Die rote Sau reloaded – oder die Rückkehr der rasenden S-Klasse

Was macht denn AMG mit der roten S-Klasse?

Die rote Sau reloaded – oder die Rückkehr der rasenden S-Klasse: Was macht denn AMG mit der roten S-Klasse?
Erstellt am 18. März 2010

Wir lieben kleine Sauereien. Erst recht wenn sie rot sind, verführerisch klingen und einen Schauer über die Haut jagen. Wie zum Beispiel die „Rote Sau“, die 1971 im belgischen Spa die einen zum Verzücken, andere sicherlich an den Rand der Verzweiflung getrieben hat. Um Missverständnissen vorzubeugen, wir reden hier von einem rennmäßig aufbereitete 300 SEL 6.3, der eigentlich ein 6.8 war. Und den es eigentlich gar nicht hätte geben dürfen, stattdessen aber zur Spa-Sensation wurde. Jetzt gibt es wieder eine wild gewordene S-Klasse von AMG.

Hallo AMG, was habt ihr vor?

Dicke Backen, breite Schlappen und ein effizienter 517 PS Biturbo-V8 - das S63 Showcar hat zweifelsfrei Talent!

Aber es ist schon eine merkwürdig anmutende Premiere. Da präsentiert Performance-Schmiede AMG im Vorfeld des Genfer Salons seine neue Motoren-Generation (wir berichteten hier!) und stellt im Zuge dieser Erneuerung ein knackiges S-Klasse S63 Showfahrzeug vor. Und in der Pressemappe finden sich nur ein paar Zeilen und wenige Fotos. Punkt. That‘s it!

Aber das, was da eher verhalten als enthusiastisch der Öffentlichkeit vorgeführt worden ist, ist schon für sich genommen ein Hingucker und nimmt obendrein Bezug auf eines der größten – wenn nicht das größte – Kult-Autos der AMG-Geschichte: Die rote Sau! Aber nur zeigen allein, ist uncool. Wir wollen fahren! Oder die Sau fliegen sehen…

Vorher mal ein bisschen Geschichte!

Internationaler Durchbruch 1971: der AMG 300 SEL 6.8 erzielt beim 24-Stunden-Rennen von Spa-Francorchamps (Belgien) völlig überraschend den Klassensieg und landete auf dem zweiten Gesamtrang.

Wer oder was ist denn überhaupt die „rote Sau? Bevor uns jemand der Unhöflichkeit zeiht, machen wir schnell deutlich, dass es weder politisch noch sonst irgendwie unhöflich gemeint ist, sondern hier handelt es sich schlicht und einfach um Kult. In Rot! Und zwar um einen Mercedes-Benz 300 SEL 6.8 AMG, mit dem eine damals noch weitgehend unbekannte Mercedes-Tuning-Schmiede schlagartig auf sich aufmerksam machte. Und diese Bezeichnung trug der feuerrote W109 zu Recht. Denn das, was da 1971 in Spa 428 PS stark und breitbeinig zum 24 Stundenrennen an den Start rollte, war ein in jeder Beziehung ausgereiztes Geschoss. Eher wohl sogar überreizt. Vermutlich mit hinterhältigem bis schweinösem Fahrverhalten.

Eigentlich wollte ja Mercedes selbst….

Der damalige Mercedes-Rennleiter Erich Waxenberger (und Vater des 300 SEL 6.3) wird seine Gründe gehabt haben, als er das werksgestützte W109-Rennprogramm zurückzog. Nicht so AMG. Dort machte man weiter. Sicher auch mit Werksunterstützung, wo sonst wären die eigentlich dem Wankel-Versuchswagen C-111 vorbehaltenen Felgen herkommen? Dennoch, die rote Renn-S-Klasse war für Reifen und Bremsen einfach zu schwer und zu stark.

Was nichts daran änderte, dass Hans Heyer und Clemens Schickentanz den brachialen Luxus-Renner an BMW, Ford, Alfa und Opel vorbei auf den zweiten Gesamtrang wuchten konnten. Nicht auszuschließen, dass das haarige Gefährt auch der Urknall zu einem Technologie-Eigenanspruch bei AMG führte, der die beiden Macher Hans Werner Aufrecht und Erhard Melcher fortan beseelte und auch heute noch Verpflichtung für die Innovations- und Performanceschmiede aus Affalterbach ist!

Ein Mythos landet in der Schrott-Mühle

Der Mercedes-Benz 300 SEL 6.8 AMG ist heute ein Mythos. Ein AMG-Meilenstein. Und fast jeder AMG-Fan träumt davon, vielleicht doch noch einen der vormals drei Waxemberger-Autos aufzuspüren. Wir haben bereits einmal über einen 300 SEL 6.3 berichtet, der aus dem direkten Umfeld stammte. Ein weiteres Fahrzeug, das damals von Mercedes für Rennen vorbereitet wurde, steht noch in Finnland. Das original Spa-Auto allerdings existiert nicht mehr. Es wurde von AMG verkauft und ist irgendwann nach einem strapaziösen Leben als Versuchsträger verschrottet worden. Ein bitteres Ende für eine Legende! Die Sau ist tot!


Wiederauferstehung: 2006 baut Mercedes eine Replica

Zum 40. AMG Jubiläum baut AMG aus einem normalen 300 SEL eine Replica der Roten Sau.

Da das Original verschrottet und eines der originalen Renn-Exemplare aus dem Erich Waxenberger –Programm nicht aufzutreiben war, kaufte Mercedes-Benz einen normalen 300 SEL mit Automatic und rüstete diesen 2006 zumindest optisch auf rote Sau um. Ein beindruckendes Gefährt, mit gewaltigen Reifen aber nur einem normalen 6.3 V8 und Automatik. Ein historisch korrekter 6.8 Liter-Motor ist immer noch angedacht.



Automatisch durch die Ardennen? Die Replika verfügt noch über ein Automatikgetriebe.

Jetzt kommt eine neue rote Sau auf den Plan!

Als AMG nun im Vorfeld des Genfer Salons den neuen AMG V8-Sportmotor vorstellte, wurde zeitgleich auch ein Fahrzeug enthüllt, das nicht nur ein ideales Showcase für den neuen Biturbo-V8 darstellt, sondern zugleich auch eine kleine Verbeugung vor dem legendären AMG S-Klasse-Renner ist.

So präsentiert sich das S63 Showcar nicht nur in der gleichen Farbe wie die original Rote Sau, sondern der Kenner entdeckt auch die gleichen Sponsoren-Aufkleber von einst und die gleiche Startnummer. Unter der Haube natürlich der neue 5,5 Liter V8-Biturbo-Motor, so wie er ab Spätommer 2010 auch im regulären AMG S 63 und dem Coupé zum Einsatz kommt, wenn der Kunde das AMG Performance Package gleich mitbestellt. Dann leistet das Triebwerk anstelle von 544 gar 571 PS, dann fällt die Tempo 100 Marke bereits nach 4.4 s. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei elektronisch begrenzten 300 km/h. Kombiniert ist der Treibsatz mit dem AMG Speedshift MCT 7-Gang-Sportgetriebe.

"Und was wird jetzt aus dir...?"

Wie schon beim Original sind auch bei dem S63 Showcar die Kotflügel kräftig verbreitert worden. 4.5 Zentimeter waren auf jeder Seite nötig, um die dicken Puschen, 275/35 R20 (v) und 325/30 R20 (h) unterbringen zu können. Was vielleicht nicht so sehr ins Auge fällt, da die aktuelle Mercedes S-Klasse ja schon werksseitig hinten eine „Kotflügelverbreiterung“ aufweist.

Das Interieur ist bis auch die Rennschalensitze und einem Sicherheitskäfig komplett leergeräumt. Und eine kleine aber feine Parallele entdeckt das Auge schließlich auch noch: Wie schon beim original, gönnt sich auch die Rote Sau 2 den stilvollen Luxus, ein bisschen Edelholz im Armaturenbrett spazieren zu fahren.

Spazieren zu fahren? Bis jetzt hat AMG noch nicht verkündet, was mit dem S 63 Showcar passieren soll. Nur Rumstehen allein sicherlich nicht. Das wäre auch nicht nach dem Geschmack von AMG-Sprecher Johannes Riegsinger: „Wir wollen auf jeden Fall gern noch zeigen, wieviel Potenzial auch unter sportlichen Gesichtspunkten in unserem neuen 5.5-Liter Bi-Turbo steckt!" Ein Einsatz beim 24 Stundenrennen am Nürburgring? Ein Fahrtermin für Journalisten? Da muss man bestimmt „Schwein“ haben, um dabei sein zu dürfen….





Weiterführende Links:

AMG 5.5 l-V8 Biturbo-Sportmotor



Mercedes 300 SEL 6.3 - der Kampfstern

31 Bilder Fotostrecke | Die rote Sau reloaded – oder die Rückkehr der roten Sau: Was macht denn AMG mit der roten S-Klasse? #01 #02

1 Kommentar

  • Sterninator

    Sterninator

    Männer-Autos! YES!

Schreibe einen Kommentar

Login via Facebook

Community