Mercedes-Benz 200 D (W124)

Der Kilometerfresser: Dieser Ersthand-W124 hat 1 Million km auf dem Tacho

Mercedes-Benz 200 D (W124): Der Kilometerfresser: Dieser Ersthand-W124 hat 1 Million km auf dem Tacho
Erstellt am 27. April 2017
Eine Million Kilometer im Mercedes-Benz? Kein Wunder, erst recht wenn es sich um den genügsamen Zeitgenossen 200 D der Baureihe W124 handelt. Zugegeben, bei der dunkelblauen Limousine von Mercedes-Benz Ingenieur Michael Nickl handelt es sich nicht gerade um ein Museumausstellungsstück, hier und da nagt der Rost und bis zum lang ersehnten historischen Kennzeichen muss der Stern aus dem Jahr 1992 noch ein paar Jahre halten.
 

Der 200 D ist seit seinem Bandablauf in der Hand des Stuttgarters, der seit 1987 bei Daimler arbeitet. Logisch, dass er .den 124er persönlich im Werk abgeholt hat. Die Entscheidung für einen Stern fiel dem Mercedes-Fan leicht, der sich mit seinem Benz einen Traum erfüllte, auch wenn dieser kaum mit mehr als einer Buchhalterausstattung daherkommt.
 
Auf der Rechnung standen - dank 21 Prozent Mitarbeiterrabatt - gerade einmal 40.523,81 D-Mark  - umgerechnet ca. 20.780 €! Dafür gab es einen 200 D im 904 Dunkelblau und hellgrauem Stoff-Interieur 068. Bei den Sonderausstattungen gab es Kreuzchen beim elektrischen Schiebedach, Kopfstützen hinten, Mittelarmlehne, Zentralverriegelung, Radiovorbereitung inklusive mechanischer Antenne und beim Fünfgang-Getriebe.

Unter der Haube des 200 D steckt der robuste Diesel OM 601 mit 75 PS und 126 Nm maximales Drehmoment. „Der 300 D war mir zu teuer und einen Fünfzylinder wie den 250 D wollte ich einfach nicht. So wurde es der 200 D“, erinnert sich der gebürtige Oberpfälzer, der damals bei Mercedes-Benz als Entwickler im Bereich Achskonstruktion arbeitete.

Der 124er sollte eigentlich nur ein Jahr das Alltagsgefährt werden, und wie viele andere Werksangehörige wollte Michael Nickl seinen 200 D dann verkaufen. „Es kam 1993 der Verdacht auf, dass Dieselpartikel krebserregend wären“, erinnert sich Nickl, „die Preise für junge Gebrauchtwagen fielen in den Keller. Sonst bekam man als Werksmitarbeiter bisweilen mehr, als man neu bezahlt hatte. Doch so habe ich ihn schließlich behalten und bin einfach weitergefahren.“Nach fast 25 Jahren Alltagseinsatz hat der 124er nur wenige Stellen, die nicht vom Rost befallen sind. „Die vier Türen habe ich schon vor Jahren gegen solche vom Autoverwerter ausgetauscht“, erklärt der 55-Jährige nüchtern. "Ich bin alles andere als ein echter Autofan. Für mich ist mein Auto ein Gebrauchsgegenstand. Gewaschen
wird der Wagen nur selten".
 
Nachdem Nickl von Stuttgart nach Wildberg im Kreis Calw umgezogen war, pendelte sich die Jahreslaufleistung bei 42.000 Kilometern ein. Nur einmal ist Nickl mit seinem Stern liegengeblieben: Bei einem Anstieg auf der Autobahn bei Kilometerstand 445.000 im November 2003 gab die Kupplung auf: „Der Wagen wurde immer lauter, der Vortrieb ließ nach und schließlich rollte ich aus“, blickt Nickl zurück. „Wir mussten ihn schließlich abschleppen.“ Das war die einzige größere Pannen des  200 D, abgesehen von einer Zylinderkopfdichtung und den Rostproblemen wurden beim 124er nur Verschleißteile wie Reifen, die besagte Kupplung, Bremsen, die Lichtmaschine oder die Wasserpumpe erneuert.
 
Michael Nickl Buch hat die Betriebskosten penibel aufgelistet - von dem ersten Tag an. Seit der Erstzulassung stehen allgemeine Unterhaltskosten von 58.563,26 Euro und reine Tankkosten von 53.786,28 Euro in den Excel-Tabellen. Damit kann Nickl auch stolz verkünden, dass der Durchschnittsverbrauch in knapp 25 Jahren bei kaum mehr als sechs Liter lag.

Nickl spulte mit seinem W 124 über immer Kilometer ab, schon bald war die 500.000-Kilometer-Marke geknackt und die Kollegen behaupteten, dass er den Wagen wohl nie verkaufen werden und die Millionengrenze das nächste Ziel wird. Doch das stand wegen eines Unfalls 2004 plötzlich auf der Kippe. Nach dem Auffahrunfall mussten die beiden Schweinwerfer, der Kühlergrill und die Motorhaube sowie die Frontstoßstange ersetzt werden. Alles kam vom örtlichen Autoverwerter; nur die Frontstoßstange musste neu gekauft werden - ein Fall für die Vollkaskoversicherung. „Als ich seinerzeit anfragte und umstellen wollte, teilte man mir mit, dass die Teilkasko 80 Euro im Jahr teurer sei – trotz geringerer Leistungen. Weil ich so einen alten Vertrag hatte.“, erklärt Nickl, der heute in Sindelfingen an der GLE-Klasse werkelt.
 
Aufgrund der hohen Laufleistung und noch zu jungen Alter und schlechten Zustand für den Oldtimerstatzs hatte die Versicherung als nahezu wertlos eingeschätzt - für Michael Nickl ist der 124er als Ersthand aber unschätzbar und wer weiß, viellleicht schafft der 200D noch das Jahr 2022, dann wird der Mercedes zum Oldtimer und darf dann auch wieder in die Umweltzone Stuttgart fahren - mit einem H-Kennzeichen... - als neues Alltagsauto hat Nickl allerdings die neue E-Klasse ins Auge gefasst.
 
Autor: Thomas Frankenstein, Fotos: Daimler AG
 

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