Hintergrund: Batteriezellen-Produktion in Deutschland

Power-Nation

Hintergrund: Batteriezellen-Produktion in Deutschland: Power-Nation
Erstellt am 16. August 2021

Deutschland einig Elektromobilistenland. Wenn es nach den Plänen der Bundesregierung geht, soll es möglichst bald so weit sein. Um die Visionen eines Volkes von BEV-Fahrern wahr werden zu lassen, ist eine Autarkie beim Produzieren von Batteriezellen nötig. Da tut sich im Land der Teutonen einiges.

Deutschland wird zunehmend als Standort zur Produktion von Batteriezellen interessant. Das hat nicht nur Tesla und damit Elon Musk erkannt, der in Grünheide nahe Berlin ein Werk aus dem Boden stampft, in dem nicht nur bis zu 500.000 Autos pro Jahr vom Band laufen sollen, sondern auch Batterien. Angeblich soll die letztendliche Kapazität bis zu 250 Gigawattstunden betragen. Ein stattlicher Wert. Für den exzentrischen gebürtigen Südafrikaner Musk ist der Bau dieser Gigafactory mitten in der traditionellen Automobilnation sicher mehr als eine kühl kalkulierte Geschäftsentscheidung. Er will den Alphatieren der Alten Welt zeigen, was er kann und zugleich sein Revier markieren. Schließlich endete die einst angedachte Kooperation zwischen Mercedes und Tesla nicht vollkommen harmonisch.

Was Tesla recht ist, kann uns nur billig sein, lautet die Maxime anderer Autobauer, die in Deutschland Fabriken zur Batterieproduktion bauen wollen. Die Ratio hinter dieser Strategie, sich in einem hoch industrialisierten Land mit dementsprechenden Lohnkosten anzusiedeln, ist dennoch nachvollziehbar. Die Batteriezellen sind ein essenzieller Teil bei der Herstellung von Elektroautos. Nur wer die Lieferkette rund um die Energiespeicher im Griff hat, kann langfristig die Absätze am Laufen halten. Zu tief stecken in den OEMs noch die Erfahrungen, als vor ein paar Jahren die koreanischen Partner LG Chem und Panasonic bei den Verhandlungen um Batteriezellenkontingente eine etwas härtere Gangart an den Tag legten.

Also nimmt man sein Geschick selbst in die Hand, fertigt die Akkuspeicher in Eigenregie. Allerdings geht das bislang nicht ohne Partner. Wenn die Fabrik hier in Deutschland steht, lassen sich Krisen und Meinungsverschiedenheiten schneller im eigenen Sinne lösen, als das bei Werken in Korea oder China der Fall wäre. Ganz vorne dabei ist da VW. Der niedersächsische Automobilhersteller will in dem ehemaligen Motorenwerk Salzgitter Batteriezellen produzieren. Überraschenderweise ist aber nicht das lange favorisierte schwedische Start-up Northvolt der Bräutigam, sondern mit Gotion High Tech ein Unternehmen aus China, an dem VW seit letzten Jahr 26 Prozent der Anteile hält.

VW gerät langsam unter Zeitdruck, wenn man die ambitionierten Elektromobilitätspläne verwirklichen und bis zur Mitte des Jahrzehnts Tesla überholen will. Auch die anderen Konzernmarken schalten bei den E-Mobilen einen Gang hoch, da ist der Hunger nach Batterien groß. Noch ist Northvolt nicht so weit, deswegen lachte sich VW-Konzernboss Herbert Diess einen anderen Partner in China an. Dennoch halten die Wolfsburger an dem Ziel fest, gemeinsam mit den Schweden ab 2023 Batteriezellen zu produzieren – schließlich sollte man bei diesem wichtigen Bauteil auf mehreren Beinen stehen. Die Skandinavier selbst befassen sich mit der Option, selbst eine Batteriefabrik zu errichten.

BMW steigt ebenfalls in die Batteriezellenproduktion ein und errichtet in der Nähe von München ein Pilotwerk, das Ende 2022 den Betrieb aufnehmen soll. Neben den dringend benötigten Akkus soll so auch Kompetenz erlangt werden. Denn langfristig möchte man auf eigenen Beinen stehen. Als gesetzt gilt dabei auch das Werk Leipzig, in dem bereits die Batteriemodule für das Münchner BEV-Flaggschiff BMW iX vom Band laufen. Das Marken-Konglomerat Stellantis plant bis Ende 2025 eine Akkufabrik in Kaiserslautern zu errichten. „Die Versorgung mit Batterien wird entscheidend sein“, bringt es Konzernchef Carlos Tavares auf den Punkt.

Bei Mercedes gibt man bei den Energiespeichern wieder Vollgas. Nachdem Dieter Zetsche die eigene Zellfertigung als nicht zielführend erachtete und die Energiespeicher als Standardprodukt einordnete, das man jederzeit und günstig erstehen könnte, versucht der schwäbische Autobauer jetzt verlorenen Boden wiedergutzumachen. Die Daimler Tochter Deutsche Accumotive, hat den Standort Kamenz als Herstellungsstätte von Elektroauto-Batterien wiederbelebt und produziert in Sachsen wieder Akkus. Dass das nicht reichen wird, weiß man auch in der Konzernzentrale in Stuttgart Untertürkheim und intensiviert die Zusammenarbeit mit dem langjährigen Partner Grob-Werke, einem anerkannten Spezialisten für Batterieproduktions- und Automatisierungssysteme. Mithilfe dieses Know-hows soll auch im großen Stammwerk Sindelfingen eine Batteriefabrik entstehen. Der schwäbische Nachbar Porsche bleibt ebenfalls dem „Ländle“ treu und will in Tübingen eine Batteriefabrik bauen. Der Batteriehersteller Varta stellt ab Ende dieses Jahres im Stammsitz in Ellwangen die begehrten Energiespeicher in einer Pilotanlage her. Der chinesische Batteriezellenfertiger CATL baut bereits eine Fabrik in Arnsberg, um in Zukunft die BMW-Werke in Leipzig und Dingolfing mit Akkus zu versorgen.

2 Kommentare

  • electricl

    Electricl

    Die OEMs assemblieren oftmals nur die Module zu Packs (wenn überhaupt), und Zellen werden werden wir bei den Deutschen Herstellern vorerst nur bei VW in Partnerschaft mit Gotion und Northvolt sehen. Der Bau von Batterizellenwerken ist sehr kapitalintensiv und bisher haben die OEMs und Zulieferer das Investment (auch in den Aufbau von Know How) gescheut.
  • Pano

    Pano

    Kleine Korrektur zu CATL: deren neues Werk wird in Arnstadt in der Nähe von Erfurt gebaut. Die Menschen in der Region freuen sich über den neuen Arbeitgeber und es gibt wohl schon viele Bewerbungen. Grüße Pano

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