Repräsentationswagen in der Geschichte der Daimler AG, Teil 2

Rückblick in der Geschichte des 125-Jahre bestehenden Automobilherstellers in acht Teilen – Teil 2

Repräsentationswagen in der Geschichte der Daimler AG, Teil 2: Rückblick in der Geschichte des 125-Jahre bestehenden Automobilherstellers in acht Teilen – Teil 2
Erstellt am 1. August 2011

Bereits Ende 1905 liefert die Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG) fünf Mercedes-Simplex 45 PS mit unterschiedlichen Karosserien nach St. Petersburg an den Zarenhof. Nicht nur der Zar, auch andere hochgestellte Kunden sind nie mit nur einem Automobil zufrieden. So sollen sich im zaristischen Fuhrpark unter anderem auch ein Benz 60 PS und ein Mercedes-Knight 16/40 PS befunden haben.



Benz 70 PS Triple Phaeton. Am Lenkrad: Prinz Heinrich. Der Fahrzeugtyp wurde von 1907 bis 1908 gebaut.

Benz & Cie. zählt 1912 den deutschen Kaiser, den russischen Zaren sowie das schwedische Königshaus zu seinen prominentesten Kunden.

Im Fuhrpark des deutschen Kaisers finden sich im Laufe der Jahre neben diversen Mercedes-Simplex drei Mercedes-Knight, ein Mercedes 28/95 PS, ein Mercedes 15/70/100 PS und ein Mercedes-Benz 770 „Großer Mercedes“ Cabriolet F aus dem Jahr 1932, der heute, neben der gepanzerten Pullman-Limousine gleichen Typs des Japanischen Kaisers Hirohito aus dem Jahr 1935, im Mercedes-Benz Museum steht. Benz & Cie. zählt 1912 den deutschen Kaiser, den russischen Zaren sowie das schwedische Königshaus zu seinen prominentesten Kunden.



Benz 39/100 PS in der Version als offener Tourenwagen. Der Fahrzeugtyp wurde von 1912 bis 1920 gebaut.

Ein besonders beeindruckendes Automobil ist der in den Jahren 1912 bis 1915 von Benz gebaute Typ 39/100 PS

Der sportbegeisterte Bruder des deutschen Kaisers, Prinz Heinrich von Preußen, ist nicht nur der Gründer und Schirmherr der nach ihm benannten Prinz-Heinrich-Fahrten und der Erfinder des Scheibenwischers, er nimmt mit seinem offenen Benz 70 PS Triple Phaeton oft selbst an Veranstaltungen teil. Ein besonders beeindruckendes Automobil ist der in den Jahren 1912 bis 1915 von Benz gebaute Typ 39/100 PS, der aufgrund seiner Dimensionen und seiner klare Linienführung herrschaftliche Distanz signalisiert. Allerdings hat der Schock der Weltwirtschaftskrise von 1907 bei Benz dazu geführt, sich als profilierter Anbieter für Fahrzeuge der unteren Mittelklasse zu etablieren, ohne allerdings das Spektrum repräsentativer Automobile aus den Augen zu verlieren. Mit diesem Konzept gelingt es Benz bis zum Ersten Weltkrieg, sich über die Zahl der produzierten Automobile deutlich vor die DMG zu positionieren.



Mercedes 28/95 PS Phaeton. Der Fahrzeugtyp wurde von 1914 bis 1924 gebaut.

Der Typ 37/95 PS ermöglicht in seiner vornehmen Präsenz den oftmals adligen Besitzern herrschaftliche Auftritte.

Bei der DMG ist von 1910 bis 1914 der Typ 37/95 PS der dominierende Oberklassewagen. Er ermöglicht in seiner vornehmen Präsenz den oftmals adligen Besitzern herrschaftliche Auftritte. Das Chassis hat im Jahr 1913 einen Preis von 23.000 Mark – die damals übliche Basis. Darauf setzt entweder das Werk einen individuellen Aufbau oder ein Karossier nimmt die Arbeiten vor. Hier stehen die Automobilhersteller im Wettbewerb mit den nobelsten Karossiers jener Jahre. Mit seinem Großkolben-Vierzylindermotor mit 9,5 Liter Hubraum und dem Kettenantrieb ist er jedoch ein Vertreter aussterbender Automobiltechnik. Den Kettenantrieb hat man über lange Jahre gerade bei den stark motorisierten Fahrzeugen aus Gründen der weicheren Kraftübertragung dem Kardanantrieb vorgezogen.



Mercedes 28/95 PS Phaeton, heute im Besitz des Mercedes-Benz Museums und aufwändig restauriert. Der Fahrzeugtyp wurde von 1914 bis 1924 gebaut.

Sechs- statt Vierzylinder-Motoren

1914 ersetzt ihn der Mercedes 28/95 PS. Als Fahrzeug des Spitzensegments nimmt er Abschied vom Vierzylindermotor und vom Kettenantrieb, ähnlich wie der Benz 39/100 PS. Der Sechszylindermotor, eine Konstruktion Paul Daimlers, entsteht in enger konstruktiver Anlehnung an den Flugmotor DF 80 des Jahres 1912, der mit dem „Kaiserpreis“ ausgezeichnet worden war. Die Maschine hat V-förmig hängende Ventile, die über eine oben liegende Nockenwelle und Kipphebel betätigt werden. Der Antrieb der Nockenwelle erfolgt durch eine Königswelle vom vorderen Ende der Kurbelwelle aus.

Der 1. Weltkrieg reduziert die Produktion auf 25 Exemplare ion 1914/'15

Kriegsbedingt werden in den Jahren 1914 und 1915 nur 25 Exemplare des Typ 28/95 PS hergestellt. Nach Kriegsende wird die Produktion wieder aufgenommen. Bei dieser Gelegenheit lässt Paul Daimler den Motor überarbeiten. Die einzelnen Stahlzylinder weichen paarweise gegossenen Zylinderblöcken. Beibehalten werden die paarweise aufgeschweißten Kühlwassermäntel. Die bis dahin offen liegenden Ventile werden nun durch öldichte Ventildeckel aus Leichtmetall jeweils pro Zylinderpaar gekapselt. Die Gemischversorgung erfolgt durch zwei Pallas-Steigstromvergaser, die je drei Zylinder versorgen. Die beiden wieder Y-förmigen Ansaugkrümmer sind durch eine Ausgleichsleitung zur gleichmäßigen Gemischversorgung miteinander verbunden.



Mercedes 28/95 PS, zeitgenössisches Foto eines Fahrgestells. Der Fahrzeugtyp wurde von 1914 bis 1924 gebaut.

Bis 1924 werden insgesamt 590 "große Mercedes" gefertigt

Nach dem Ersten Weltkrieg verschieben sich die Zielgruppen der potenziellen Kunden – der Adel verliert in dieser Hinsicht an Bedeutung, dafür rücken Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Film, Theater, Politik und Industrie nach. Den Mercedes 28/95 PS gibt es bis 1924; insgesamt sind es 590 Fahrzeuge. Zwar kommt die Bezeichnung „Großer Mercedes“ erst nach ihm auf, doch als solcher wird er empfunden. Die Stückzahl ist beachtlich, gemessen an den Zeitumständen und auch verglichen mit den folgenden Fahrzeugen ähnlichen Zuschnitts. Allerdings wird mit dem stattlichen Fahrzeug aufgrund drei verschiedener Radstände auch ein breites Kundenspektrum abgedeckt, das sich nicht allein auf große Limousinen oder offene Tourenwagen beschränkt.



Mercedes 28/95 PS, zeitgenössisches Foto eines offenen Tourenwagens aus dem Jahr 1921. Der Fahrzeugtyp wurde von 1914 bis 1924 gebaut.

Im nächsten Teil...

...widmen wir uns den Modellen Mercedes 24/100/140 PS, die dank Kompressor mit einem deutlichen Leistungsplus aufwarten

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Login via Facebook

Community