Kompakt und Klasse Teil 2

Die Dreißiger Jahre: nicht nur beim luftgekühlten Heckmotor hatte Mercedes die Nase vorn

Kompakt und Klasse Teil 2: Die Dreißiger Jahre: nicht nur beim luftgekühlten Heckmotor hatte Mercedes die Nase vorn
Erstellt am 28. Mai 2010

Von Beginn des Jahres 1929 an ist der von Benz kommende Hans Nibel alleiniger Chefingenieur. Mit ihm sind auch der Konstruktionschef Max Wagner und der Versuchschef Fritz Nallinger aus Mannheim gekommen. Nibel und Wagner hatten sich schon sehr früh mit fortschrittlichen Fahrwerkkonstruktionen vertraut gemacht. Erinnert sei an den Benz Mittelmotor-Rennwagen von 1923, der seiner Zeit weit voraus war. Nun setzen beide ihre Vorstellungen und Erfahrungen in die Praxis um.

Luftgekühlter Hecktriebler

Das erste Projekt ist die Baureihe W 17. Von diesem Versuchstyp entstehen 1931 zwölf Versuchsfahrzeuge. Er hat im Heck einen luftgekühlten Vierzylinder-Boxermotor mit 1,2 Liter Hubraum und einer Leistung von 18 kW und umreißt damit bereits die Eckdaten des späteren VW Käfers. Doch das Arbeitsgeräusch des Motors ist zu laut, und so wird dieses Konzept nicht weiter verfolgt.

Interessant sind aus dieser Zeit sowohl der ganz frühe Prototyp mit Versuchskarosserie, der einem überdimensionalen Kohlenkasten mit Rädern zu großer Ehre gereichen würde, als auch ein sehr seriennaher und gefälliger Versuchswagen mit diversen formalen Ähnlichkeiten zum – viele Jahre später erscheinenden – VW Käfer.

Auch stilistisch sind die Ähnlichkeiten zwischen dem W17 und dem später aufgelegten VW Käfer unverkennbar

Kassenschlager Typ 170 (W 15, 1931 bis 1936)

Erfolgreich realisiert wird dagegen der Typ 170 (W 15). Das preisgünstige und technisch innovative Einstiegsmodell hat im Oktober 1931 auf dem Pariser Salon Premiere – und wird ein großer Verkaufserfolg. Im Jahr 1932 werden bereits 4.438 Stück gebaut, mehr als die gesamte Produktionszahl aller Mercedes-Benz Pkw-Modelle des Vorjahres. So hat der W 15 großen Anteil daran, dass Daimler-Benz die wirtschaftlich schwierige Zeit der frühen 1930er Jahre gut übersteht.

Als neueste technische Errungenschaft ist Typ 170 vorn und hinten mit Schwingachsen, also einer Einzelradaufhängung, ausgerüstet. Die moderne Technik und die gefällige Form des Wagens finden ebenso Anklang wie der trotz des Sechszylindermotors niedrige Preis. Als viertürige Limousine kostet das Fahrzeug 4.400 RM, also fast 1.600 RM weniger als die günstigste Ausführung des Typ Stuttgart. Er steht somit als hubraumkleinstes und preisgünstigstes Fahrzeug am unteren Ende des Mercedes-Benz Pkw-Programms.

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Variabilität ist Trumpf

Im ersten Produktionsjahr wird der Typ 170 nur als viertürige Limousine und als viersitziges Cabriolet C angeboten. Bemerkenswert ist der zwar kleine, aber serienmäßige Außenkoffer, zunächst in freistehender Ausführung und von 1934 an direkt mit der Karosserie verbunden. Von April 1932 an wird auch das Fahrgestell zur Fremdkarossierung angeboten.

Im September 1932 ergänzt ein zweisitziger „Roadster in Spezial-Ausführung“ die Modellpalette, ein Jahr später folgte das „Spezial-Cabriolet A“, das mit einem Preis von 7.000 RM die teuerste Variante des Typ 170 wird.



Im Februar 1934 kommt noch ein zweitüriger Tourenwagen mit vier Sitzen hinzu, der wahlweise mit Sindelfinger Karosserie oder Fremdkarosserie erhältlich ist. Die viertürige Limousine kann vom gleichen Zeitpunkt an auf Wunsch mit einem Rolldach aus Sindelfinger Produktion ausgerüstet werden.

Außer den genannten Karosserievarianten wird der Typ 170 in den Jahren 1932 bis 1935 auch als Kastenlieferwagen für 300 Kilogramm Nutzlast angeboten. Die Typenbezeichnung L 300 entspricht der Nomenklatur der Mercedes-Benz Lastwagenmodelle.

Parallel zum Typ 170 bot Mercedes in den Jahren 1934-1936 den Typ 130 (W 23) in verschiedenen Varianten an. Der kleine Wagen verfügte über einen längs im Heck eingebautem Motor mit 1.308 ccm und 26 PS.

Modernes Design: der Typ 130V (W 144)

Von dieser kompakten Baureihe entstehen in den Jahren 1935 bis 1937 insgesamt 18 Versuchsfahrzeuge als Zwei- und Viertürer. Zu einer Serienfertigung kommt es allerdings nicht.



Im Februar 1935 debütiert außerdem eine zweitürige Limousine, die bereits das Karosseriedesign des Nachfolgemodells Mercedes-Benz 170 V vorwegnimmt; gleichzeitig wird für alle Aufbauvarianten der seitherige Flachkühler durch einen Kühler mit flacher Keilform ersetzt.

Modellwechsel: Der 170V löst den Typ 170 ab

Der Typ 170 wird im Frühjahr 1936 vom Typ 170 V (W 136 bis 1942) abgelöst, der mit seinem Vorgänger außer der Hubraumklasse nichts mehr gemein hat. Technisch vollkommen neu konzipiert, ist der Typ 170 V mit einem Vierzylindermotor ausgestattet. Vom Mercedes-Benz 170 werden insgesamt 13.775 Stück gebaut. Dazu kommen noch einmal 126 Exemplare der Lieferwagenvariante L 300.

Der Typ 170 V avanciert damit zu einem der meistgebauten Mercedes-Benz Modelle in der Zeit vor 1945. Zudem bildet er nach dem Zweiten Weltkrieg die Basis für die Wiederaufnahme der Pkw-Produktion.



Auch direkt nach dem Krieg lässt der Gedanke an kleinere Autos das Unternehmen nicht los. Es entstehen mehrere Fahrzeuge, teilweise nur auf dem Reißbrett, aber in interessanten Konfigurationen. Mehr davon im 3. Teil von „Kompakt und preisgünstig“.

Fortsetzung folgt:

Teil 3: Die Wirtschaftswunderjahre

24 Bilder Fotostrecke | Kompakt und Klasse Teil 2: Die Dreißiger Jahre: nicht nur beim luftgekühlten Heckmotor hatte Mercedes die Nase vorn #01 #02

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