Das Polizei-Cabrio: 1951er Mercedes-Benz 170 D "OTP"

Das fuhr die Polizei vor 60 Jahren: Offener Tourenwagen Polizei (W136)

Das Polizei-Cabrio: 1951er Mercedes-Benz 170 D "OTP": Das fuhr die Polizei vor 60 Jahren: Offener Tourenwagen Polizei (W136)
Erstellt am 8. August 2014

Ein “Offener Tourenwagen Polizei", Kürzel 170 D OTP, mit seinen Steckscheiben, seiner umlegbaren Windschutzscheibe und seinem Flatterverdeck gehört wohl zu den Publikumsmagneten jeder von ihm besuchten Veranstaltung, bei der es um motorisiertes altes Blech geht. Wie selten der Viertürer zu sehen ist, lässt sich daran ermessen, dass zu seiner Bauzeit zwischen 1951 und 1952 nur 530 Exemplare entstanden. Damit ist er seltener als ein Flügeltürer! Einer dieser Dienstwagen mit originalem Blaulicht und Fanfare gehört Thomas Robens aus Düsseldorf.

Gefragt, ob ihn diese Seltenheit dazu gebracht hat, ein solches Auto in seine Schrauberhände zu nehmen, antwortet Thomas: “Es war zu Beginn der 90er, als mir der Besitz eines eigenen Oldtimers nicht mehr aus dem Kopf ging. Meine Gedanken kreisten um alles, was mit automobiler Geschichte zu tun hatte, ob nun ein Volvo Amazon oder etwas mit Stern. Ein damaliger Arbeitskollege und OTP Besitzer erzählte mir dann eines Tages, er habe genau das richtige Auto für mich, nämlich einen weiteren OTP. Beim Anschauen kam dann das große Erwachen. Die Schrottplatzreife hätte das, was da vor mir stand, unter normalen Umständen sicher schon längst hinter sich gehabt. Drei Monate habe ich dann Anfang 1991 überlegt, bevor ich meine Kaufabsicht mit meiner Frau besprochen habe.

Erst nach grünem Licht für das grüne Chaos habe ich dann die Fotos präsentiert. Aber selbst das hat den gemeinsamen Entschluss nicht mehr umstoßen können. Wir waren eine junge Familie mit der gerade geborenen Tochter Helen; neben dem Haushaltskonto wurden für meine Frau und mich separate Konten für private Ausgaben angelegt und der Startschuss für das zweite Leben des OTP war gefallen. Da das Auto keine Papiere mehr hatte, ließ ich mir vom Leiter des Straßenverkehrsamts Düsseldorf bestätigen, es beständen keine Bedenken, das Fahrzeug nach technisch einwandfreier Wiederinstandsetzung und nach Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des Kraftfahrt-Bundesamtes Flensburg wieder zuzulassen.

Es folgten fast endlose Streifzüge über Teilemärkte. Neun Jahre lang war ich dabei mindestens zehnmal pro Jahr an Wochenenden unterwegs. Zwischendurch trat ich 1993 in den Mercedes-Benz Veteranen Club ein, was das Schrauberleben, sei es durch Teilerabatte oder wertvolle Restaurierungstipps, wesentlich erleichterte. Ein ganz besonderes Erlebnis war der Kauf des Verdeckgestänges. Nach Mustern und Zeichnungsvorlagen hatte ich bereits selbst sämtliche Konstruktionszeichnungen für eine Nachfertigung erstellt, als ich zusammen mit einem Clubfreund bei einem Marktbesuch mit zwei Belgiern ins Gespräch kam. Sie erzählten von zwei OTPs in ihrem Besitz und wir konnten insgesamt mit dreien aufwarten. Das anschließende Fachsimpeln über ihren Teilevorrat ergab, dass darunter auch ein Verdeckgestänge war, das ich mir natürlich sofort reservieren ließ. 1998 kaufte ich unter anderem einen 170 Db als Teileträger und ab 2000 begann das Restaurieren.

Zu Beginn der Arbeiten stellte ich fest, dass das Auto offenbar bis zu seinem “Scheintod“ nie in Privathand gewesen war, selbst das Funkgerät war noch eingebaut. Fünf Jahre haben die Arbeiten gedauert, dabei habe allein ich mehr als 3000Stunden geschraubt. 2005 war der OTP dann wieder fahrbereit. Die große Krise aber stand noch bevor: Der Zulassungsbeamte weigerte sich trotz Unbedenklichkeitsbescheinigung und TÜV Abnahme, einen neuen Brief auszustellen.

Der nächste Schock war, dass inzwischen der Leiter des Straßenverkehrsamtes, der ursprünglich der Wiederzulassung zugestimmt hatte, nicht mehr im Amt war. Zu meinem Glück hielt sich sein Nachfolger jedoch an die seinerzeit gegebene Zusage und ich konnte mein Schmuckstück pünktlich beim 2005er OTP Treffen innerhalb des jährlichen Pfingsttreffens des Mercedes-Benz Veteranen Club in Ladenburg vorführen.

Inzwischen läuft das Auto etwa 3000 km pro Jahr. Auch vor Fernreisen ist ihm nicht bange. Allerdings gab es 2006, als wir ihn einmal nicht per Achse auf großer Reise einsetzen wollten, ein Problem. Es sollte per Autoreisezug in die Toskana gehen. Die Fahrzeugabmessungen hatte ich bei der Buchung ordnungsgemäß angegeben und die Reise schien perfekt. Leider schien das bei Reiseantritt nicht für den Verlademeister zu gelten, der die Mitnahme wegen zu großer Fahrzeughöhe ablehnte. Ein Transport mit offenem Verdeck war zu gefährlich und eine Verladung auf dem oberen Deck kam wegen Funkenflugs an den Oberleitungen, der wahrscheinlich Verdeckschäden verursacht hätte, nicht in Frage. Ja, und so gab es eben eine Reise weniger.

Jedoch waren wir 2010 mit ihm an der Loire und 2013 ging es in die Schweiz, das allerdings nicht ganz problemlos, da am Genfer See das Getriebe streikte. Wir kamen dann doch noch bis Sion, aber dort war endgültig Stillstand angesagt. Doch auch dieses Problem haben wir ohne Gelben Wagen gelöst. Telefonisch habe ich einen Clubfreund aus Freiburg ausfindig gemacht, der mir mit einem Ersatzgetriebe aushelfen konnte. Den Transport nach Sion hat dann die Frau eines Heidelberger Freundes übernommen.

Kleinere Reisen wie weitere Pfingsttreffen des Mercedes-Benz Veteranen Club gehören selbstverständlich weiter zum Programm. Dorthin geht es dann, da Platz zum Camping vorhanden, mit angehängtem Eriba Puck Wohnanhänger aus den frühen 60ern. Allerdings ist hier, offenbar aus Bequemlichkeitsgründen, meine Frau Ulrike nicht mehr mit von der Partie. Vertreten wird sie dann durch unsere Tochter Helen, die mich immer wieder zu gemeinsamen Unternehmungen antreibt. Immerhin kam sie ja im gleichen Jahr wie das Auto in unsere Familie!

So waren wir bei mehreren Automobil Sternfahrten der International Police Association (IPA), unter anderem in Erfurt, dabei. Wenn man mit einem solchen Fahrzeug irgendwo zu Gast ist, dürfen natürlich auch kleine Schmankerl nicht fehlen. Ein Beispiel ist unser Besuch des 50jährigen Jubiläums der IPA Köln. Dabei ließ es sich der Veranstalter nicht nehmen, mich mit einer Originaluniform samt Tschako, wie er bis in die 60er Jahre getragen wurde, auszustatten. Nur für Helen gab es nichts Passendes, Beamtinnen waren eben damals bei der Polizei noch nicht gefragt.“

Mehr Polizei? Wir haben noch ein zweites Exemplar für Sie!

Das und noch viel mehr kann Thomas aus gemeinsamen Jahren mit seinem Dienstfahrzeug berichten. Erlebnisse, die man nur hat, wenn man sich auf so etwas wie einen OTP einlässt. Also dann, Thomas und Helen, weiter so mit Blaulicht und Fanfare!



Text: Friedrich W. Thüner, Thomas Robens

Fotos: Friedrich W. Thüner, Thomas Robens





Mehr Polizei? Wir haben noch ein zweites Exemplar für Sie! Klicken Sie bitte hier: Mercedes-Benz 170 D OTP

Mercedes-Fans Facts

Mercedes-Benz 170 D OTP (W136)

Modelljahr: 1951/1952

Motor: Diesel, 4 Zylinder / Reihe, Hubraum: 1767 ccm; Leistung: 43 PS (Original: 40 PS)

Getriebe: Vollsynchronisiertes Viergang-Schaltgetriebe

Räder: Stahlfelgen 16 Zoll mit BF Goodrich 6,00 -16

Fahrwerk: Vorn Obere und untere, quer verlaufende Blattfeder, Trommelbremsen; hinten Hypoidachse mit Schraubenfedern, Trommelbremsen

Karosserie: Ganzstahlkarosserie auf x-förmigem Ovalrohr-Rahmen

Innenraum: Polizeiausführung

65 Bilder Fotostrecke | Mit Blaulicht und Fanfare - 170 D OTP: #01 #02

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Login via Facebook

Community