Ziemlich genau vor 85 Jahren präsentierte Mercedes-Benz auf der Internationalen Automobil- und Motorrad-Ausstellung (IAMA) in Berlin den Typ 260 D. Er sollte der erste Mercedes-Benz-Pkw mit Dieselmotor werden. Im Februar 1936 und damit 50 Jahre nach der Erfindung des Automobils mit Ottomotor durch Carl Benz stellt Mercedes-Benz dieses revolutionäre Fahrzeug dem Publikum vor.
Sein 2,6-Liter-Vierzylindermotor OM 138 mit Mercedes-Benz Vorkammersystem und Bosch-Einspritzpumpe leistet 33 kW (45 PS) bei 3200/min und ist in das Fahrgestell des Ottomotor-Typs Mercedes-Benz 200 mit langem Radstand eingebaut. Die Vier-Stempel-Einspritzpumpe von Bosch erlaubt hohe Drehzahlen bis 3000/min und sichert eine schnelle Kraftstoffversorgung.
Vom Reihensechszylinder zum Vierzylindermotor
Nach Versuchen mit verschiedenen Dieselmotoren in Mercedes-Benz Personenwagen entscheiden sich die Ingenieure im November 1934, den bewährten Sechszylindermotor aus dem Nutzfahrzeugbereich für den Pkw-Betrieb zu modifizieren. So entsteht aus dem Reihensechszylinder ein Vierzylindermotor mit 2,6 Liter Hubraum (Bohrung x Hub betragen 90 x 100 Millimeter). Vom Lkw-Motor übernimmt das neue Aggregat die weich ablaufende Verbrennung nach dem Vorkammerverfahren. Zu den technischen Spezifikationen gehören hängende Ventile und eine fünffach gelagerte Kurbelwelle. Ende 1935 beginnt die Serienproduktion des Modells 260 D; die offizielle Premiere hat der erste serienmäßige Diesel-Pkw der Welt dann im Februar 1936 auf der Internationalen Motorrad- und Automobilausstellung in Berlin. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 9,5 Liter Dieselöl reicht eine Tankfüllung zunächst für 400 Kilometer, nach der Modellpflege 1937 sind es sogar mehr als 500 Kilometer. Das ist bei dem damaligen weitmaschigen Tankstellennetz nicht ohne Bedeutung.
9,5 Liter Dieselöl und 400 Kilometer Reichweite
Schon 1936 überzeugt der Dieselmotor im Typ 260 D durch seine Wirtschaftlichkeit: Der Durchschnittsverbrauch des Motors liegt bei etwas mehr als 9 Liter Dieselöl und unterbietet damit die 13 Liter Benzin des Ottomotor-Typs 200 erheblich. Dazu kommt, dass Dieselöl im Jahr 1936 für Besitzer eines Personenbeförderungsscheins nur 17 Pfennige kostet: Das ist damals weniger als die Hälfte des regulären Preises für Benzin. Vor allem Taxifahrer setzen deshalb sofort auf diesen Wagen, den es vom Start weg als geräumiges Pullman-Landaulet mit sechs Sitzen gibt. Im September 1936 bietet Mercedes-Benz auch eine Pullman-Limousine sowie eine 4/5-sitzige Limousine und ein 4/5-sitziges Cabriolet B als weitere Karosserieformen des Typ 260 D an. Neben Taxifahrern entscheiden sich zunehmend auch Privatkunden für das sehr sparsame Fahrzeug.
Modellpflege im Jahr 1937
Bereits 1937 stellt Mercedes-Benz den Typ 260 D in verbesserter Ausführung vor: Die modellgepflegte Variante zeigt unter anderem ein verändertes Kühlergesicht. Die Scheinwerfer mit etwas kleinerem Durchmesser stecken in stärker gewölbten Gehäusen, deren gegossene Füße direkt im Kotflügel befestigt sind. Zuvor sitzen die Scheinwerfer auf einer verchromten Querstange vor dem Kühler, die nun entfällt. Die beiden 6/7-sitzigen Modellvarianten erhalten außerdem neu gestaltete Karosserien, die geräumiger sind als die ersten Pullman-Ausführungen und gleichzeitig repräsentativer wirken. Neue Stoßstangen, welche die zierlichen Ausführungen der ersten beiden Jahre ersetzen, werden 1938 eingeführt. Zu den technischen Änderungen, die der Typ 260 D bei der Modellpflege erfährt, gehören die größere Spurweite an Vorder- (1370 statt 1340 Millimeter) und Hinterachse (1390 statt 1380 Millimeter) sowie ein größerer Kraftstofftank (50 Liter statt anfangs 38 Liter), der außerdem nicht mehr im Motorraum, sondern im Fahrzeugheck eingebaut ist.
Mercedes baut 1.967 Fahrzeuge des Typ 260 D
Im Februar 1938 wird dann das bisherige Schnellganggetriebe durch ein vollsynchronisiertes Vierganggetriebe mit direkt übersetztem vierten Gang ersetzt. Gleichzeitig erhält der 260 D wie der Typ 230 aus Gründen der Standardisierung breitere Felgen und Reifen sowie doppelt wirkende hydraulische Stoßdämpfer an der Hinterachse. Schließlich erleichtern elektrisch geheizte Glühkerzen von Anfang 1938 an das Anlassen in kaltem Zustand.
Von 1936 bis 1940 baut Mercedes-Benz insgesamt 1967 Fahrzeuge des Typ 260 D. Vor allem als Taxi erweist sich der erste Diesel-Personenwagen der Welt als absoluter Langläufer: Motordroschken auf Basis des 260 D sind noch bis in die 1950er-Jahre weit verbreitet. Außerdem nutzt Mercedes-Benz den Motor OM 138, der in vier Jahren Produktionszeit des Typ 260 D nur wenig verändert wird, auch für andere Anwendungen. So arbeitet das Aggregat auch in den Transportern der Typen L 1100 bis L 1500, die in Stuttgart und Mannheim gebaut werden.
Diesel-Rarität 1938 Mercedes-Benz 260 D Pullman Limousine Droschke (W 138)
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