Mercedes Vision GT für 1,5 Mio: Sensation oder Internet-Fake?

Eine Verkaufsanzeige für den Mercedes-Benz AMG Vision Gran Turismo befeuert die Fantasie der Auto-Presse

Mercedes Vision GT für 1,5 Mio: Sensation oder Internet-Fake? : Eine Verkaufsanzeige für den Mercedes-Benz AMG Vision Gran Turismo befeuert die Fantasie der Auto-Presse
Erstellt am 12. Dezember 2013

Die Messehallen in Los Angeles waren gerade frisch ausgefegt, da meldeten Blogger und Fachmagazine gleichermaßen aufgeregt, dass 5 Exemplare des im Rahmen der L.A. Auto Show gezeigten Concept-Cars Mercedes-Benz AMG Vision Gran Turismo tatsächlich Wirklichkeit werden sollten. Für eine Kleinigkeit von 1, 5 Millionen Dollar das Stück. Gebaut von einem – äh – sagen wir mal Unternehmer.

Offensichtlich war jemand aus der schreibenden Zunft über eine Anzeige auf der Verkaufsplattform Jamesedition.com gestolpert. Auf diesem nach eigenen Bekunden „ World‘s Luxury Marketplace“ werden tatsächlich Luxusgüter angeboten wie teure Autos, Uhren, Yachten oder Villen. Was ja nicht heißt, dass der Anbieter diese Dinge auch besitzen muss.

Warum also nicht auch ein Auto anpreisen, das ursprünglich nur für virtuelle Welten bestimmt war? Mercedes-Benz Designer hatten für das Rennspiel Gran Turismo 6 das visionäre Konzept eines Supersportwagens entwickelt und als Showcar aus der virtuellen in die wahre Welt überführt. Dass nebenbei auf diese Weise noch ein winziger Ausblick auf einen kommenden AMG Sportwagen gegeben weren konnte, wissen Sie als Stammleser sicher auch. So weit, so gut.

Schnäppchenpreis: 1,5 Millionen Dollar für einen nachgebauten Mercedes-Benz AMG Vision Gran Turismo

Einem Zeitgenossen muss das so gut gefallen haben, dass er sich dachte, da kann man doch mehr draus machen. Ein gewisser James Halversson bietet auf besagter Plattform im Namen seines Unternehmens J & S World Wide Holdings an, fünf Mercedes Vision Gran Turismo wahr werden zu lassen. Zum Schnäppchenpreis von 1,5 Millionen Dollar. Und weil es gerade so schön lief, pries das Unternehmen gleich auch noch ein Batmobil für eine Million Dollar an. Das ist insofern nicht Ungewöhnliches, weil das Verkaufen von Original-Filmautos so etwas wie ein amerikanischer Volkssport ist. So tauchen vom originalen Batmobil der Sechziger Jahre gleich mehrere Originale auf, was sich insofern erklären lässt, dass zum einen natürlich mehr als ein Fahrzeug für die Filmaufnahmen gebraucht wurde. Zum anderen erzählt man sich in Autokreisen, dass der damals beauftragte Customizer im Laufe der Jahre immer wieder mal ein „echtes Original“ in einer Garage gefunden hat.

Hier ist der Fall etwas anders gelagert. Jeff Halversson kündigt an, auf Basis des SLS AMG gleich fünf dieser Fahrzeuge zu bauen. Der Felgenhersteller stünde mit der Renommiermarke ADV1 auch schon fest. Klingt gut oder? Zumal deutsche Fachmedien wie die Sportauto bei der Firma J&S World Wide Holding kenntnisreich von einem Luxus-Karossier sprechen. Das baut Vertrauen auf, denn schließlich sollen ja auch zwei Autos nach Europa kommen. Vielleicht ja sogar ins Land, in dem das „moderne“ Auto erfunden wurde – also Deutschland.

Fragt sich nur wie der Schöpfer der Studie auf eine Kleinserienfertigung reagieren würde? Wir erinnern uns, dass Mercedes-Benz auch schon Glasfaser-Nachbauten des 300 SL Flügeltürer hat einstampfen lassen, weil die Schwaben hier einen Geschmacksmusterschutz verletzt sahen. Würden sie einer Blechwerdung Ihres Vision Gran Turismo tatenlos zuschauen? "Es ist von unserer Seite aus nicht angedacht, diese Studie in Serie zu produzieren und wir sehen das auch nicht mit großer Begeisterung, wenn unser geistiges Eigentum zweckentfremdet wird!", erklärt Mercedes-Benz-Sprecher Tobias Müller auf Anfrage. der geneigte Leser darf daraus schließen, dass die Daimler AG diesen visionären Wildwuchs zu unterbinden wüsste.

Die Adresse der J&S World Wide Holding

Google findet unter der angegebenen Adresse dieses Gebaude. Schaut nach Post Office aus.



Aber wo soll denn das Auto überhaupt entstehen? Wer die angegebene Firmenadresse bei Google eingibt, landet bei einem Gebäude, das eher nach einer Postverteilerstelle ausschaut als nach Edelschmiede. Eine Recherche auf der Florida, Department of State, Divisions of Corporations-Website brachte auch kein Ergebnis. Die Firma ist da nicht eingetragen. Das erinnert uns an den genialen Tuner Arturo Alonso, dessen Edelschmiede „Gullwing America“ auch von diversen Magazinen hochgejubelt wurde. Mit dem kleinen Makel, dass Arturos Fahrzeuge bislang aber nur aus Pixeln bestanden.



Aber immerhin meldet sich unter der in der Anzeige genannten Telefonnummer tatsächlich jemand, der sich Jeff Halversson nennt und erläutert, dass nicht seine Firma das Auto baut. Er arbeite da mit kompetenten Partnern zusammen. Die versprochene Email, in der die Partnerunternehmen und weitere Details genannt werden sollten, blieb bislang aus.



Sollten Sie nun aufgrund der bisherigen Berichterstattung Ihr Sparschwein schon vor dem geistigen Auge geschlachtet haben und wir Ihnen nun vielleicht etwas den Spaß geraubt haben, dann fragen Sie Mr. Halversson doch mal, ob er Paypal akzeptiert. Dann hätten sie zumindest so etwas wie Kundenschutz! Besser ist das!



Text:Thomas Ebeling

Fotos: Daimler AG, Sony

Update: die bisherigen Projekte

Und hier ist uns bereits eine Fahraufnahme des Mercedes-Benz AMG Vision Gran Turismo geglückt. Was? Sie glauben uns nicht? Dann schauen Sie sich als Beweis mal den Hydranten an. Der sieht doch echt aus! Bilder lügen nicht....



Jeff Halversson hat nun doch noch geantwortet. Offensichtklich arbeitet er für Parker Brothers Concepts, ein Unternehmen, das sich auf den Bau von Fantasie-fahrzeugen - Thingies - spezialisiert zu haben scheint. Ein Link zu den reverenzen stellen wir gern unkommentiert ein: Parker Brothers Concepts

1 Kommentar

  • Veteranenclub

    Veteranenclub

    Sauber ! Da sieht man mal wieder, daß Ihr auch schöne Gerüchte mal hinterfragt, weiter so !!!! MfG Jörg Maschke

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