Tannenbäume und Autos - das ist wirklich ein Thema für sich! Hier erinnert sich unser Mitarbeiter Timo wie sich die Tannenbaum-Auto-Affäre in seiner Kindheit zugetragen hat. Oder vielleicht zugetragen hat. Wer kann das heute schon noch ganz genau auseinanderhalten. Bebildert haben wir diese etwas ungewöhnliche Weihnachtsgeschichte nicht mit Fotos aus dem Familienalbum, sondern aus dem Archiv der Mercedes-Benz AG und der Daimler Truck AG, denen wir an dieser Stelle ganz herzlich für das stimmungsvolle Bildmaterial danken.
Ich bin mir nicht ganz sicher, aber es muss Weihnachten 1969 gewesen sein. Unsere fünfköpfige Familie erfreute sich seit September eines neuen Familienmitglieds. Es war ein Benz. Ein strahlend weißer Benz. Ein 200 D. (Ein Strich-Acht, wie ich viele Jahre später lernen sollte.) Was für ein gewaltiger Schritt nach vorn. Bis dahin fuhren wir Käfer. Ein 1300 mit 40 PS, aber letztlich ein Käfer wie Millionen andere in Deutschland auch. Ich gebe zu, ich liebte den VW Käfer. Ich fand die Form toll, den schnatternden Motorsound irgendwie knuffi. Ich habe als Kind sogar gerne hinten gesessen und ich lauschte dem zwitschernden eigentümlichen klang das Vierzylinder-Boxers.
Mit der 40 PS-Maschine war der Käfer zwar kein Rennwagen, aber er konnte den 34 PS-Käfer, den der Vater von meinem Freund Manfred fuhr, deutlich distanzieren. Das wusste ich aus ASS-Autoquartetten. Als unser Vater dann im September erstmals mit dem Mercedes nach Hause kam, war das Staunen bei mir groß. Auch wegen des neuen Motorenklangs. Das D stand für Diesel, meine käferfahrenden Kumpel spotteten „D wie Dröhnen“ und tatsächlich war der Motorsound verdächtig nahe an dem Trecker, den der Bauer in unserer Nachbarschaft fuhr.
Dafür aber war der Mercedes 200 D eine richtige Limousine mit einem Kofferraum, dort wo er hingehörte und ganz toll fand ich die vier Türen. Ich hatte jetzt so gesehen meine eigene Tür, wenn ich hinten einstieg, war das schon ein erhebendes Gefühl. Und dann war da noch der Mercedes Stern, der oben auf dem Kühler thronte und immer im Sichtfeld war.
Mittlerweile war es Dezember geworden und wir lernten noch ein anderes Feature unseres Mercedes 200 D kennen und schätzen. Ich spreche von der Heizung. Im Gegensatz zum Käfer konnte man diese regulieren und im Mercedes verbreitete sich auch auf den hinteren Plätzen eine wohlige Wärme. Wahrscheinlich war es diese heimelige Gemütlichkeit im Innenraum des 200 D, die meinen Vater dazu motivierte, den Tannenbaum in diesem Jahr wieder selbst zu schlagen. Ich muss dazu vielleicht ergänzen, dass wir vom Dorf kommen und da war es nicht ungewöhnlich, mal eben mit der Axt in den Wald zu gehen, um ein kleines Bäumchen zu schlagen.
Von seinen ausgedehnten Spazierfahrten und Wanderungen wusste mein Vater einen Platz im Sauerland, wo nach seiner Meinung, das Weihnachtsbaumschlagen auf keinen Fall verboten sei. Und so weit weg war das schließlich auch nicht. Ich hab keine Ahnung, wie teuer Diesel 1969 war, aber ein Versuch, die weihnachtlich geschundene Haushaltskasse etwas zu entlasten, war diese Fahrt ins Sauerland, um einen Tannenbaum zu schlagen, sicherlich nicht. Es war eher eine willkommene Gelegenheit, den 200 D zu entern und ins naheliegende Mittelgebirge zu fahren, wo auch schon etwas Schnee liegen sollte. Es hatte also wohl eher was mit der ländlich-dörflichen DNA meines Vaters zu tun, dass es uns ins verschneite Sauerland zog. Ich wäre in jedem Falle mitgefahren, selbst wenn Tannenbäume an den Gestaden der deutschen Nordseeküste aufwachsen sollten.
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Jetzt verstand ich auch, wofür mein Vater den Dachgepäckträger montiert hatte. Ich hatte anfänglich noch auf eine Schlittenfahrt spekuliert, aber bei uns lag noch nicht so viel Schnee. „Das wird im Sauerland wohl anders sein“, dachte ich und so ganz falsch lag ich wohl nicht. Denn bevor es richtig los ging, machten wir erst einmal Zwischenstation beim Baustoffhandel, wo mein Vater zwei Säcke Winterstreu oder Splitt kaufte, so genau weiß ich das nicht mehr. Als er die Säcke in den Kofferraum wuchtete, hatte er meinen erstaunten Blick wohl registriert und nachdem er seinen Vierzylinder-Diesel wieder angeworfen hatte und wir auf die A 40 Richtung Sauerland rumpelten, sagte er zu mir: „Jetzt haben wir etwas mehr Ballast auf der Hinterachse."
Er hatte den Tipp wohl von seinem Reifenhändler bekommen, der ihm die Winterreifen aufgezogen hatte und vorsorglich darauf hinwies, dass sie Traktion eines Mercedes 200 D auf Schnee nicht mit der Traktion eines Käfers zu vergleichen sein. Da braucht man ein bisschen Gewicht auf der Achse. Hinter Dortmund setzte dann der Schneeregen ein und ich hatte das Gefühl, mein Vater freue sich über jede Flocke und jeden Meter, auf dem es rechts und links neben der Autobahn etwas weißer wurde. Ich muss vielleicht ergänzen, dass mein Vater ein wirklich exzellenter Autofahrer war. Zumindest hatte ich als junger Mensch exakt diesen Eindruck gewonnen. Wenn die Väter meiner Spielkameraden mich zum Fußballtraining oder ins Schwimmbad mitnahmen, dann hatten sie manchmal doch deutlich mehr Mühe, ihren Käfer oder Opel Rekord Olympia unbeschadet von A nach B zu bekommen. Mein Vater fuhr sein Auto mit der gleichen Souveränität und Selbstverständlichkeit wie er ein- und ausatmete. Er fuhr wie aus einem Guss, bremste wenig, beschleunigte nie hektisch (heute weiß ich, dass das auch am Motor lag). Alles ganz natürlich, völlig unaufgeregt und wie angeboren. Man fühlte sich als beifahrender Insasse dabei sehr sicher.
Ich halte mich im übrigen heute auch für einen ganz passablen Autofahrer und glaube, dass es vielleicht auch etwas damit zu tun hat, dass ich mir abgeguckt habe, wie mein Vater fuhr und dass er mich – wenn Mutter nicht dabei war - schon im Alter von sieben oder acht Jahren ans Steuer lies. Zwar saß ich nur auf seinem Schoß, aber ich durfte lenken und das Auto fuhr..
Bei dem Mercedes hat er mich allerdings nie richtig selbst fahren lassen. Heute verstehe ich das gut. Denn ein 200 D war schon deutlich teurer als ein VW Käfer und ich glaube unser Familienfinanzvorstand hat sich schon ein wenig krumm gelegt, um sich dieses Auto auch leisten zu können. Ich erinnere mich noch, dass wir ein Radio im Auto hatten, der Boden war mit Teppich ausgelegt, ein Schiebedach hatten wir allerdings nicht und wenn ich es mir recht überlege, besaß der 200 D auch keine heizbare Heckscheibe. Dafür ballerte die Heizung mehr als ordentlich, strömte an der inneren Windschutzscheibe entlang über unsere Köpfe und kam vermutlich noch warm genug an der hinteren Scheibe an, um diese nach 10 Minuten Autofahrt beschlagfrei zu halten. Ein weiteres Detail, an dem ich mich als 10-jähriger Autofan ergötzte, waren die gegenläufigen Scheibenwischer. Das war cool. „Cool“ war noch nicht in meinem Sprachschatz, aber toll. Und die gegenläufigen Scheibenwischer fand ich toll. Warum? Ich weiß es nicht, vermutlich weil es irgendwie anders war.
Mittlerweile waren wir von der Autobahn abgefahren in Richtung Kahler Asten Und hier gab es tatsächlich schon so etwas wie eine feste Schneedecke. Mein Vater strahlte über beide Backen. Er war jetzt in seinem Element. Aus engen Kurven heraus trat er ein bisschen mehr aufs Gras als es vielleicht nötig war und ich registrierte, dass die hinteren Räder durchdrehten und das Heck ganz sanft nach außen ausschwenkte. Mit 55 Diesel-PS ist das eine Erfahrung, die man sonst eher selten macht. Wo genau jetzt der Platz war, wo mein Vater den Weihnachtsbaum zu schlagen gedachte, weiß ich nicht. Ich fühlte mich kuschelig in dem braunen synthetischen Fell-Sitzbezug, der die blauen Sitze schonen sollte. Kein Wunder war es doch brüllend warm wie in unserer Ofen beheizten Wohnstube.
Mein Vater suchte jetzt im Becker Radio nach „Sport und Musik". Übrigens auch heute noch eine feste Größe in meinem samstagnachmittäglichen Leben. Dann zweigten wir unvermittelt nach rechts ab, hoppelten über einen kleinen Waldweg noch 400, 500 m geradeaus und hielten dann an. Vater sagte: „Komm, wir holen jetzt das Bäumchen!“ Er nahm die Axt, ich den Fuchsschwanz und dann marschierten wir los. Hier lag schon fast ein halber Meter Schnee.
Vermutlich, weil es hier nicht so schön warm wie im Auto war, gestaltet sich der Ausleseprozess kurz und knapp „Da isser, der sieht gut aus, den nehmen wir!" , stellte mein Vater fest, freute sich, dass die Suche so schnell mit Erfolg gekrönt war. Ob wir eine Blautanne, eine Fichte, eine kleine Kiefer oder eine Edel-Tanne geschlagen hatten, wusste ich weder damals noch heute. Pilze und Dackel wusste ich auseinander zu halten, aber Nadelbäume? Nein, die eher nicht.
Die Baumspitze reichte meinem Vater bis fast ans Kinn, also wird der Baum um die 1,70 m gewesen sein. Mit wenigen Hieben trennte mein Vater den Baum vom Stumpf, nahm die Axt in die linke, den Baum mit der rechten Hand und stapfte zurück in Richtung Mercedes-Benz. Die Scheiben waren mittlerweile zugeschneit, aber die Innenraumwärme verhinderte, dass die Türen und die Scheiben zugefroren waren. Mit gekonntem Schwung wuchtete mein Vater den Tannenbaum auf den Dachgepäckträger. Übrigens kleiner Tipp: die Spitze immer nach hinten! (Nicht lachen, aber ich sehe es heute immer noch oft genug anders herum.)
Mein Vater schnürte den Baum ordentlich fest und los ging's Richtung Heimat. Herrlich den ganzen Weg zur Autobahn über eine verschneite Landstraße. Ich war begeistert . Als wir von dem Waldweg auf die Landstraße nach links einbogen, gab mein Vater wieder ein kleines bisschen mehr Gas als vielleicht nötig und war genau wie ich erstaunt, dass es auf einmal hinten rechts Rumms machte. 100 m später hielten wir den Wagen an. Mein Vater stieg aus, ging zum Fahrzeugheck, begutachtete die hintere Beifahrerseite, kratzte sich am kopf und stieg kopfschüttelnd wieder in das Auto. „Ja, wir haben eine Beule! Die erste Beule und das im neuen Auto!" Vaters Stimme klang überraschend gefasst. Anscheinend war das Heck gegen einen Kilometerstein geschlagen, nicht besonders hart, aber hart genug, um eine Beule im Blech zu hinterlassen.
Erstaunlicherweise gab's nun keine schlechte Stimmung im Auto, mein Vater war zwar etwas schweigsamer als vorher und vergaß auch Sport und Musik. Ich glaube, er ärgerte sich im Stillen über sich selbst, und das war ihm wohl Strafe genug. Zu Hause war mein Vater vergleichsweise kleinlaut und schilderte relativ wahrheitsgetreu wie es zu diesem Missgeschick gekommen ist. Und dann wurde über diesen Vorfall in der Familie so gut wie nicht mehr gesprochen.
An Heiligabend gab es dann noch mal einen kleinen, aber charmanten Hinweis auf das Malheur im Sauerland. Als mein Vater seine Weihnachtsgeschenke auspackte, fand sich in einem kleinen Karton ein Gummihammer. Ich schwöre von mir war er nicht und meine Mutter grinste nur. Der Tannenbaum schwieg und strahlte geradezu majestätisch.
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