragung ist vielen Neuwagenkunden die Kompatibilität der Benutzeroberfläche im Fahrzeugcockpit mit dem eigenen Smartphone deutlich wichtiger als noch vor Jahren. Dieses Kriterium halten 69 Prozent in der Bitkom-Erhebung für sehr wichtig oder zumindest wichtig. Vor drei Jahren hatte dieser Anteil bei gerade einmal 55 Prozent gelegen. Wenig überraschend in dem Zusammenhang, dass speziell die jüngeren Autofahrer bis 29 Jahre und die 30- bis 49-Jährigen besonderen Wert auf die Smartphone-Kompatibilität ihres Wagens legen. In der Untersuchung äußerten rund 80 Prozent eine solche Präferenz, da für viele Menschen das Smartphone eine zentrale Funktion im beruflichen wie privaten Leben hat. „Wer auf dem Smartphone zum Beispiel seine Kontakte gespeichert hat, möchte diese auch unkompliziert im Auto nutzen und wer zu Hause die Route geplant hat, möchte die Navigation sofort im Fahrzeug auf dem Bildschirm haben“, erklärt der Leiter Digitale Transformation bei Bitkom, Christopher Meinecke.

Die Autohersteller setzen seit Jahren stark auf das Thema Digitalisierung und wollen so nicht nur jüngere Kunden für sich gewinnen. Nach wie vor kommt den klassischen Kriterien wie Marke, Design, Sicherheit oder Preis eine zentrale Bedeutung beim Autokauf zu. „Mit unserer geschärften Markenstrategie definieren wir Vorsprung zeitgemäß und richten uns zukunftsfähig aus – für eine neue automobile Ära und für unsere Kunden.“, sagt Henrik Wenders, Senior Vice President Marke Audi. Bei der Befragung war das Thema Sicherheit mit 98 Prozent besonders wichtig, gefolgt von Komfort sowie dem Anschaffungspreis und dem Thema Umwelt mit 92, 90 und 89 Prozent. Ebenfalls in den Entscheidungsprozess beziehen die Kaufinteressenten Navigationsdienste, Fahrerassistenzsysteme oder Stauassistent ein, die allesamt über 80 Prozent lagen. Das überrascht schon deshalb, weil viele Autohändler und -verbände berichten, dass sich Fahrerassistenz- und Sicherheitssysteme im Verkaufsgespräch oftmals nur schwer an die Frau und den Mann bringen lassen. Dagegen ließen sich sichtbare Sonderausstattungen wie spezielle Farben, größere Räder oder Ledersitze deutlich einfacher verkaufen. Gerade einmal 37 Prozent ist das automatisierte Fahren besonders wichtig.

Für immerhin 79 Prozent der Befragungsteilnehmer stellt die Antriebsart des Fahrzeugs ein wichtiges Entscheidungsmerkmal dar und demnach die Entscheidung, ob das zukünftige Neufahrzeug mit einem Verbrennungs- oder mit einem Elektromotor ausgerüstet ist. Nach der Bitkom-Befragung ebenfalls überraschend spielen das Design des Fahrzeugs und die Motorleistung nur für 75 beziehungsweise 71 Prozent eine wichtige Rolle. „Wir hören genau zu, was unsere Kunden über unsere Marken und Produkte sagen. Heute möchte der Kunde mit Designprodukten vornehmlich seine eigene Persönlichkeit unterstreichen und seinen eigenen Lifestyle präsentieren“, sagt Daimler-Chefdesigner Gorden Wagener, „es geht also um die Untermalung der eigenen Individualität und auch um das Selbst-Belohnen und Gönnen des Besonderen.“ Dem gegenüber machten immerhin 64 Prozent der befragten Autointeressenten ihre Entscheidung zudem von staatlicher Förderung abhängig. Dagegen wenig überraschend, dass Neuwagenkunden laut der Befragung auf Online-Updates für die Fahrzeugsoftware ohne Werkstattbesuch wert legen und sich neue Dienste wie Verkehrshinweise wünschen, die auf Car-to-Car-Kommunikation basieren. Wichtiger denn je ist jedoch auch, wie ein Auto präsentiert wird. Stefan Ponikva, Leiter BMW Markenerlebnis: „Wir gehen damit völlig neue Wege, passen unsere Kommunikation an die Gegebenheiten des digitalen Zeitalters und die Wünsche unserer Zielgruppen an.“ Da greifen dann digitales Erlebnis und Marke nahtlos ineinander.

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