Die integrierte Sicherheit

Die Evolution der Türschlösser bei Mercedes-Benz

Die integrierte Sicherheit: Die Evolution der Türschlösser bei Mercedes-Benz
Erstellt am 29. April 2016

Passive Sicherheit bei Automobilen kennt jedes Kind – Airbag, Gurtstraffer usw. zählen dazu. Dabei gehen viele dieser Erfindungen gehen auf das Konto von Mercedes-Benz Entwicklungs-Ingenieuren. Mercedes-Benz ist auch bekannt für das Keilzapfen-Schloss, das das Aufspringen und Verklemmen der Fahrzeugtüren bei einem Unfall verhindert.

Mercedes-Fans.de Redakteur Thomas Frankenstein hatte die Gelegenheit, auf einer Zeitreise sechs Vorgänger-Generationen der E-Klasse zu fahren – vom 70 Jahre alten W191 170er bis zum 30 Jahre jungen W124 300. Die Fahrzeuge haben sich nicht nur optisch sondern natürlich auch technisch entwickelt. Neben den  Weiterentwicklungen bei Motorisierungen, Kraftübertragungen und Fahrwerken gab es auch eine Entwicklung bei einer entscheidendem, sicherheitsrelevantem Bauteil, das wohl noch nicht näher beäugt wurde – dem Türschloss und dessen Betätigung, auch Türgriff genannt.

Mercedes-Benz Fahrzeugsicherheits-Experte Karl-Heinz Baumann stellt uns die Besonderheiten der Schlösser vor. Der Diplom-Ingenieur war von 1977 bis 2012 bei der Daimler AG in der Entwicklung im Bereich Unfallsicherheit tätig. Er war maßgeblich bei der passiven Sicherheit vieler Baureihen, angefangen der W126er S-Klasse über Baby Benz W201 und E-Klasse Modellen ab W124 sowie den Roadstern R129 und R170, beteiligt. Baumann gibt zudem als geistiger Vater des Insassenschutzsystems PRE-SAFE.

1946 Mercedes-Benz 170 DS (W191)

Beginnen wir unsere Zeitreise mit dem 170er der Baureihe W191 aus dem Jahre 1946. Entwickelt in den 1920er Jahren und nur leicht verändert auch nach dem Zweiten Weltkrieg wieder in den Verkauf gebracht, kam die Baureihe mit gegen die Fahrtrichtung öffnenden Türen, den so genannten Selbstmördertüren – wurden diese aus Versehen während der Fahrt geöffnet, konnte der Wind die Tür greifen, weit öffnen und unter Umständen die Insassen mit herausziehen.

Doch nicht nur diese Türen waren gefährlich, auch die Türgriffe waren durch Ihre Bauform problematisch. „Die Griffe sind wie Klinken an den Wohnungstüren konstruiert und konnten im Falle eines Überschlages die Türen sehr leicht öffnen“, erklärt Karl-Heinz Baumann. Schon dieses Modell hatte aber schon ein Sicherheits-Zapfenschloss mit einem keilförmigen Zapfen, der formschlüssig in eine Öffnung in der Tür passte.

1958 Mercedes-Benz 180a (W120)

Mit der Einführung des Mercedes-Benz W120 1953 – wegen seiner Bauform Ponton genannt, änderte man die Griffe. Die Türen waren nun über einen kleinen Druckknopf zu öffnen, dabei griff die Hand in den Türgriff und der Daumen betätigte den darunter liegenden Druckknopf. „Bei einem Überschlag konnte der Druckknopf dennoch durch einen weichen Untergrund betätigt werden und sich die Tür so öffnen“, beschreibt der Daimler-Ingenieur Baumann.

1965 Mercedes-Benz 200 (W110)

Zum Meilenstein der passiven Sicherheit wird die „Heckflosse“ genannte Baureihe durch das Zusammenwirken zahlreicher Innovationen. Neben einer stabilen Fahrgastzelle und Knautschzonen gehört auch das 1958 patentierte, neue Keilzapfen-Türschloss, das mit zwei Sicherheitsrasten die Türen zuhält und so neben der Stabilität der Fahrgastzelle auch den Überlebensraum für Fahrer und Passagiere sichert. „Der Druckknopf liegt aber nun im Türgriff selbst und damit leider noch offener und die Entriegelung war noch einfacher, wenn sich das Auto überschlug“, erläutert Karl-Heinz Baumann.

1972 Mercedes-Benz 280E (W115)

„Erst mit der /8 Generation sollte sich dies wieder bessern“, so der Mercedes-Benz Enwickler: Fortan lag der Druckknopf „besser geschützt“ im bzw. unter dem Türgriff und so konnte sich die Tür nicht so leicht öffnen.

1979 Mercedes-Benz 230 (W123)

Noch besser war der Türgriff bei der nächsten Generation, der Baureihe 123, ausgeführt – hier war die Türbetätigung der Griff selbst, an dem man zum Öffnen der Türen ziehen musste. „Premiere hatte diese Griff-Technik bereits bei der SL-Baureihe 107 und dem großen Bruder W116. Leider stand der Griff aber zu weit nach aussen, so dass dieser bei einem Überschlag abbrechen konnte“, berichtet Baumann. 

1986 Mercedes-Benz 300E (W124)

Die Weiterentwicklung dieses Prinzips folgte schließlich beim 124er-Modell, als der Griff flacher an der Karosserie anlag. „Erstmals schuf eine Griffmulde Platz für die Hand. Bis heute ist dieses Konzept, beweglicher Griff als Öffner mit Griffmulde bei Mercedes-Benz bis auf wenige Ausnahmen geblieben“, erklärt der ehemalige Mercedes-Benz Ingenieur. „So hatte lediglich der SLS AMG diesen Türgriff nicht bekommen.“

Das Keilzapfen-Schloss übrigens blieb – wenn auch zwischendurch immer mehr oder weniger leicht verändert – das Kernelement der Türverriegelung. Erst mit den neuen Generationen hat man dies gegen ein noch sicheres System ausgetauscht…



Text & Fotos: Thomas Frankenstein

 

 

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