Interview: Ist e-Fuel die Lösung für die „Mobilität von Morgen“?

Erdöl-Gigant ARAMCO: Synthetische Kraftstoffe haben das Potential zur Klimaneutralität

Interview: Ist e-Fuel die Lösung für die „Mobilität von Morgen“?: Erdöl-Gigant ARAMCO: Synthetische Kraftstoffe haben das Potential zur Klimaneutralität
Erstellt am 7. November 2023

38 Milliarden Tonnen Kohlenstoff jährlich müssten der Erdatmosphäre mit Hilfe von Maßnahmen entnommen werden, um die Erderwärmung zu stoppen, so zitiert der Kultursender ARTE einen Teil der Wissenschaft. Andere Forschungskreise glauben, dass auch die Hälfte genügt, weil die Natur momentan 19 Milliarden Tonnen der Atmosphäre entziehen kann. Grund genug, nicht nur die Produktion von CO2 einzudämmen, sondern auch Methoden zu entwickeln, wie das CO2 aus der Atmosphäre entzogen und zwischengespeichert werden kann.

Mercedes-Fans sprach mit Matthias Braun, ARAMCO-Markenrepräsentant über E-Fuels und die zweite Chance des Verbrennermotors.

 

1) Wenn es um die „Mobilität von Morgen“ geht, dann fällt immer häufiger der Name ARAMCO. Auch in der Formel 1 tauchen nun großflächig ARAMCO-Werbebanden auf.      Wer oder was ist ARAMCO? Und was hat ARAMCO mit Mobilität zu tun?

Aramco ist das größte Energieunternehmen der Welt. Entsprechend seiner Bedeutung treibt es auch die Forschung und Entwicklung in der Massenproduktion von synthetischen Kraftstoffen. Parallel wird an dem optimierten Zusammenspiel von Motor und Energie weltweit geforscht. Einen großen Fokus legt Aramco auch in der Nutzung von Tech und KI zur besseren Gestaltung von Prozessen und Produkten.

 

2) Was ist der Vorteil der synthetischen Kraftstoffe gegenüber den fossilen Kraftstoffen? Macht es Sinn, in der Debatte zwischen E-Fuels und synthetischen Kraftstoffen zu unterscheiden?

Synthetische Kraftstoffe haben das Potential zur Klimaneutralität, Ziel sind zu 100% auf Sonne und Wind basierende Kraftstoffe („e-fuels“).

 

3) Ist denn die Produktion von synthetischen Kraftstoffen an geologische Gegebenheiten gebunden? Porsche baut seine E-Fuel Produktion in Patagonien auf. Warum produziert Porsche keinen synthetischen Kraftstoff auf der schwäbischen Alb?

Der in kurzer Zeit zu erfolgende, kapitalintensive Aufbau einer Massenproduktion macht nur in Ländern Sinn, die über viel grüne Energie verfügen, die aber auch (nicht nur im bürokratischen Sinne) schnell erschlossen werden kann.

 

4) Wo produziert ARAMCO seine synthetischen Kraftstoffe?

Langfristig steht Saudi Arabien an der Spitze: vor allem Energie ganzjährig im Überschuss, bevölkerungsloses Land im Zugriff, vorhandene Pipelines als Basis und sehr große Erfahrung mit dem „Hochfahren“ von Industrieprozessen. Die Produktion ist aber auch in anderen Hochsonnenländern im Süden des Globus möglich.

 

5) Wieviel Prozent des Weltbedarfs kann ARAMCO mit synthetischen Kraftstoffen auf Sicht abdecken? Haben Sie Wettbewerber?

 

Experten auch aus der Autoindustrie gehen von 10 Jahren Vorlauf aus. Aramco ist im Wesentlichen ein „Großhändler“ und steht mit nahezu allen Mineralölunternehmen im Kontakt

 

6) Welche Märkte werden als Erste bedient und wann geht es los?

Australien, Amerika und Asien stehen in den Startköchern. Europa (insbesondere die EU) sollte im eigenen Interesse die Regularien aufsetzen, die Investoren brauchen, um Investments in Billionen-Höhe zu tätigen

 

7a) Die Kraftstoffproduzenten gelten unter Umweltaspekten ja immer auch als die bösen Buben. Verschafft Ihnen die Umstellung auf synthetische Kraftstoffe die gigantische Chance sogar sauberer zu sein als ein Batterieauto?

In Bezug auf das Produktfeld „Synthetische Kraftstoffe“ in jedem Fall, wen man richtigerweise aus Strategischer Sicht die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet

7b) Hinzu kommt, dass E-Fuels, gespeichert in Lagern und Tanks und in jedem einzelnen Automobiltank wie ein gigantischer Zwischenspeicher funktionieren und der Atmosphäre ungezählte Gigatonnen an CO2 entziehen.  Hat mal jemand ausgerechnet wie viele Hektar Wald theoretisch aufgeforstet werden müssten, um die gleiche Menge CO2 zu entziehen wenn Deutschland komplett auf auf synthetische Kraftstoffe umstellt? Gibt es Schätzungen?

Mir ist eine solche Rechnung nicht bekannt. Auf-Forst-Programme sind für mich nachrangig. Beide Ansätze schließen sich aber auch nicht aus.

 

8) Wenn ein mit E-Fuels betriebener Verbrenner zu 90% emissionsfrei ist, welches Auto ist dann – von der Produktion bis zur Verschrottung - das umweltfreundlichere? Das lokal emissionsfreie Batterieauto oder der mit E-Fuels betriebene Verbrenner?

“Lokal emissionsfrei“ ist nur bedingt gut, wenn das Attribut nicht auch für Produktion & Recycling gilt. In jedem Fall kann man nicht den gigantischen und in dem nächstem Jahrzehnt global wachsenden Bestand zum Batterieauto konvertieren.

 

9) Die europäische Politik hat die Technologie-Leadership der europäischen Automobilhersteller den asiatischen Unternehmen auf dem Silbertablett geliefert. Sind E-Fuels der Schlüssel zur Rückeroberung dieser Position?

Vor allem hat China, m.E. uneinholbar, den Inhalt des Silbertabletts. Dieses Land hat sich, und das ist bewundernswert, das gesamt Ökosystem von Patenten über Rohstoffen zu Batteriekompetenz, gesichert. Als entscheidend dabei ist aus meiner Sicht der langfristige Zugang zu den seltenen Rohstoffen zu sehr niedrigen Preisen. Die darauf aufbauende Wertschöpfung ist nicht die Kern-Herausforderung. Der entscheidende Engpassfaktor sind und bleiben, wahrscheinlich sogar vermehrt, die Rohstoffe. In diesem Bereich ist die Abhängigkeit von China in keinster Weise vergleichbar mit denen der E-Fuels Produktion, die in zahlreichen Ländern durchgeführt werden kann.

 

10) Kürzlich war von einer Kooperation mit Stellantis zu lesen. Was beinhaltet diese Kooperation? Sind weitere Kooperationen auch mit Volkswagen, BMW und Mercedes geplant? Oder halten die drei großen deutschen Marken an ihrer Elektroautostrategie fest?

Stellantis hat die Verträglichkeit von eFuels für seine 24 Motorenfamilien der in Europa seit 2014 verkauften Fahrzeuge bestätigt. Laut Stellantis könnten beim zukünftigen Einsatz von 2025 bis 2050 bis zu 400 Millionen Tonnen Co2 allein in Europa eingespart werden.

Die Wirkung von eFuels im Bestand ist aus meiner Sicht der entscheidende Faktor. Auch müssen im gleichen Zeitraum nicht eine zweite Infrastruktur nebst Recycling aufgebaut werden. Auch können die gerade in der EU sehr aufwendigen und zeitkostenden Genehmigungsprozesse entfallen.

 

11) Finanzminister Lindner sprach davon, dass mit E-Fuels betriebene Fahrzeuge in den Genuss von Steuererleichterung kommen sollen? Können Sie das bestätigen?

Ich habe davon gehört. E-Fuels betriebene Fahrzeuge werden aber auch schon so direkt und indirekt (Erhaltung der Industriewertschöpfung für Deutschland) von Vorteil sein.

12) Gilt das für alle Fahrzeuge? Verträgt auch mein Mercedes Young- oder Oldtimer synthetische Kraftstoffe?

Beides ist eindeutig zu bejahen.

13) Ganz konkret: wann kann ich E-Fuels tanken? Und was wird der Liter kosten? Muss ich besondere Tankstellen anfahren? Kommt ARAMCO mit einem eigenen Netz?

Es gibt heute schon vereinzelt Angebote. In der Fläche wird es noch einige Jahre dauern. Langfristig wird man kostenmäßig Parität zu heutigen Kraftstoffen erreichen können. Aramco ist Großhändler. Eine Kooperation mit den Tankstellenketten hätte aus meiner Sicht auch große Vorteile. In jedem Fall arbeitet Aramco an einem für Umwelt und Kosten optimalen Zusammenwirken von Motor und Kraftstoff (Energie) und das in allen Antriebsarten.

Herzlichen Dank für das Gespräch

 

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