Fahrbericht: Mercedes-Maybach S 600

Generaldirektor für 90 Minuten

Fahrbericht: Mercedes-Maybach S 600 : Generaldirektor für 90 Minuten
Erstellt am 22. Januar 2015

Mit einem Startpreis von 134.000 Euro überrascht Mercedes-Benz nicht nur den Autoren, sondern auch die Mitbewerber im Luxussegment.

Kampfpreis in der Luxusklasse? Schnäppchenfieber bei den oberen Zehntausend? Wir erinnern uns, 2011 verschlang ein Maybach in der günstigsten Variante rund 340.000 Euro und als exklusiver Chauffeurwagen locker um die 400.000 Euro plus X! Der neue Mercedes-Maybach kostet – je nachdem welche Variante man vergleichen möchte – kaum mehr als ein Drittel. Was für eine sensationelle Preisentwicklung. Kein Wunder, dass da Kunden und Mitbewerber gleichermaßen aufhorchen. Dem neuen Preisgefüge liegt aber auch eine neue Markenstruktur zugrunde.

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Maybach ist jetzt nicht mehr eine eigenständige Marke, sondern als Mercedes-Maybach nun eine Sub-Marke unter der Dachmarke Mercedes-Benz und kennzeichnet derzeit die neue Mercedes S-Klasse in ihrer exklusivsten Form. Ihr gegenüber steht der Mercedes AMG S 63 bzw. S 65, die die S-Klasse – nun ebenfalls als Sub-Marke – in ihrer sportlichsten Ausprägung repräsentieren. Richtig interpretiert, folgt daraus, dass ein Mercedes-Maybach niemals ein AMG sein kann, bzw. niemals mit einem AMG-Treibsatz aufgerüstet werden kann. Zumindest werksseitig nicht, es muss ja noch Raum für Individualisten und Spezialisten geben.

 

Der Maybach ist nun also immer ein Mercedes. Was er im Grunde auch schon in der letzten Generation war, nun aber wird es offen ausgesprochen und wir glauben, dass es sich auf den Verkauf des Mercedes-Maybach positiv auswirken wird. Denn jetzt ist die S-Klasse das, was sie immer sein sollte, das Flaggschiff. Das wird den meisten potenziellen Mercedes-Maybach—Kunden sicherlich nicht unrecht sein. Und dann kommt da noch der fürstliche Preisnachlass, der auch dem Oligarchen den Schrecken des derzeit bröselnden Ölpreises etwas abmildert. Topmodell ist der Mercedes-Maybach S 600. Sein V12-Biturbo-Aggregat kommt auf eine Leistung von 530 PS. Der Hubraum beträgt 5.980 cm3, das maximale Drehmoment liegt bei sehr souveränen 830 Nm ab 1.900/min. Etwas volkstümlicher vielleicht Mercedes-Maybach S 500, dessen V8-Biturbo-Aggregat aus 4.663 cm3 Hubraum 455 PS schöpft. Das maximale Drehmoment beträgt 700 Nm. Ungeachtet eines Leergewichts von rund 2,3 Tonnen ist in beiden Fällen eine standesgemäße Fortbewegung garantiert. Beide Modelle erreichen eine elektronisch begrenzte Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h. Für einige Exportmärkte wird es noch einen Mercedes-Maybach 400 geben.

Die Markteinführung der Mercedes-Maybach S-Klasse startet im Februar

20 cm mehr Radstand, eine geänderte Dachline mit Dreiecksfenster in der C-Säule und 20" Schmiederäder - der Mercedes-Maybach ist verströmt imposante Eleganz!

 Ein Zahlenspiel zum Staunen

Vergleichen wir mal: der Startpreis für eine S-Klasse S 500 liegt bei 106.743,00 Euro, in der 4MATIC-Variante sind es 110.551,00 Euro. In der Langversion kostet die S 500 Limousine mindestens 109.777,50 Euro und in der 4 MATIC-Version 113.585,50 Euro. Eine Mercedes-AMG S 63 Limousine übertrumpft den Mercedes-Maybach S 500 bei Einstiegspreisen um 152.022,50 Euro bzw. 155.295,00 Euro in der Langversion. Hätten Sie’s gedacht? Der Einstieg in die sportlichste Ausprägung der S-Klasse ist tatsächlich teurer als in die S-Klasse in ihrer exklusivsten Form.

Bei dieser offensiven Preisgestaltung sind Diskussionen vorprogrammiert, was dem Daimler nicht Unrecht sein wird. Die Verantwortlichen wissen, so kommt die neue S-Klasse nicht nur stückzahlmäßig an die Spitze, sondern vor allem auch in punkto Exklusivität und Strahlkraft. Was sich auf die anderen S-Klasse Einheiten auswirken wird. Und so verwundert es auch nicht, dass die bei der Vorstellung anwesenden Pressevertreter die Frage, ob der Mercedes-Maybach S 500 nicht zu billig sei, nur mit einem sibyllinischen Lächeln beantworten.

Aber keine Sorge liebe Oligarchen, Unternehmenslenker und andere Zielgruppenmitglieder. Der Mercedes-Maybach hat an nichts gespart, die herausragenden Executive-Sitze sind sogar serienmäßig. Aber ein Blick auf den Konfigurator macht deutlich, dass sich der Basispreis noch sehr ordentlich aufforsten lässt.

First-Class Ambiente im Fond des Mercedes-Maybach

 

Viel Edelholz, feinstes Nappaleder, Chrom und vor allem viel Raum schaffen eine luxuriöse Atmosphäre. Und das zum Startpreis von 134.000 Euro beim Maybach S 500.

Optisch erfüllt der Mercedes-Maybach wohl auch die anspruchsvollsten Erwartungen. Die gegenüber der langen Limousine zusätzlichen 20 cm mehr Radstand (3365 mm) hat Mercedes-Benz mit einer neuen Dachlinie aufgefangen, sodass der 5,45 m lange Viertürer beileibe nicht wie eine gestreckte S-Klasse wirkt, sondern mit einer deutlichen Eigenständigkeit aufwartet. Was natürlich auch durch die geänderte und 66 Millimeter kürzere Fondtür, vor allem aber durch das zusätzliche Fenster in der C-Säule noch unterstrichen wird. Erstmals seit dem W126 sind die Seitenfenster wieder vollständig mit einer Chromeinfassung umrahmt, und auch die geschmiedeten 20“-Chromfelgen scheinen eine Reminiszenz an die 126er-Alufelgen zu sein, die heute als „Gullideckel“ verehrt werden. MAYBACH ist hinten links auf dem Kofferraumdeckel zu lesen, ein Maybach-Logo prangt von der C-Säule. Doch über dem Kühler schwebt – logisch – der Stern. In Summe passt das. Es wäre wohl nicht zu vermessen, wenn wir beim Mercedes-Maybach von einer wuchtigen Eleganz sprechen.

Der Leiseste seiner Klasse!

Mittlerweile ist unser Fahrer mit einem designo matt-silbergrauen S 600 vorgefahren. Lautlos. Nur der Kies hat etwas geknirscht unter dem Druck der 20“-Räder. Es geht zurück vom Präsentationsort nach Santa Babara (CA). Rund 90 min lang dürfen wir die Welt von „hinten rechts“ betrachten. War der V12 – für den im Übrigen AMG die Entwicklungsverantwortung hat und der auch dort montiert wird – schon von draußen bestenfalls ein Flüsterriese, hörst du innen gar nichts mehr. Die Maybach S-Klasse schwebt. „Leiser als jeder Wettbewerber. Wir sind auch in dieser Klasse Weltmeister!“, hatte uns vorher ein Techniker über die nicht vorhandene Geräuschkulisse aufgeklärt. Die Füße ruhen auf einem weißen Lammfell-Teppich und ich selbst in einem mit feinem Nappa bezogenen Ledersessel, der so weit zurückpositioniert ist, dass mein Kopf auf Höhe der C-Säule ist. Auch eine Form der Diskretion. Für noch mehr Privatsphäre könnten die Insassen nun noch zusätzliche Rollos aktivieren, sogar im kleinen Dreiecksfenster in der C-Säule.

Dabei ist nicht nur dank des optionalen Panorama-Schiebedachs das Raumgefühl sehr angenehm. Die Kopffreiheit ist dank der geänderten Dachlinie auf 963 mm angewachsen. Und es dürfte wohl niemanden überraschen, wenn ich hier schreibe, dass auch große oder kräftige Zeitgenossen, auf dem Rücksitz hervorragend Platz finden. Das gilt im Übrigen auch für die Kleinsten, denn auch der Mercedes-Maybach hat Isofix-Befestigungen z.B. für einen Kindersitz. Der Freiraum für Beine und Knie fällt in die Kategorie „grenzenlos“. Mit einem speziellen Beifahrersitz-Paket lassen sich die vorhandenen 325 mm um weitere 77 mm vergrößern. Sagenhaft. Zusammen mit den angebotenen Massage-Programmen und einem sensationell kuschelweichen Kopfstützenkissen läuft der Chronist ernsthaft Gefahr hinweg zu schlummern, was den Artikel allzu früh beenden würde. Die mögliche Liegestellung probieren wir besser gar nicht aus. Stattdessen wende ich mich an unseren Chauffeur: „Ken, haben wir etwas zu trinken an Bord?“

Tafelsilber von Robbe & Berking an Bord

Haben wir! Hinter der Lehne der Rückbank befindet sich diskret verborgen eine Kühlbox und würden wir uns für den Champagner entscheiden, dann bietet der Maybach – angemessen untergebracht - auch dafür zwei silberne Champagner Kelche der Flensburger Silbermanufaktur Robbe & Berking wie man sie sonst auch auf Hochsee-Yachten antrifft. Tja, Geschäftsabschlüsse soll man feiern wie sie fallen. Warum nicht im Mercedes-Maybach? Etwas strebsamere Naturen werden mit Freude zur Kenntnis nehmen, dass sich der Fond komplett zu einem Büro umfunktionieren lässt. Mit Ausklapptischen, Video und Telefonie in HD-Qualität.

Unsere Arbeit ist an diesem Tag jedoch längst getan, wir lauschen dem Klang der Burmester-Anlage. Aus 24 Lautsprechern perlt ein funky-lässiger Soul der gewählten Radiostation, getragen von über 1500 Watt Gesamtleistung. Egal wohin das Auge schaut, oder die Hand auch greift. Die Macher haben es verstanden, den Mercedes-Maybach, der wie die S-Klasse in Sindelfingen entsteht auf eine Manufakturqualität im positiven Sinne zu heben. Die Nähte sind fein, die Hölzer schimmern poliert, alles wirkt mit Liebe platziert, kombiniert und ausgesucht. Sogar die Luft im Maybach scheint die Insassen zu umschmeicheln – das ist dank AIR-BALANCE Paket auch tatsächlich der Fall. Der exklusive Duft wird aus Adlerholz gewonnen und gilt seit jeher als eine der kostbarsten Ingredienzen – wertvoller noch als Gold!

In dieser Ausstattung dürfte sich „unser“ Mercedes-Maybach fraglos ein gutes Stück vom Einstiegspreis entfernt haben, aber dem Ideal einer Limousine der Luxusklasse haben wir uns bis auf Tuchfühlung angenähert. Dieser Stern strahlt höchste Exklusivität aus.

 

Technische Daten:  Mercedes-Maybach S 600

Antrieb: V12 Zylinder-Motor, Leistung: 530 PS/390 KW bei 4.900 U/min,

Kraftübertragung: 7 G-Tronic Plus 7-Gang-Automatik, Hinterradantrieb

Fahrwerk: Vorne Vierlenker-Vorderachse mit Luftfeder, Einrohrdämpfer, Stabilisator, Scheibenbremsen

hinten Raumlenker-Hinterachse, mit Luftfeder, Einrohrdämpfer, Stabilisator, Scheibenbremsen

Lenkung: Hydraulische Zahnstangen-Servolenkung

Räder: 19"/ optional 20"

Radstand: 3365 mm

Spurweite v/h: 1.680 (v) und 1.651 (h)

Länge: 5.453 mm

Breite: 1.899 mm

Höhe: 1.498 mm

Wendekreis: m

Kofferraum: l

Gewicht, fahrfertig: 2.335 kg

Zuladung: 480 kg

Tankinhalt: l

Beschleunigung 0-100 km/h: 5,0 s

Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h

Verbrauch kombiniert*: 11,7 l

CO2-Ausstoß: 219 - 224 (216) g/km

Preis: ab 187.841,50 Euro

*Herstellerangaben

 

2 Kommentare

  • musel

    Musel

    Ich würde mich für den 500er mit 4matic ohne firstclass Fond entscheiden, damit bleibt er (bis auf die Länge)alltagstauglich,man kann gleichzeitig von der neuen 9gang Automatik profitieren und im Winter steht man mit dem allrad auch super da
  • Pano

    Pano

    Ausschlaggebend für den evtl Verkaufserfolg wird wohl weniger der "Kampfpreis" sein. Vielmehr setzt man darauf, daß es genug Interessenten gibt, die vom Understatement des Maybach überzeugt sind. Für die, die ihren Reichtum laut hinausposaunen, gibt es genug Alternativen. Und demnächst den Pullman... Grüße Pano PS @Herrn Ebeling: sehr lässiger Artikel ;-)

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