eFuels: Eine zweite Chance für den Verbrenner?

Interview mit Karl Dums, Porsche AG, Senior Manager eFuels

eFuels: Eine zweite Chance für den Verbrenner?: Interview mit Karl Dums, Porsche AG, Senior Manager eFuels
Erstellt am 1. April 2022

Welche Energieträger werden morgen unsere individuelle Mobilität garantieren? Wird es das Batterieauto sein? Das Lastenrad? Oder am Ende die sogenannten eFuels, also synthetische, erneuerbare Kraftstoffe, deren CO2-Bilanz unter dem Strich betrachtet, fast aufkommensneutral ist?

Porsche hat in dieser Diskussion seinen Kunden schon frühzeitig signalisiert, dass auch in Zukunft niemand auf seinen klassischen Porsche 911 wird verzichten müssen, da das Unternehmen den erneuerbaren Kraftstoffen eine Chance geben wird. Jetzt hat der Merkur jüngst getitelt, dass Porsche-Chef Oliver Blume in der eFuel-Produktion gar ein Milliardengeschäft wittert. Bei genauer Betrachtungsweise wird das so falsch nicht sein, denn für Schwertransporte, Schiffe und Flugzeuge kommt die Batterielösung nicht infrage. Da scheinen die erneuerbaren Kraftstoffe die beste Lösung zu sein. Noch über Jahre hinweg werden Millionen Autos mit Verbrennungsmotor auf den Straßen unterwegs sein. Daher testet Porsche in Chile nun eine Pilotanlage für sauberen synthetischen Kraftstoff. Wir sprachen mit Karl Dums, Porsche AG, Senior Manager eFuels.

Porsche hat mit der Taycan-Familie ein im Wortsinne hoch spannendes Angebot im Programm. Warum engagiert sich Porsche trotzdem im Bereich eFuel?

In unserer langfristigen Produkt- und Antriebsstrategie setzen auch wir für die Zukunft auf Elektromobilität. Angesichts des hohen Bestandes an Fahrzeugen mit Verbrennern – weltweit über 1,3 Mrd. – erfolgt der Hochlauf der Elektromobilität allein jedoch nicht schnell genug. Außerdem entwickeln sich die unterschiedlichen Regionen auf der Welt unterschiedlich schnell in Richtung Elektromobilität, so dass auch in Jahrzehnten noch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren unterwegs sein werden. Mit potenziell nahezu CO2-neutralen eFuels kann der hohe Bestand einen Beitrag zur schnellen CO2-Reduktion leisten. Darüber hinaus gibt es andere Verkehrssektoren wie Luft- und Schifffahrt, die sich nicht oder nur schwer elektrifizieren lassen.

Wieso ist für die Umwelt der Betrieb mit eFuel bereits ab dem ersten Liter sinnvoll?

Beim Verbrennen von fossilen Kraftstoffen entsteht CO2, das zusätzlich in die Atmosphäre gelangt. Bei der Verwendung von eFuels wird aber nur so viel CO2 erzeugt, wie vorher der Atmosphäre entnommen wurde – ein geschlossener chemischer Kreislauf. Allerdings sind auch eFuels in der Gesamtbilanz nicht vollkommen CO2-neutral, weil bei Herstellung und Transport noch CO2-Emissionen anfallen.

Ist der Verbrennermotor durch den Betrieb mit eFuels genauso sauber wie ein Elektromotor?

Dabei muss man unterscheiden zwischen dem CO2-Ausstoß und den sonstigen Emissionen wie Stickoxiden, Kohlenwasserstoffen, Kohlenmonoxid und Partikeln. Betrachten wir allein den CO2-Fußabdruck, kann dieser für ein Elektroauto, das mit Strom aus dem hiesigen Energiemix geladen wurde und für ein Verbrenner-Modell, das mit potenziell nahezu CO2-neutralem eFuel aus Chile betrieben wird, auf einem ähnlichen Niveau liegen.

Was die anderen Emissionen angeht, gibt es bei der ersten Generation eFuels zumindest keine Verschlechterungen gegenüber heutigen Kraftstoffen, die ebenfalls der Norm DIN EN 228 entsprechen. So genannte Designer-Kraftstoffe bieten in der Zukunft aber ein sehr hohes Potenzial, auch diese Emissionen zu reduzieren.

Warum tut sich die Politik bisher so schwer, das Thema eFuel entsprechend zu fördern?

Wir sehen durchaus erste Anzeichen von einem Umdenken in Sachen eFuels. Auch, weil es Sinn macht, die Energieversorgung insgesamt auf eine breitere Basis zu stellen, um sich nicht von bestimmten Energieformen und Lieferanten abhängig zu machen. So hat das Wirtschaftsministerium die Pilotanlage in Chile mit rund acht Millionen Euro gefördert. Hilfreich für eFuels wären auch im Rahmen der RED III festgeschriebene ambitionierte Quoten für den Anteil von erneuerbaren Kraftstoffen an der Gesamtmenge der in Verkehr gebrachten Kraftstoffen.

Können klassische Porsche ohne Umrüstung mit eFuel betrieben werden?

Technisch gesehen ist es durchaus möglich, dass klassische Porsche mit eFuels fahren können. Denn in der Spezifikation und Herstellung stellen wir sicher, dass der Kraftstoff der aktuellen Norm DIN EN 228 entspricht. Grundsätzlich gilt, dass jedes Auto, das mit heutigem Tankstellen-Kraftstoff betrieben werden kann, auch mit eFuels fahren kann. Für Oldtimer, die heute ja auch entweder kein E10 tanken dürfen, oder auf spezielle Additive wie Blei-Ersatzadditive angewiesen sind, prüfen wir im Moment die Möglichkeiten, um auch diese Fahrzeuge mit CO2-reduzierten Kraftstoffen betreiben zu können

Wo kann der Kunde denn eFuel tanken?

Im Laufe des Jahres 2022 werden wir voraussichtlich den ersten eFuel aus der Pilot-Anlage in Chile zur Verfügung haben. Den Kraftstoff aus der Pilotphase werden wir zunächst in verschiedenen Leuchtturm-Projekten selbst nutzen.

In den späteren Phasen – ab etwa 2024– stehen durch Skalierung der Anlage größeren Mengen Kraftstoff zur Verfügung. Deren Verwendung und Vermarktung wird derzeit noch geprüft. Es wird aber eher die Ausnahme sein, dass der einzelne Autofahrer an speziellen Säulen reinen eFuel tanken kann – außer bei besonderen Leuchttürmen. Denkbar ist zum Beispiel, dass bestimmte Mengen in den so genannten Kraftstoffsee gegeben werden, um die entsprechende Menge Kraftstoff aus fossilen Quellen zu ersetzen. Wichtig ist, dass unter dem Strich die CO2-Emissionen fossilen Ursprungs reduziert werden.

Was würde ein Liter eFuel den Verbraucher an der Tankstelle kosten?

Das lässt sich heute noch nicht seriös vorhersagen. Wir gehen aber derzeit davon aus, dass sich die Preise von herkömmlichem Benzin und eFuels bis zum Ende des Jahrzehnts einander angleichen. Denn einerseits sinken die Preise für eFuels bei einer Produktion im industriellen Maßstab – auch durch die niedrigen Kosten für erneuerbaren Strom in Chile, während andererseits fossile Kraftstoffe durch weiter sinkende Vorräte und die CO2-Bepreisung teurer werden dürften. Entscheidend für den Preis und damit für den wirtschaftlichen Erfolg von eFuels sind also nicht zuletzt faire regulatorische Rahmenbedingungen, wo Kraftstoffe gemäß ihrem tatsächlichen CO2-Ausstoß mit Steuern und Abgaben belegt werden.

Kritiker werfen der eFuel-Fraktion vor, dass die Umwandlung des erzeugten Stroms in synthetische Kraftstoffe nicht nur unrentabel, sondern vor allem auch umwelttechnisch ineffizient sei. Worauf zielt dieser Vorwurf und lässt sich dies tatsächlich durch die Standortfrage lösen?

Die Erzeugung von eFuels ist in der Tat recht Energie-intensiv. Aber eine solche Wirkungsgradbetrachtung ist hauptsächlich relevant bei sehr begrenzten Ressourcen. Deshalb sollten wir eFuels zum Beispiel nicht in Deutschland im großen Stil herstellen, sondern die ohnehin knappen Strom aus erneuerbaren Energien direkt in E-Fahrzeugen einsetzen. Am Standort der geplanten Anlage in Chile ist erneuerbare Energie jedoch im Überfluss vorhanden. Die Energieausbeute bei Windkraft ist bis zu vier Mal höher als Deutschland. Diese Energie wird dort aber nicht benötigt, da es keine Industrie und kaum Autos gibt, und nur zwei Menschen pro km2 in der Region leben. Den erzeugten Strom direkt per Kabel von Chile nach Europa zu transportieren ist nicht möglich. Durch die Umwandlung in flüssige Energieträger wie eFuels ist die Speicherung und der Transport dieser lokal im Überfluss vorhandenen erneuerbaren Energie aber zu Regionen mit hohem Energiebedarf mit der vorhandenen Infrastruktur möglich. Daher kann bei eFuels aus Chile die in diesen Regionen erreichbare Verringerung der CO2-Emissionen gegenüber der Effizienz stärker priorisiert werden.

Es geht letztlich darum, den Import von fossiler Energie schrittweise durch den Import von regenerativer Energie, etwa in Form von eFuels, zu substituieren. Denn Europa importiert heute vier Mal mehr fossile Energie, als es selbst an regenerativer Energie erzeugt. Auch in Zukunft kann und wird sich Europa nicht selbst vollständig mit erneuerbaren Energien versorgen können, sondern immer auf Energie-Importe angewiesen sein. Und diese sollen in Zukunft vermehrt nicht fossilen, sondern erneuerbaren Ursprungs sein – etwa in Form von eFuels.

Bei – nach heutigem Stand – 1,3 Milliarden Verbrenner-Fahrzeugen weltweit ist es da nicht verlockend, mit „Zuffi Super Plus“ als Produzent in den Weltmarkt einzusteigen?

Wir sehen uns nicht als Kraftstoffhersteller, sondern eher als Impulsgeber, um das Thema eFuels insgesamt voranzutreiben.

Haben schon andere Unternehmen Interesse am Thema eFuel gezeigt?

Seit der ersten Ankündigung vor gut eineinhalb Jahren gibt es ein großes Interesse an dem Thema. Uns erreichen Anfragen aus den verschiedensten Bereichen – nicht nur aus dem Automobil- sondern auch aus anderen Sektoren, insbesondere auch aus der Luft- und Schifffahrt.

Ihr Stadtnachbar setzt ja auf eine BatteryOnly-Strategie, oder haben Ihre KollegInnen abends beim Bier schon mal vorsichtig vorgefühlt?

So unterschiedlich sind unsere Positionen gar nicht. Auch wir haben uns in Sachen Elektromobilität ehrgeizige Ziele gesetzt. So streben wir im Jahr 2030 einen Anteil von über 80 Prozent reinen Elektrofahrzeugen an. Unsere Marke lebt aber auch von den vielen Porsche-Enthusiasten, die ihre klassischen Fahrzeuge auch in Zukunft fahren und gleichzeitig einen Beitrag zur CO2-Reduzierung leisten wollen. Wir möchten unseren Kunden diese Freude noch möglichst lange erhalten.

Mehr zum Thema Mobilität von morgen:

Alternativen zu russischem Öl eFuel Alliance: „Erneuerbare Kraftstoffe können bis zu 70% des russischen Rohölimports bis 2030 ersetzen“ Ob beim Tanken oder Heizen, die aktuelle Lage zeigt deutlich, der Krieg in der Ukraine wirkt sich auch in Deutschland auf die Energieversorgung aus. Die steigen

Daimler und BMW forcieren mit bp den Wandel zur Elektromobilität Ausbau der E-Mobilität Das Energieunternehmen bp will gemeinsam mit der BMW Group und der Daimler Mobility AG die E-Mobilität stark vorantreiben und dafür den Zugang zur Ladeinfrast

Wissenschaftler kritisieren: Saubere E-Mobilität ist Rechenfehler Elektroautos - eine saubere Sache: Ist das nur die halbe Wahrheit? Die Mitglieder der IASTEC (internationale Vereinigung von Professoren und Forschern weltweit, die an renommierten Universitäten an der Fahrzeug- und Antriebsst

 

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Login via Facebook

Community