„Der letzte Wagen ist immer ein Kombi“ - 1980er Mercedes-Benz 230 Pollmann Bestattungswagen

„Aus Liebe zum Beruf? Pathologieassistentin mit dem außergewöhnlichen Hobby Leichenwagen

„Der letzte Wagen ist immer ein Kombi“ - 1980er Mercedes-Benz 230 Pollmann Bestattungswagen : „Aus Liebe zum Beruf? Pathologieassistentin mit dem außergewöhnlichen Hobby Leichenwagen
Erstellt am 13. Januar 2012

Die Modellpalette der Mercedes-Benz-Modelle ist so vielfältig wie keine andere, und was Mercedes-Benz nicht selber fertigt, übernehmen Spezialisten – oft in Kleinserien, aber auch als Sonderaufbauten wie dieser Bestattungswagen von der Bremer Firma Pollmann, der nach seinem jahrelangen Dienst den Weg in die Liebhaberhände der Norddeutschen Nina Holste gefunden hat. Mercedes-Fans.de präsentiert ihren für viele außergewöhnlichen W123 mit Pollmann-Aufbau und ihren besonderen Bezug zum Thema...

Pollmann, nicht Pullmann – die durch Stretchlimousinen bekannte Firma – heißt der Umbauer aus Bremen, der sich neben dem Bau von Pumpen auch auf Sonderaufbauten spezialisiert hat. Auf Basis eines W123 Fahrgestells mit 2.795 mm Radstand fertigten die Bremer einen Bestattungswagen-Aufbau. Serienmäßig kam der 123er nur mit dem 230er Motor, Automatik mit Lenkradschaltung, Servolenkung und Niveauregulierung.

Pollmann versah das Chassis mit dem erhöhten Leichenwagen-Dach, den großen Scheiben und kümmerte sich um den Innenraumausbau mit Mitteltrennscheibe zum Fahrerabteil. Komplettiert mit den entsprechenden Beschriftungen des Auftraggebers kostete der W123 Leichenwagen inkl. der Mehrwertsteuer von seinerzeit nur 13% satte 51.957 DM – umgerechnet rund 25.000 Euro. Das Erdmöbel wie hier auf den Bildern war – wie auch ein Radio - damals nicht in der Erstausstattung mit dabei. Nach jahrelangem Einsatz fand der Mercedes-Benz schließlich zum Glück immer noch nicht seine letzte Ruhestätte.

Leichenwagen als Traumauto

Die heutige Besitzerin Nina Holste erstand den Wagen im Mai 2010. Die heute 31-Jährige verwirklichte nach den üblichen Anfangsautos („„das Leben ist zu kurz für kleine hässliche Autos“) 2006 Ihren Traum von einem eigenen „Erdmöbeltransporter“, einem Mercedes 220/8 von 1970 mit Pollmann-Aufbau. Viele werden sich jetzt fragen, wieso so ein Traumwagen einer jungen Frau aussieht, die Erklärung liefert Nina gleich mit: „Ich bin gelernte Medizinisch-Technische-Laborassistentin (MTLA) mit Zusatzausbildung als Sektions- und Präparations-Assistentin und arbeite derzeit in der Pathologie eines Krankenhauses. Der Tod als solches ist mir also täglich allgegenwärtiger als anderen, was ihn aber auch so 'gewöhnlich' macht, wenn man es so ausdrücken will.“

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Schwarzfahrer Interessengemeinschaft

Es gibt einige Fans von Leichenwagen, die in Interessengemeinschaften und Clubs organisiert sind, aber es gibt wohl wenige wie Nina, die beruflich mit dem Thema Tod verbunden sind. Dazu kommt, dass die Pathologieassistentin nicht nur auf Leichenwagen steht sondern sich auch eher dunkel kleidet. „Wegen meines düsteren Kleidungsstils sieht der 'Andere' dann bezüglich der Wahl meines Automobils das Gruftie-Klischee erfüllt. Aber na ja, damit muss ich leben.“

Nina's erster Leichenwagen stammte aus dem Hamburger Stadtgebiet, leider hatte der 1970er Mercedes-Benz 220/8 Pollmann jahrelang ungeschützt im Freien gestanden und so konnte der Rost nahezu den gesamten Unterboden besiedeln. „Da das Auto aber meinen Traum eines Leichenwagens darstellte (und immer noch tut), in Form von Modell und Aufbau und insbesondere durch die Heckflügeltüren und dem hübschen Innenraum, habe ich in den folgenden Jahren also viel Geld investiert, um ihn irgendwie am Leben zu halten.“

Der Bestattungswagen aus erster Hand

Doch nach zwei Jahren war der Norddeutschen klar, dass die Restauration des von ihr „Ash“ genannten Strich-Achters aufwändiger als gedacht war. „Seitdem fristet der Mercedes-Oldtimer sein ungeschminktes Dasein in einer Eckernförder Halle und wartet auf eine Vollrestauration“. Doch die Norddeutschen war jetzt infiziert, nach einem Audi 100 Leichenwagen namens „Jobe“ als „Übergangsfahrzeug“ folgte der hier gezeigte 123er: „Ein günstiger Umstand bescherte mir 2010 dann meinen aktuellen Bestattungswagen. „Der 123er von 1980 mit Pollmann-Aufbau gefiel mir sofort. Da zusätzlich noch Zustand und Lack top waren und wir das gleiche 'Baujahr' hatten."

Aufmerksam wurde Nina durch einen Freund aus Flensburg, der ebenfalls Leichenwagenbesitzer ist und den Kontakt zum Bestatter vermittelte. „Pünktlich zum 30. Geburtstag am 28. Mai vorletzten Jahres bekam mein Schmuckstück dann sein Oldtimergutachten geschenkt“. Seitdem sind Nina und der „Church“ genannte Bestattungswagen regelmäßig auf Oldtimertreffen und Ausstellungen (daher auch der Ausstellungssarg) unterwegs.

"Och, vielleicht ist das das letzte Mal, dass ich vorne mitfahre“.

„Die Reaktionen auf mein Auto auf Oldtimertreffen sind übrigens zu 95% positiv. Nur ganz selten zeigen sich die Leute geschockt oder gar aggressiv. Es überwiegt die Neugier. Wie sagte schon meine Oma, als sie das erste mal bei mir im Auto saß: „Och, vielleicht ist das das letzte Mal, dass ich vorne mitfahre“.

Nina hat ein echtes Faible für Leichenwagen

Nina hat ein echtes Faible für diese Fahrzeuge, was auch die Namensgebung ihrer Autos beweist, denn die Namen stammen aus Horror-Klassikern: "Ash" von Evil Dead,

"Jobe" vom Rasenmähermann und "Church" ist die Katze vom Friedhof der Kuscheltiere. Dabei kommt es ihr aber nicht darauf an, ihre Umwelt zu schocken. Klischeehafte "Gruftie-Accessoires", wie z.B. Plastik-Skelette kommen ihr nicht ins Fahrzeug. "Mir ist der Originalzustand wichtig, denn es geht ja vor allem um das Auto und nicht um oberflächliche Effekthascherei..." Und im Alltag wird der Mercedes-Benz geschont..., da muss ein schnöder Kleinwagen herhalten...



Text: Thomas Frankenstein

Fotos: Stephanie Cuckson

Mercedes-Fans-Facts

1980 Mercedes-Benz 230 (W123) Leichenwagen



Antrieb: Vierzylinderreihenmotor, OHC, 2307 ccm, Stromberg-Vergaser, 109 PS bei 4800 U/min, 186 Nm bei 3000 U/min; Vierstufen-Automatik, Hinterradantrieb

Fahrwerk: Vorne und hinten Einzelradaufhängung mit Schraubenfedern, Öldruckdämpfern, Scheibenbremsen

Räder: 15“-Stahlfelgen mit Radkappe und Michelin Agilus Reifen in 185HR15

Sonstiges: Leichenwagen-Umbau von Pollmann, Blaupunkt-Radio

36 Bilder Fotostrecke | „Der letzte Wagen ist immer ein Kombi“ - 1980er Mercedes-Benz 230 Pollmann Bestattungswagen : „Aus Liebe zum Beruf? Pathologieassistentin mit dem außergewöhnlichen Hobby Leichenwagen #01 #02

2 Kommentare

  • Mercedes-Fans.de

    Mercedes-Fans.de

    Man kann sich aber immer ohne Probleme mal fürn Nickerchen zur Ruhe betten! :-)
  • Dome

    Dome

    Respekt vor der Arbeit, das ist nichts für Jedermann mal ganz abgesehen von der Ausbildung die dazu gehört. Ich finde es sehr mutig so ein Auto als Alltagswagen zu fahren, alleine die Vorstellung was damit transportiert wurde wäre für mich wohl zu viel ;-)

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