Meilenstein der Mobilität: H2 Mobility

Initiative H2 Mobility: Nach dem Verbrenner kommt die Brennstoffzelle – Industrie und Politik arbeiten an einem Aufbauplan für Mobilität auf Brennstoffzellen-Basis

Meilenstein der Mobilität: H2 Mobility: Initiative H2 Mobility: Nach dem Verbrenner kommt die Brennstoffzelle – Industrie und Politik arbeiten an einem Aufbauplan für Mobilität auf Brennstoffzellen-Basis
Erstellt am 11. September 2009

(v.l.n.r.) Dr. Peter Blauwhoff, Vorsitzender der Geschäftsführung Deutsche Shell Holding GmbH; Michel Mallet, Geschäftsführer der Total Deutschland GmbH; Udo Bekker, Mitglied des Vorstands der Vattenfall Europe AG; Prof. Dr. Wolfgang Reitzle, Vorstandsvorsitzender der Linde AG; Dr. Dieter Zetsche, Vorsitzender des Vorstandes Daimler AG und Leiter Mercedes-Benz Cars; Wolfgang Tiefensee, Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung; Hans-Peter Villis, Vorsitzender des Vorstands EnBW AG; Dr. Dieter Tuppinger, Geschäftsführer der OMV Deutschland GmbH; Dr. Klaus Bonhoff, Vorsitzender der Geschäftsführung NOW GmbH Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie



Gestern haben in Berlin Vertreter führender Industrieunternehmen im Beisein des Bundesministers für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Wolfgang Tiefensee, ein Memorandum of Understanding (MoU) unterschrieben. Darin sollen Möglichkeiten für den Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur zur Versorgung mit Wasserstoff in Deutschland geprüft werden, um die Serienfertigung von Elektrofahrzeugen mit Brennstoffzelle voranzutreiben. Kurz gesagt: der Weg für die Brennstoffzelle in die Großserie ist nun geebnet!

„Heute ist ein guter Tag!“ stellte Dr. Dieter Zetsche, Vorsitzender des Vorstandes Daimler AG und Leiter

Mercedes-Benz Cars, anlässlich des gestern unterzeichneten Memorandum fest. Aus gutem Grund, denn mit dem Memorandum ist die Basis für eine gemeinsame Vorgehensweise für eine Mobilität auf Wasserstoffbasis vorgezeichnet worden. Darin sollen Möglichkeiten für den Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur zur Versorgung mit Wasserstoff in Deutschland geprüft werden, um die Serienfertigung von Elektrofahrzeugen mit Brennstoffzelle voranzutreiben. Mit diesem Memorandum of Understanding ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Kommerzialisierung dieser lokal emissionsfreien Elektrofahrzeuge vollzogen worden. Partner der Initiative „H2 Mobility“ sind Daimler, EnBW, Linde, OMV, Shell, Total, Vattenfall und die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOWGmbH). Die Initiative ist für die Beteiligung von weiteren interessierten Unternehmen offen.

Saubere Energie und Unabhängigkeit

In den letzten Jahren sind in Deutschland bei der Entwicklung von wasserstoffbasierten Technologien für den Transportsektor erhebliche Fortschritte gemacht worden. Der Standort Deutschland ist innerhalb Europas in punkto Brennstoffzelle sogar führend . Ermöglicht wurde dies durch das kontinuierliche Engagement einer erheblichen Zahl von Industrieunternehmen sowie die Unterstützung der deutschen Bundesregierung. Das gemeinsame Ziel ist es, die Kommerzialisierung von Elektrofahrzeugen mit Brennstoffzelle vorzubereiten und Wasserstoff- sowie Brennstoffzellentechnologien, zum integralen Bestandteil des Antriebsmixes der Zukunft zu machen. Das ist nicht nur hinsichtlich der Emissionen ein Fortschritt, sondern auch ein Schritt zu mehr Unabhängigkeit der Energieversorgung.

Die Auto-Industrie: fast alle machen mit!

Darüber hinaus haben führende Automobilhersteller vor kurzem eine gemeinsame Absichtserklärung zur Entwicklung und Markteinführung von Elektrofahrzeugen mit Brennstoffzelle bekannt gegeben. Sie gehen dabei ab 2015 von mehreren hunderttausend Fahrzeugen weltweit über den gesamten Lebenszyklus aus. Das jetzt beschlossene Memorandum of Understanding geht auf eine Initiative von Daimler und Linde zurück, die sich den Aufbau eines flächendeckenden Wasserstofftankstellennetzes zum Ziel gesetzt hat, um so eine wesentliche Voraussetzung für die Kommerzialisierung von Elektrofahrzeugen mit Brennstoffzellenantrieb zu schaffen.

Ohne Wasserstoff-Tankstellen keine Brennstoffzellen-Autos

Es ist das „Henne-Ei“-Prinzip: Ohne flächendeckendes Netz an Wasserstoff-Tankstellen gibt es für die Automobil-Hersteller keine Veranlassung Autos mit Brennstoffzellenantrieb in Großserie zu bauen. Logisch: wir wollen in unserer Mobilität keine Kompromisse eingehen. Die Energieversorger und die Energiekonzerne Total und BP werden ein solches flächendeckendes Netz bis 2011 errichten. Stand heute: es gibt 30 Wasserstoff-Tankstellen, von denen nur 7 öffentlich sind!

Wie weit sind die Hersteller?

Dr. Zetsche und Minister Tiefensee kamen zur Presse-Konferenz gemeinsam in einer serienreifen B-Klasse mit Brennstoffzellenantrieb. Zetsche flachste: „Ich hab vorher noch schnell für 32 € vollgetankt!“ Mercedes-Benz wird die B-Klasse im Herbst 2009 mit einer Kleinserie loslegen, im januar 2010 werden die ersten der rund 200 fahrzeuge an Kunden ausgeliefert. Reichweite liegt bereits bei ca. 400 km!

Interessant ist in diesem Zusammenhang der Hinweis von Linde Chef Reitzle: „Über 120 Jahre haben Ingenieure den Verbrennermotor verbessert, wenn wir jetzt den gemeinsamen Focus auf die Brennstoffzelle verschieben, dann werden die Ingenieure für den Brennstoffzellen-Antrieb heute noch Unglaubliches erfinden! Entscheidend ist, dass wir gemeinsam den Focus verlagern, das ist nun geschehen!“

Und was passiert mit den Verbrenner-Motoren?

Erst einmal nichts! Zumindest nichts Schlimmes! Im Gegenteil. Die Industrie wird auch in Zukunft an der Verbrauchsoptimierung der Verbrennermotoren arbeiten. Unabhängigen Schätzungen zufolge werden Verbrennermotoren die nächsten 35 Jahre die Hauptantriebsquelle bleiben. Nur wird es jetzt eine gebündelte Parallel-Entwicklung geben und die heißt Brennstoffzelle. Neben Benzin und Diesel hat der Kunde dann in Kürze auch die Wahl eines Brennstoffzellen-Antriebs. Ohne Einschränkung seiner Mobilität.

Was beeinhaltet das Memorandum?

Das Memorandum of Understanding sieht zwei Phasen vor. In Phase I sollen verschiedene Optionen für den bundesweiten Aufbau eines Wasserstofftankstellennetzes sowie die Entwicklung eines gemeinsamen, wirtschaftlich tragfähigen Geschäftskonzeptes unter Berücksichtigung möglicher Förderungen durch die öffentliche Hand untersucht werden. In dieser Phase sollen Konzepte für den Aufbau von neuen, zusätzlichen Wasserstofftankstellen bis zum Jahr 2011 entwickelt werden. Gefördert werden diese Aktivitäten durch Mittel aus dem Konjunkturpaket II der Bundesregierung und anderen Programmen auf Landes- und Bundesebene, damit Fragen zur Standardisierung und Kostensenkung ganzheitlich und gemeinschaftlich angegangen werden können.

Sollte sich das Geschäftskonzept für alle Beteiligten positiv entwickeln, werden die Partner in Phase II einen entsprechenden Aktionsplan umsetzen. Ziel dieses Aktionsplans wird es sein, den bundesweiten Ausbau eines Wasserstofftankstellennetzes fortzusetzen, um die ab etwa 2015 vorgesehene Kommerzialisierung von Elektrofahrzeugen mit Brennstoffzellenantrieb in Deutschland auch mit der entsprechenden Infrastruktur zu flankieren.

Kommentar:

„Sie, Herr Zetsche und die Daimler AG haben sich aus der Deckung gewagt!“, Minister Tiefensee brachte es wohl am besten auf den Punkt, was viele der Anwesenden dachten. Das Thema „Alternative Antriebe“ wird seit Jahren von einem gewissen „Herumgeeiere“ begleitet. Aus gutem Grund. Denn die Auto-Industrie muss einige Fragen beantworten: In welche Technologie soll die Industrie investieren? Wird es gemeinsame Standards geben? Wer schafft für neue Technologien die Infrastruktur?

Bei Benzin und Diesel ist alles da – sukzessive gewachsen in 120 Jahren. Das Problem mit dem mineralölhaltigen Antriebsstoffen: Sie sind leider nicht unbegrenzt verfügbar und obendrein verursachen sie Emissionen! Wasserstoff könnte eine Alternative sein, und ist es jetzt wohl auch. Die Technologie scheint man bei den Herstellern in den Griff zu bekommen, Autos mit Fahrspaß werden kein Problem sein! Jetzt müssen nur noch die Tankstellen her. Denn niemand kauft so ein Auto, wenn er sich sorgen muss, saft- und kraftlos liegen zu bleiben. Dieser Schulterschluss mit den Energieanbietern ist nun vollzogen. „Es ist ein guter Tag!“, wie Dr. Zetsche meinte und er wird damit wohl recht behalten!

Im Übrigen: die Erleichterung über den vollzogenen Wendepunkt war allen anzumerken. Denn als das Memorandum unterzeichnet war, meinte der Daimler-Chef: „So, das war jetzt erstmal der Kaufvertrag für eine neue S-Klasse!“ Und in das Gelächter mischte sich die Erkenntnis, dass wir Autos wie die S-Klasse wohl auch die nächsten 120 Jahre noch fahren können. Dann wohl aber mit Wasserstoff!

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