Kindheitstraum: Mercedes-Benz 190D Ponton (W121)

Mercedes-Benz Oldtimer-Restauration in Eigenregie

Kindheitstraum: Mercedes-Benz 190D Ponton (W121): Mercedes-Benz Oldtimer-Restauration in Eigenregie
Erstellt am 19. Juni 2013

Die Mercedes-Benz Limousinen – im Volksmund „Ponton“ genannt - erhielten im September 1958 mit dem Typ 190 D ein zweites Diesel-Modell. Den 1,9-l-Dieselmotor hatte man aus dem benzingetriebenen Aggregat des 190ers abgeleitet, er hat ebenfalls 1,9 Liter Hubraum und eine obenliegende Nockenwelle, aber einen Graugußkopf und eine Leistung von 50 PS. Der 190D entsprach dem neuen Typ 190 in der Karosserie-Ausstattung. Die im Vergleich zum 180 D erhöhte Leistung und verbesserte Laufruhe machten den neuen Diesel auf Anhieb zum Verkaufsschlager. Auch Gerd Mols aus Gangelt im Kreis Heinsberg fährt einen 190D, den er selbst in fünf Jahren restauriert hat – seinen Kindheitstraum...

Bei dem hier gezeigten Ponton handelt es sich noch um das erste Modell ohne die optischen Überarbeitungen – heute Facelift genannt – die im Heck- und Frontbereich stattfanden, d.h. die Limousine kommt noch mit nicht so ganz wuchtigen Stoßstangen und Hörnern, und die Rückleuchten haben keine integrierten Rückstrahler.

Äußerlich unterschied sich der 190er in einigen Ausstattungsdetails von seinen profaneren Brüdern, den 180er Pontons. Die charakteristischen Erkennungsmerkmale umfaßten einen umlaufenden Chromstreifen unterhalb der Fenster und verchromte Regenrinnen. Die Front fiel durch eine etwas breitere Kühlermaske mit waagerechten Chromrippen, ungleich langen, in die Kotflügel ragende Zierstäbe an den Lufteinlaßöffnungen links und rechts der Kühlermaske auf.

Das Interieur präsentiert sich modern

Der Innenraum der 190er Limousine präsentiert sich analog zu den 180er Modellen. Das weiße Lenkrad ist genauso wie das geschmackvolle Muster der Polsterung original so ausgeliefert worden - aber natürlich nicht mehr im Originalzustand, dafür aber original getreu!

Traumauto Ponton Diesel

Der Besitzer des hier gezeigten Mercedes-Benz 190D kam zu der Marke mit dem Stern über seinen Vater, der 1982 mit einem W123 300D seinen ersten Mercedes-Benz kaufte. „Seit dem habe ich diverse Mercedes gefahren, 1989 kaufte ich den ersten alten Mercedes - einen W116 280SE von meinem Onkel, den ich 20 Jahre behalten habe“, erklärt der 47-Jährige. „Mein Traumauto war aber der kleine Ponton Diesel!

Ein 190 D fuhr zu Gerd's Kindheit in seinem Dorf herum: „Immer wenn ich nachmittags an meinen Hausaufgaben saß, kam der Nachbar von der Arbeit und fuhr an meinem Fenster vorbei, so einer sollte dann irgendwann werden“; erinnert sich der Elektrotechnik-Meister. „Es sollte aber ein 190D werden, denn der hatte mehr Chrom als der normale 180D und das Faltschiebedach war Pflicht.“

2003 war es schließlich soweit, der Mercedes-Fan entdeckte seinen Ponton in der Tageszeitung, bei den „KFZ-Kleinanzeigen“. Nach langem hin und her hat er den Wagen von einem Bauunternehmer, der angefangen hatte, den Ponton zu restaurieren und aufgeben hatte, als Restaurierungsobjekt mit vielen Teilen gekauft. „Da das Fahrzeug zerlegt war und ein Haufen Ersatzteile dabei waren habe das erste Jahr damit verbracht Teile zu sichten zuzuordnen reinigen und instand zu setzen“, erklärt Gerd.

Gerd hat aber die Historie des Ponton recherchiert: „Das Fahrzeug wurde im Mai 1960 ausgeliefert und am 31.05.1960 in Kall/Eifel angemeldet.“ Mitte der 70er wurde der Wagen in einem Schuppen entdeckt, und diente einer Familie aus Mechernich /Eifel aufgrund des guten Zustands als Alltagsfahrzeug. Später ging der Ponton in die Hände eines Studenten, der den Benziner durch einen Diesel-Motor ersetzte. Mitte der Achtziger wurde der Viertürer in eine Scheune abgestellt, und in den Neunzigern fand besagter Bauunternehmer den Ponton, von dem Gerd den Mercedes-Oldtimer übernommen hat.

Restauration in Eigenregie und eigener Garage

„Aufgrund der guten Basis hielten sich die Karosserie Reparaturen in Grenzen. Nachdem die Technik überholt, der Motor wieder eingebaut und die erste Testfahrt auf eine Bierkiste als Sitz erfolgreich war, konnte der Aufbau der Karosserie beginnen“, erinnert sich Gerd. Nachdem die Karosserie vom Lackierer und die Innenausstattung vom Sattler zurück waren, konnte mit dem Zusammenbau begonnen werden. „Los ging es mit den Kotflügel vorne und hinten“, erklärt der Mercedes-Fan. „Beim Ponton gibt es hinten keine eingeschweißten Kotflügel, die als Fixpunkt dienen.“ Danach wurden Türen, Motorhaube und Kofferraumdeckel angebaut und ausgerichtet.

Die Montage sollte zu einem Geduldsspiel über mehrere Wochen werden, bis Gerd zu einem Ergebnis kam, das ihn zufrieden stellte. „Bei der Restaurierung habe ich stets darauf geachtet, den Ponton in Originalzustand zu erhalten“, berichtet der Gangelter. „Dafür habe ich mir die Datenkarte von Mercedes angefordert und dort die Informationen bezüglich der Farbe, Stoffmuster Faltschiebedach weißes Lenkrad etc. kontrolliert und mit den vorhandenen Ausstattungsteilen abgeglichen.“

Der Diesel leistet 50 PS aus 1897 ccm Hubraum

Alle Arbeiten am Fahrzeug hat das Mercedes-Benz IG Mitglied (Stammtisch Aachen) in seiner Garage ausgeführt. „Um auch von unten am Auto arbeiten zu können, habe ich den Treppenabgang in der Garage als Grube umfunktioniert, so konnte ich von oben und unten am Ponton arbeiten“, erzählt Gerd. Da er viele Kleinigkeiten im Keller selber lackiert hat, zog der Geruch meistens durch das ganze Haus - „an dieser Stelle muss ich mich bei meiner Frau herzlich bedanken, da Sie mich mit meinem Hobby seit 10 Jahren immer unterstützt.“ - und auch der Sohnemann hat bei der Restauration geholfen.

Das Ergebis der fünfjährigen Restauration kann sich mehr als sehen lassen

Seit 2008 ist der Ponton wieder auf den Straßen unterwegs und erfreut mich und viele Leute, nicht nur an besonderen Tagen oder zu besonderen Anlässen wie Hochzeiten, für die Gerd seinen Mercedes Oldtimer schon mal zur Verfügung stellt. Bei schönem Wetter „natürlich mit offenem Faltschiebedach. Was kann schöner sein?“ Dazu genießt der 47-Jährige die Fahrt in seinem Ponton den Klang des alten Diesels, anstelle eines Radios...



Text & Fotos: Thomas Frankenstein

Mercedes-Fans Facts

1960 Mercedes-Benz 190D (W121 / „Ponton“)



Antrieb: Reihenvierzylinder, Viertakt-Diesel (mit Vorkammereinspritzung), OM 621, 1897 ccm, 50 PS bei 4000 U/min, 4-Gang-Schaltgetriebe, Hinterradantrieb

Fahrwerk: Vorne Doppel-Querlenker-Achse mit Schraubenfedern, hydraulische Teleskop-Stoßdämpfer, Drehstab-Stabilisator, Bremstrommeln; hinten: Eingelenk-Pendelachse mit Schraubenfedern, hydraulische Teleskop-Stoßdämpfer, Bremstrommeln

Räder: Stahlfelgen mit Radkappe 5 JK x 13 B mit Maxxis MA-1 175/80 R13 68 S

Sonderausstattung: Faltschiebedach, Weißes Lenkrad, Liegesitze vorne, Heizgebläse, Anhängevorrichtung, originales Röhrenradio Becker Mexico mit Sendersuchlauf

Sonstiges: Farbe DB 190, originalgetreu restauriert

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