Meilenstein des autonomes Fahrens

Vor 50 Jahren: Ein Mercedes Strichacht debütiert als fahrerloses Auto

Meilenstein des autonomes Fahrens: Vor 50 Jahren: Ein Mercedes Strichacht debütiert als fahrerloses Auto
Erstellt am 20. September 2018

Mercedes-Benz gehört beim Thema autonomes Fahren bekanntlich zu den Pionieren und zu den innovativen Playern in der Welt. Aber lange bevor man in Stuttgart in dieser Sache die grauen Zellen zum Glühen brachte, fuhr ein Stern schon fahrerlos seine Runden. Es geschah vor 50 Jahren: Am 11. September 1968 drehte das erste elektronisch gesteuerte Testfahrzeug - ein Mercedes-Benz 250 - seine Runden auf dem Continental-Testgelände Contidrom

Video: Vor 50 Jahren - Premiere für fahrerloses Fahren bei Continental

Schon vor 50 Jahren war Continental technologisch wegbereitend für die Mobilität der Zukunft: Am 11. September 1968 ging auf der Teststrecke Contidrom in der Lüneburger Heide das erste elektronisch gesteuerte fahrerlose Auto von Continental an den Start – begleitet von einer staunenden Öffentlichkeit. „Die Zukunft hat schon begonnen“ und „Mit dem Geisterfahrer durch die Steilkurve“ titelte die Presse. Mehr als 400 Zeitungen, Zeitschriften, Radio- und Fernsehsender berichteten damals. Bei dem visionären Projekt ging es eigentlich darum, wie Reifen wissenschaftlich exakt unter programmierten Bedingungen getestet werden können. Dabei sind die Continental-Ingenieure aber gleich an die Grenzen des damals technisch Machbaren gegangen und haben auf gewisse Weise den Weg für das Fahren in der Zukunft geebnet.

50 Jahre später treffen sich drei der damaligen Ingenieure, Klaus Weber, Hans-Jürgen Meyer, Herbert Ulsamer v.l.n.r.,  auf dem Contidrom wieder.

„Wir ziehen den Hut vor den Ideen und dem Pioniergeist unserer Ingenieure, die schon vor fünf Jahrzehnten ein fahrerloses Auto entwickelt haben. Sie haben damit einen beachtlichen technologischen Meilenstein in unserer an Innovationen reichen Firmengeschichte gesetzt“, würdigt der Continental-Vorstandsvorsitzende Dr. Elmar Degenhart die Leistung der damaligen Continental-Mitarbeiter. „Das fahrerlose Auto von 1968 zeigt ein kontinuierliches gemeinsames Ziel des damaligen Reifenherstellers Continental und des heutigen Technologieunternehmens Continental: Die sichere, saubere und intelligente Mobilität der Zukunft.“ Die neuen Systeme für das fahrerlose Testfahrzeug wurden für Continental von Siemens, Westinghouse und Forschern der Technischen Universitäten München und Darmstadt entwickelt. Ein Leitdraht auf dem Fahrbahnbelag lieferte die Orientierung. Mit Hilfe von Sensoren erkannte die Elektronik im Auto, ob es noch auf Spur war und lenkte entsprechend automatisch nach. „Es war letztlich ein Auto, das auf einem Draht fuhr“, sagt Hans-Jürgen Meyer (78). Er war vor 50 Jahren als junger Ingenieur für die Entwicklung neuer Messverfahren für die objektive Beurteilung von Reifen zuständig. Sie ergänzte die bis dahin vielfach rein subjektive Beurteilung der Pneus. Am Fahrzeug angebrachte Messspulen erkannten ein Magnetfeld, welches von dem auf die Fahrbahn geklebten Draht ausging. Dieses System ermöglichte die präzise elektronische Steuerung.

Die Technik des fahrerlosen Fahrens im Jahr 1968

In den Mercedes Benz 250 Automatik (auch bekannt als „Strich-Acht“) hatten die Ingenieure unter anderem eine elektro-mechanische Lenkung, eine elektro-mechanische Gasregulierung und die Funkeinrichtung für Messwert-Rückmeldungen eingebaut, damals absolute Spitzentechnik. An den Stoßstangen waren zudem mehrere Antennen montiert, im Kofferraum die Steuerelektronik und eine elektro-pneumatische Bremseinrichtung untergebracht. Vom Leitstand am Rand der Teststrecke gingen Befehle über den Leitdraht ans Auto: Abbremsen, Beschleunigen, Hupen. Vorteil des völlig neuartigen Testsystems: Durch Ausschluss menschlicher Einflussfaktoren stieg die Präzision der Messwerte erheblich. Und die Kapazitäten des im Jahr zuvor eröffneten Contidroms ließen sich erstmals voll ausnutzen.

Hans-Jürgen Meyer am Leitstand des elektronisch gesteuerten Fahrzeugs. Von hier aus wurden Soll-Geschwindigkeit, Bremsbefehle und weitere Signale zum Fahrzeug übertragen. Die Testingenieure konnten hier Ist-Geschwindigkeit und Drehzahl des Motors überwachen.

„Die Messtechnik steckte damals ja noch in den Kinderschuhen, vieles haben wir selber entwickelt“, erklärt Herbert Ulsamer (76), der 1965 als junger Fahrzeugbau-Ingenieur bei Continental seine Laufbahn begonnen und 2006 beendet hat. „Die Forschung & Entwicklung (F&E) bei Continental war da gerade im Umbruch“, erinnert er sich.

„Das E-Auto war für uns junge Ingenieure wie ein großes Spielzeug“, sagt Meyer schmunzelnd, als er anlässlich des Jubiläums auf dem Contidrom mit seinen damaligen Kollegen Ulsamer und Klaus Weber (81) lebhaft Erinnerungen austauscht. Das „E-Auto“ ist für die drei pensionierten Ingenieure nicht etwa ein modernes Elektro-Auto, sondern ihr „elektronisch gesteuertes Auto“. „Wenn man da mitfuhr, sah und hörte man ständig die Arbeit des Schrittmotors am Lenkrad, das klickte immer vernehmbar“, erinnert sich Meyer. „Für uns als Werkangehörige war das Auto ja täglich Brot, aber für die Gäste aus aller Welt war das schon sehr beeindruckend und faszinierend, wenn da ein Auto ohne Fahrer unterwegs war. Die haben gesehen, dass Continental hier etwas ganz Außergewöhnliches macht!“ (Bilder: Continental)

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Autor:‭ ‬Mathias Ebeling

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