An diesem Cabriolet hätte Adenauer seine helle Freude gehabt

Autos sind zum Fahren da: Zeitlos eleganter Mercedes W186

An diesem Cabriolet hätte Adenauer seine helle Freude gehabt: Autos sind zum Fahren da: Zeitlos eleganter Mercedes W186
Erstellt am 23. November 2014

Was ist wohl das schlimmste, was einem Auto passieren kann? Achsbruch? Panne? Rückrufaktion oder Totalschaden? Weit gefehlt. Man stelle sich nur vor, da wird ein Auto gebaut – und keiner fährt es. In vollklimatisierten Hallen dieser Welt stehen sich blech gewordene Kunstwerke aus vergangener Zeit und auch neueren Jahren oft die Räder eckig, umsäuselt von gefilterter Luft, darauf wartend von einem gnädigen Mitarbeiter des wohlhabenden Sammlers generalstabsmäßig mit einem Schlüsseldreh bedacht zu werden und im Extremfall auch ein paar Meter auf eigener Achse rollen zu dürfen.

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Wer sein Auto liebt, der schiebt – nicht!

Gäbe es eine Statistik über depressive Automobile, sie würde wohl von diesen seltenen Exponaten und Sammlerstücken angeführt werden. Denn was tut ein Auto lieber, als seinen Besitzer zu fahren und von seinem Besitzer gefahren zu werden?

 

 

Made in Germany

Der Protagonist unserer heutigen Geschichte kennt diese Probleme nicht. Er hat ein bewegtes Leben hinter und – so es der Blechgott will – noch viele spannende Jahre vor sich. Im Juli des Jahres 1953 erblickte dieses Mercedes 300 Cabriolet das Licht der Nachkriegswelt und wurde in die USA verschifft. Über die Zeit jenseits des großen Teichs ist nicht viel bekannt, nur dass der Wagen seinerzeit einen Unfall gehabt haben muss und nicht fachmännisch repariert wurde. Doch dazu später mehr.

Der Re-Import erfolgte aus den Staaten

Der Vorbesitzer holte das „Adenauer“ Cabriolet in den frühen Neunziger Jahren wieder zurück in sein Heimatland, nach Deutschland und fing sogleich mit der Restaurationsarbeit an. Der Wagen erhielt ein neues Verdeck, da der Holzrahmen nach einer genaueren Überprüfung als unrettbar eingeschätzt wurde. Die Verdeckdämmung wurde ordentlich aufgestockt und erhielt eine zusätzliche Füllung mit Rosshaar. Ebenso auf der To-Do-Liste: Der Bodenteppich.

Kein „Stehzeug“. Der Adenauer wird rund 2.000 Kilometer pro Jahr gefahren

Kurz nach der Jahrtausendwende ging es an die Aufbereitung des Interieurs. Feinstes Leder umschmeichelt jetzt die Sitzgelegenheiten und dunkles Holz erfreut das Auge des Betrachters. Dabei ist dieser Adenauer kein „Rumsteher“. Besitzer Bernd Richter bewegt das gute Stück regelmäßig und scheut auch die Fahrten auf Rallyes nicht. Neben der Teilnahme an der Oldtimer Weserbergland Rallye in diesem Jahr in Rinteln erklomm der Eigner dieses wunderbar eleganten Klassikers auf eigener Achse den Schweizer Flüelapass, 2383 Meter über dem Meeresgrund. Die Fotos mit dem Adenauer vor märchenhaft eingeschneiter Bergkulisse zieren heute die Wände des zu Recht stolzen Besitzers.

Alpen, Nizza, Korsika: Dieser W186 war schon da.

Nein, dieser Adenauer scheut weder Weg noch Wetter. Die Teilnahme an der Mercedes-Benz „Sternfahrt“, der Hamburg-Berlin Rallye vom 11.-13.9.2008, der 1.000 km Rallye Slovenia in 2004 oder dem 1.000 Kilometer-Trip auf der Südtiroler Weinstraße, von der Pfalz in Richtung Bozen, zeugen wahrlich von einem bewegten Leben. Einmal lud Richter den W 186 auf einen Trailer und fuhr ihn nach Nizza, setzte mit einer Fähre nach Korsika über und drehte auf Sardinien seine Runden mit dem Auto. Natürlich am liebsten offen, denn so wie Autos zum Fahren gebaut wurden, muss man ein Cabrio einfach mit geöffnetem Verdeck über Land- und Küstenstraßen zirkeln, sich den lauwarmen Wind um die Nase wehen zu lassen und voller Gewißheit seine Runden drehen, ein zuverlässiges und zeitloses Automobil zu besitzen.

Offenkundig: Ob mit oder Verdeck macht dieser Mercedes 300 eine tolle Figur

Sicherlich, mit den Jahren fordert ein Oldtimer eine gewisse Aufmerksamkeit und Pflege, doch welches Auto fährt schon völlig wartungsfrei? Das Getriebe wurde im Laufe der Zeit überholt, die aus amerikanischen Tagen stammende Beule auf der Haube beseitigt und die zwischenzeitlich montierten Zusatzscheinwerfer spurlos wieder entfernt. Doch unterm Strich zählt die Zuverlässigkeit und Robustheit eines zeitlosen Klassikers. Es gibt eben Dinge, die kann man durchaus kaufen. Kreditkarte hin oder.

Mercedes-Fans Facts

1953 Mercedes-Benz 300 Cabriolet D (W 186)

Antrieb: Reihensechszylinder-Benzinmotor, 2975 cm³ Hubraum, Verdichtung 6,4:1, obenliegende Nockenwelle mit Duplex-Rollenkettenantrieb, zwei Solex 40 RBJC Fallstromvergaser, Leistung 115 PS bei 4600 U/min, 4-Gang-Schaltgetriebe, Hinterradantrieb

 

Fahrwerk: vorne Schraubenfedern und hydraulische Teleskopstoßdämpfer, hinten Doppel-Schraubenfedern und elektrisch zuschaltbare Drehstabfederung

Bremsen: Trommelbremsen vorn und hinten


Räder: Stahlfelgen mit 215/75 R15 Cooper Lifeliner Classic

Karosserie: Original, restauriert, Neulackierung in Rot

Innenraum: neu gepolstert und geledert, neuer Teppich, neue Holzverkleidungen, Becker Mexico

 

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